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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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ebenso lauthals wie die Zuschauer, als seine Priester jaulten und klagten.«
    Die Stimme des Harlekins wurde nun leise und klagend. »Und so gewann Larat, der Herr der Grausamkeit, das Rennen, und der letzte Blick, den Jerrath auf seine Tochter werfen durfte, zeigte sie mit der goldenen Peitsche um den Hals, wie Larat sie hinter sich her zu fünfzigjährigem Dienst schleifte.«
    Das ist nicht wahr , dachte Gian, biss sich jedoch so hart auf die Lippen, dass Blut floss, um die Worte nicht laut auszusprechen. Das ist nicht die Geschichte, wie ich sie hörte.
    Sie blickte sich im Raum um und sah angespannte, wütende Gesichter. Aber nicht wenige Gäste nickten auch zu den Worten des Harlekins, als würden sie eine große Wahrheit darin erkennen. Langsam, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, ließ Gian den Bronzeanhänger des Kitar im Kragen ihres Kleides verschwinden, um ihn vor den Augen ihrer Gäste zu verbergen.
    »Ihr gnädigen Götter, was ist mit ihnen geschehen?«, flüsterte sie.

22

    Doranei lehnte sich vor, den Blick unverwandt auf Legana gerichtet. Es schien aber nicht so, als sehe ihn die Frau. Sie sah sich wie eine Blinde im Zimmer um, wandte sich jedem leisen Geräusch zu. Antil, der Priester, befand sich an ihrer Seite und kümmerte sich wie ein Geliebter um sie.
    Bei diesem Gedanken blieb Doranei plötzlich stehen. Ein bitteres Lachen kroch ihm in die Kehle, das er als Husten tarnen musste.
    Oh, du armer Mistkerl, du wirst ihr doch wohl nicht verfallen sein , dachte er. Wir sind Märtyrer, die ihr eigenes Herz opfern.
    Der Raum wurde nach den Wünschen des Priesters nur von einer einzigen Kerze erhellt und Doranei musste sich anstrengen, um lesen zu können, was Legana auf eine Tafel schrieb.
    – Wo bin ich?
    »An einem sicheren Ort«, antwortete Sebe von der Tür aus. »Wir bringen dich heute nicht mehr zu deinem Weinhändler.«
    Sie befanden sich in einem abgeschiedenen Zimmer über der vertrauenswürdigsten Schenke, die er hatte finden können. Drei Pritschen waren an der Wand befestigt, und die vier Stühle und der Tisch waren zu leicht, um die Tür damit zu verbarrikadieren. Der Vermieter hatte nach einem Blick auf die Vierergruppe seine Preise verdoppelt. Sie konnten dieses Geld eigentlich nicht erübrigen,
aber Doranei war klar gewesen, dass sie jetzt schnell von der Straße wegmussten. Wenn es hart auf hart käme, würde er einfach etwas stehlen – so hatte eine Jugend unter Verbrechern doch auch ihr Gutes.
    »Was ist geschehen?«, wollte Doranei wissen. »Was ist das da an deiner Kehle?«
    Legana drehte sich lediglich dem Priester zu. Antil wand sich unter den stechenden Blicken der drei Mörder. Wie die meisten Priester des Shotir wies der Mann tiefe Sorgenfalten auf und verbarg unter seiner Robe mehr Fett als Muskeln – und im Augenblick fühlte er sich wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    Vermutlich war er kurz davor, vor Aufregung und Erschöpfung zusammenzubrechen.
    »Ich habe sie in meinem Schlafzimmer gefunden«, setzte Antil an und wurde rot, als Sebe von der Tür her einen Laut ausstieß. Sie hatten am Fuß der Treppe einen Stolperdraht gespannt, damit sie gleich alarmiert wurden, wenn jemand hereinstürmte. Aber Sebe stand trotzdem Wache.
    »Sie wurde durch das Fenster geschleudert, als der Tempel Alterrs explodierte.«
    »Er ist was?«, fragte Doranei erstaunt.
    »Habt Ihr nichts davon gehört?«
    »Nicht, dass er verdammt noch mal explodiert ist!«, sagte Doranei und lachte ungläubig. »Wir sind erst seit einigen Tagen hier, gerade lange genug, um vom Aufstand der Kleriker und der allgemeinen Unruhe zu hören. Jemand hat zwar erwähnt, dass ein Tempel beschädigt wurde, aber es klang nicht so dramatisch.« Er warf Sebe einen Blick zu; der nickte zustimmend.
    »Ich weiß eigentlich nur, dass Legana da drin auf etwas traf, das mächtig genug war, um eine Göttin zu töten – und Legana nebenher auch noch beinahe jeden Knochen im Leib zu brechen.«

    »Welche Göttin?«
    »Die Dame«, sagte er betrübt.
    Die Männer schnappten entsetzt nach Luft. Darauf waren sie nicht vorbereitet gewesen. Doranei hatte angenommen, dass sich die Gerüchte auf einen geringen Aspekt bezogen – aber die Dame war fast Teil des Höheren Kreises!
    »Legana überlebte, doch eine mächtige Göttin starb?« Er machte keinen Hehl aus seinen Zweifeln, denn das Ganze ergab wenig Sinn.
    Die bleiche Frau nickte.
    »Aber wie? Ich habe dich kämpfen gesehen und du bist verdammt gut, schon, aber wo eine Göttin

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