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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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stirbt, da kommt doch keine Sterbliche lebend davon. Und überhaupt: Wie kommt es, dass du mit so vielen gebrochenen Knochen herumlaufen kannst?«
    »Ah«, meldete sich Antil zu Wort. »Da habe ich ein wenig geholfen, aber eigentlich wurde sie von der Dame berührt … und etwas von dieser Macht ist zurückgeblieben.«
    »Aber sie ist nur eine Geweihte!«
    »Oh.« Der Priester schloss den Mund und sah zu Boden.
    »Was?«, fragte Doranei gereizt.
    Legana schenkte ihm ein wölfisches Lächeln. Ihr Blick war noch immer unscharf und fahrig, aber sie konnte seiner Stimme gut folgen. Zum ersten Mal, seit sie sich hier begegnet waren, sah sie wieder wie die beherrschte und selbstbewusste Frau aus, die er in Scree kennengelernt hatte. Es hatte Doranei derart beunruhigt, sie mit so unsicheren, wackligen Schritten zur Schenke laufen zu sehen, dass er vorgegangen war, um den Weg zu erkundschaften, nur damit er ihr nicht dabei zusehen musste. Er hatte die aufbrausende Farlan-Spionin nie als Freundin bezeichnet, aber er hatte doch ihre kraftvolle Eleganz und Entschlossenheit bewundert. Eine Kameradin so verletzlich und versehrt zu sehen, das brachte seine Hände zum Zittern, und seine Kehle wurde trocken.

    Legana schrieb etwas auf ihre Tafel und hielt es ihm dann hin.
    – Sterblicher Aspekt.
    »Pisse und Dämonen«, keuchte Doranei und beachtete den Ausdruck des Priesters nicht weiter. »Von so was habe ich noch nie … Gnädiger Tod. Und Schicksal ist tot? Wirst du dadurch …« Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als Legana den Kopf schüttelte.
    »Was ist mit Ostia?«, fragte er unsicher, während seine Angst zunahm. O ihr Götter, bitte lasst das nicht Zhia gewesen sein.
    Wieder schüttelte Legana den Kopf, aber ihre Züge verfisterten sich. Sie schrieb erneut auf die Tafel.
    – Unter vier Augen sprechen.
    Es dauerte eine Weile, bis sie Antil überredet hatten, sie allein zu lassen, dann zog Doranei seinen Stuhl näher zu Legana hin, damit er die Tafel lesen konnte.
    – Aracnan , schrieb sie.
    Doranei runzelte die Stirn. Er kannte den Namen und den Ruf, der damit einherging, aber er hatte nicht erwartet, ihn in diesem Zusammenhang zu hören. »Weißt du, warum?«
    Sie schüttelte den Kopf, wobei ihr grau-kupferfarbene Strähnen ins Gesicht fielen.
    »Hast du eine Vermutung? Was hat er in dem Tempel getan? Du musst zur falschen Zeit hereingekommen sein – ich hatte keine Ahnung, dass Aracnan mächtig genug ist, um einen Gott töten zu können, und nicht einmal Tod würde die Dame leichtfertig herausfordern.«
    – Vorgebliches Ritual, Beschwörung.
    »Vorgeblich?« Doranei kratzte sich die Wange, wobei die Bartstoppeln knisterten. »Sollte es so aussehen, als würde ein Priester einen Dämonen beschwören? Egal, ob man das glaubt oder nicht, es bedeutet jedenfalls Ärger. Entweder hat man einen weiteren Grund, die Kleriker für Feinde zu halten, oder es bestätigt
den Verdacht, dass jemand versucht, ihren Ruf zu beschmutzen.«
    – Wem nützt es?
    Doranei zuckte die Achseln. »Das kommt darauf an, wie der Priester so war und welche Stellung er in der Stadt hatte.«
    – Mächtig, hatte das Ohr der Herzogin.
    »Dann könnte es so ziemlich jeder sein. Vielleicht sollte sein Einfluss beendet, die Macht der Herzogin untergraben oder der Ruf der Kulte in der Stadt in den Schmutz gezogen werden – oder es stecken gänzlich persönliche Gründe dahinter.«
    – Azaer?
    Er verzog das Gesicht und machte eine wegwerfende Geste. »Hoffentlich nicht. Wenn einer seiner Anhänger mächtig genug ist, einen Gott zu töten, müssten wir den Schatten noch ernster nehmen.« Doranei sah sich im Raum nach Spiegeln um, fand aber keinen und war froh darüber.
    – Warum bist du hier?
    »Um dich zu suchen, sozusagen.«
    – Zhia?
    »Der König schickt mich«, sagte er schnell. »Ich muss in seinem Namen mit ihr sprechen.«
    – Ist noch nicht hier.
    Doranei sah Legana ins Gesicht, und erst da bemerkte er, dass sich ihre Augenfarbe geändert hatte. Ihr altes Farlan-Braun hatte sich in ein strahlendes Dunkelgrün verwandelt. Das waren tiefe Seen, in denen sich ein Mann verlieren konnte. Das war nicht die einzige Veränderung ihres Aussehens, wenn diese sie auch am offensichtlichsten mit Schicksal in Verbindung brachte. Wie hatte sie sich genannt? Einen sterblichen Aspekt? Von so etwas hatte er noch nie gehört, und das war vermutlich ein schlechtes Zeichen. Götter führten nur unter äußersten Umständen Veränderungen

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