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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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neigen dazu, einander zu ergänzen.« Er wollte fortfahren, unterbrach sich jedoch, als die Tür geöffnet wurde und ein zahnloser Soldat eintrat. Der Mann nickte und verließ den Raum.
    »Mortamer Korvellan«, sagte Cascyr. Craymorus sah, wie Syrah zusammenzuckte. Einen Moment lang ballten sich ihre Hände zu Fäusten, dann hatte sie sich wieder in der Gewalt.
    »Mortamer Korvellan.« Cascyr lächelte. Ihm war die Reaktion wohl nicht entgangen. »Er ist der Grund, weshalb Eure Hilfe benötigt wird, Gelehrter.«
    Craymorus hob die Schultern. Er hatte den Namen noch nie gehört. »Ich entschuldige mich für meine Unwissenheit, aber …«
    Syrah ließ ihn nicht ausreden. »Er war ein General und enger Vertrauter von Fürst Balderick. Er verschwand nach dem Krieg und galt als tot, doch die Berichte, die wir aus Somerstorm erhalten haben, deuten darauf hin, dass er die Nachtschatten anführt.«
    »Eine recht peinliche Enthüllung, die nicht für Fürst Balderick spricht.« Schadenfreude klang in Cascyrs Stimme mit. »Ihr versteht also, Gelehrter, dass Wir eine ähnliche Blamage vermeiden möchten. Niemand soll Uns nachsagen können, dass Wir uns mit Personen umgeben, die das Vertrauen, das Wir in sie setzen, nicht auch verdienen.« Er zeigte auf Craymorus' Krücken. »Eure persönliche Historie ist Uns bekannt. Die Meister empfahlen Uns Euch wegen dieses Umstandes und Eures, wenn man ihnen glauben darf, einzigartigen Wissensschatzes auf diesem Gebiet.«
    Craymorus dachte an das Zelt auf dem Schiff. Deshalb war er also auf der Insel gewesen. Er räusperte sich. »Verstehe ich Euch richtig, Majestät, dass ich einen Weg finden soll, um einen Nachtschatten von einem Menschen zu unterscheiden?«
    »Das ist Unser Anliegen an Euch.« Cascyr trat ans Fenster. »Und Wir glauben, dass Wir etwas für Euch haben, das die Erfüllung dieser wichtigen Aufgabe erleichtern könnte.«
    Er winkte Craymorus zu sich. Syrah folgte ihm, wusste wohl ebenso wenig, worauf der König ohne Land anspielte. Cascyr trat zur Seite, überließ Craymorus seinen Platz. »Seht Euch an, was meine Garde Euch mitgebracht hat, Gelehrter.«
    Craymorus stützte sich auf dem Sims ab und sah nach unten. Zwei Gardisten saßen auf Pferden im Hof. Ihre Kleidung war staubig. Die Beine der Pferde zitterten. Zwischen ihnen hing eine Gestalt in schweren, mehrfach gewickelten Ketten. Es war ein Junge mit kahl geschorenem Kopf. Er schien kaum bei Bewusstsein zu sein.
    Craymorus kniff die Augen zusammen. Er schluckte. »Das ist der Nachtschatten vom Schiff. Eure Soldaten haben ihn gefasst?«
    »Natürlich. Sie erfüllen alle Aufgaben, die ihr König ihnen stellt.« Cascyr klopfte ihm auf die Schulter. »Die Kerkermeister werden ihn vorbereiten, dann gehört er Euch.«
    Vorbereiten. Craymorus wusste, was damit gemeint war. Sie würden ihn foltern. Der Gedanke machte ihm Angst. Er hatte noch nie einen Menschen unter der Folter gesehen, nur Geschichten darüber gehört, schreckliche Geschichten.
    Aber er ist kein Mensch, dachte er. Ich darf ihn nicht als Menschen betrachten.
    Auf dem Hof hob der Junge den Kopf, sah hinauf zum Fenster, als spüre er, was dort besprochen wurde. Craymorus wich zurück, bevor sich ihre Blicke treffen konnten.
    »Ich danke Euch für Eure Mühe, Majestät«, sagte er. »Mit ganzer Kraft werde ich mich der Erfüllung meiner Aufgabe widmen.«
    »Wir erwarten Eure Berichte.« Cascyr wandte sich ab. Zwei Soldaten verließen vor ihm den Raum, zwei nach ihm. Sie schlossen die Tür hinter sich.
    Syrah blieb neben dem Kartentisch stehen. Sie lächelte. »Es freut mich, dass Eurem Wissen doch noch der Respekt zugestanden wird, den es verdient. Ich werde einen Diener anweisen, all diese Karten zurück ins Archiv zu bringen, damit nichts Euren Geist von dieser großen Aufgabe abhält. Man sollte stets nur ein Ziel verfolgen, stimmt Ihr mir da nicht zu?«
    Nein, Herrin, wollte Craymorus sagen. Ich habe Eurem Sohn ein Versprechen gegeben, das ich einzuhalten gedenke. Aber stattdessen nickte er. »Ja, Herrin.«
    »Ich bin erfreut über Eure Zustimmung. Wenn Ihr mich entschuldigen würdet.«
    Craymorus blieb allein in seinem Zimmer zurück. Er hatte sich kaum in seinen Sessel gesetzt, als zwei Diener bereits unter Verbeugungen eintraten und die Karten zusammenrollten. Schweigend sah er ihnen zu, bis nichts mehr auf dem Tisch stand als eine Karaffe und eine halbleere Schüssel mit Datteln.
    Ich bin ein Feigling, dachte er.

 
    Kapitel 16
     
    Maka ist eine

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