Sturm und Drang
eine geistige Technik. Sie hat etwas damit zu tun, eins mit dem Wasser und dem Himmel zu werden. Diese Variante habe ich nie ganz kapiert. Es scheint eine komplizierte Methode zu sein, den Kampf vorauszudenken, obwohl das Ziel dasselbe ist: nämlich den Gegner zu töten. Und darin war Makri schon immer ganz gut, da kann ich ihr nichts vorwerfen. Als sie sich jetzt Marizaz stellt, würde ich sagen, dass in ihrer Haltung weit mehr Besonnenheit als Berserkerhaftes liegt. Sie greift nicht überstürzt an, im Gegenteil, die beiden stürzen sich überhaupt nicht aufeinander, sondern umkreisen sich wachsam und suchen nach einer Lücke in der Verteidigung des Gegners. Schließlich bleibt Makri stehen und rührt sich nicht. Sie fixiert ihren Widersacher mit einem Blick und hebt ihre Schwerter, ohne sich von der Stelle zu rühren. Marizaz tut dasselbe. Dann zieht Makri langsam ihre beiden Schwerter zurück, das eine bis über ihren Kopf, die Spitze auf ihren Widersacher gerichtet, das andere vor ihrem Körper mit der Spitze seitwärts. Es ist eine ungewöhnliche Kampfhaltung, die ich noch nie gesehen habe. Marizaz nimmt eine ähnliche Position ein und steht solide wie eine Eiche vor ihr.
Zum ersten Mal seit langer Zeit beschleichen mich Zweifel an Makris Fähigkeiten. Ich war zwar nie Gladiator, aber ich habe in der ganzen Welt gefochten. In meiner Jugend habe ich sogar den Schwertkampfwettstreit im fernen Samserika gewonnen. Ich erkenne einen guten Widersacher schon an seiner Haltung, und ich würde sagen, Marizaz ist ein verdammt guter Gegner. Das muss er auch sein, wenn er in den orkischen Gladiatorengruben überlebt hat. Er hat eindeutig einen Gewichtsvorteil, und als ich seine Stellung mustere, sehe ich keinen Fehler in seiner Verteidigung. Er ist ein bisschen größer als Makri und hat eine längere Reichweite. Ich lasse meine Hand auf dem Schwertknauf, um eingreifen zu können, falls das nötig ist.
Sie starren sich lange an, viel zu lang für meinen Geschmack. Ich bin nicht daran gewöhnt, einen Gegner lange zu beäugen. Und auch bei Makri habe ich noch nie erlebt, dass sie sich so viel Zeit lässt, bis sie zur Sache kommt. Wenn sie sich einem Feind gegenübersieht, greift sie gewöhnlich einfach an und erledigt ihn.
Schließlich kommt Bewegung in Marizaz. Er greift so schnell an, dass ich kaum sehe, was passiert. Mit einem einzigen explosiven Satz springt er vorwärts, und seine beiden Schwerter zucken so rasch auf Makri zu, dass ich ihnen nicht mit dem Blick folgen kann. Makri rührt sich nicht von der Stelle, obwohl sie sonst doch so behände ist. Ihre beiden Schwerter blitzen auf, es klirrt Metall auf Metall, und dann stößt jemand einen lauten Schrei aus. Marizaz fällt zu Boden, mit den Schwertern in der Hand, und aus einer tödlichen Wunde an seinem Hals pulsiert Blut. Makri beobachtet ihn scharf, während sie ihre Schwerter wieder in die Verteidigungsposition bringt. Soweit ich gesehen habe, hat sie seine Klingen mit ihrem schwarzen Ork-Schwert blockiert und gleichzeitig mit dem Elfenschwert den tödlichen Hieb gegen seinen Hals geführt. Aber ich muss zugeben, dass ich es nicht genau gesehen habe, weil es so schnell ging.
Marizaz stirbt binnen kürzester Zeit an seiner tödlichen Verletzung. Makri betrachtet seine Leiche gelassen und senkt schließlich ihre Waffen.
»Gratuliere«, sage ich.
Makri nickt. »Er war ein guter Kämpfer. Er hätte zu Hause bleiben sollen.«
Ich zerre den Leichnam in eine Seitengasse und decke ihn mit ein paar Fetzen Segeltuch zu.
»Ich benachrichtige die Garde, wenn wir in der Rächenden Axt sind«, sage ich.
Wir gehen weiter.
»Ich hasse Orks«, erklärt Makri.
Sie zittert.
»Gib mir deinen Mantel«, sagt sie.
»Meinen Mantel? Den brauche ich selbst.«
»Ich trage nur diesen Kettendress!«
»Dann hättest du eben mehr anziehen sollen, bevor du rausgestürmt bist. Du wirst nie erleben, dass ich Orks in der Badehose jage.«
»Dafür danke ich den Göttern. Ich friere, also gib mir endlich deinen Mantel!«
Ich lehne ab.
Sie bedenkt mich mit einem orkischen Fluch.
»Wirst du endlich aufhören, auf Orkisch herumzufluchen? Verdammt, mit deinem Gepöbele und deiner dunklen Haut und deinem orkischen Schwert kannst du von Glück sagen, dass die Leute dich nicht mit dem Feind verwechseln!«
Makri unterstreicht ihre Empörung mit einigen obszönen Beschimpfungen aus dem Pidgin-Orkisch, die man vermutlich außerhalb der Gladiatorengruben noch nie gehört hat. Ich
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