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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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brannten wie der heiße Südwind auf Bernsteins Gesicht, und so räusperte er sich nervös, denn mit einem Mal fühlte er sich unwohl. »Herzogin, ich überbringe eine Botschaft von Kastan Styrax, dem Erwählten des Karkarn und Lord der Menin«, sagte er mit einer tiefen Verbeugung.
    »Ihr seid ein ungewöhnlicher Bote«, gab die hochnäsige Beraterin zurück und lächelte Bernstein dabei unerklärlicherweise breit an. Die Frau schien so aufrichtig erfreut, ihn zu sehen, als wären sie alte Freunde.
    »Und Ihr, meine Dame, seid?«
    »Dame Kinna«, sagte sie und kratzte sich durch das Kleid hindurch am Hals. »Vorsitzende des Geschlossenen Rates.«

    »Wie lautet Eure Nachricht?«, unterbrach die Herzogin leise und spielte dabei mit dem Haar des Kindes.
    Bernstein zögerte mit der Antwort. Er hatte nicht viel Erfahrung mit Kindern, aber der stiere Blick dieses Jungen, der nicht blinzelte, machte ihn langsam nervös. Die Fassung der Herzogin verwunderte ihn nicht, doch sollten sich kleine Kinder nicht winden und zappeln, statt sich für Politik zu interessieren?
    »Lord Styrax übersendet seine Grüße«, sagte Bernstein schließlich, »und lädt Euch für den morgigen Mittag ein, mit ihm in der Bibliothek der Jahreszeiten zu speisen und die Bedingungen zu besprechen.«
    »Mittagessen?« Die Andeutung eines Lächelns erschien auf den Lippen der Herzogin. Dieser Ausdruck veränderte ihre Züge irgendwie und Bernstein erkannte, dass die Herzogin trotz ihres Alters keinen Deut ihrer fleischlichen Verlockungen eingebüßt hatte. Ihre wissende Verspieltheit erinnerte ihn sofort an Reitmeisterin Kirl. »Dann ist sich Euer Lord seiner Sache sehr sicher.«
    Bernstein räusperte sich und versuchte nicht zu sehr zu starren. »Bei allem Respekt, Euer Gnaden, er ist sich seines Heeres äußerst sicher. Wir nahmen Tor Salan binnen eines Tages ein und die Verteidigung der Stadt war besser als die Eure. Die Runde Stadt ist zwar uneins und im Vergleich zu Tor Salan schwach, aber er möchte unnötiges Blutvergießen vermeiden.«
    »Warum möchte er mit uns verhandeln?«, fragte die Dame Kinna. »Wenn er Tor Salan so leicht erobern konnte, weshalb sollte er dann zuerst mit uns sprechen? Wenn er seine Macht so leicht zeigen kann, hätte er das sicher schon getan, um dann seine Bedingungen zu diktieren.«
    »Tor Salan hätte sich niemals ergeben – der Mosaikrat war zu sehr von den Verteidigungsmaßnahmen überzeugt. Ihr habt nichts Vergleichbares, auf das ihr zu stolz sein könntet.«

    »Oder hat er sich übernommen und versucht nur Stärke vorzugeben?« , fragte die Herzogin.
    Er senkte den Kopf, um diese Möglichkeit einzugestehen. »Lord Styrax hat keineswegs die Angewohnheit, Drohungen auszusprechen, die er nicht einlösen kann. Wenn einer der drei Herrscher nicht erscheint, wird er dessen Viertel als feindselig betrachten, aber mein Lord hofft, dass Ihr dem Treffen beiwohnt. Ihr verliert dadurch nichts.«
    Die Herzogin lehnte sich neugierig vor. »Glaubt Euer Lord denn, dass wir ihm die Stadt so einfach übergeben?«
    »Ich überbringe nur die Nachricht. Das Einzige, was ich Euch sagen kann, ist dies, dass Lord Styrax Euch als Herrscher behalten will, während Fortinn einem Verwalter unterstellt wird, den er bestimmt.«
    Sie lehnte sich zurück und dachte lange nach, wobei sie beständig die Finger durch das Haar des Jungen gleiten ließ. Diese gedankenverlorene Berührung änderte am Starren des Jungen nichts, und mittlerweile war Bernstein kurz davor, sich zu winden.
    »Nun gut, sagt Eurem Lord, dass ich da sein werde.«
    Bernstein verneigte sich. »Ich wurde angewiesen, Euch zu begleiten.«
    »Auf gar keinen Fall«, blaffte sie erstaunlich wütend.
    »Wie Ihr wünscht«, sagte er und verneigte sich erneut. »Mit Eurer Erlaubnis werde ich den Morgen stattdessen damit verbringen, am Schrein von Kiyer, der Göttin der Sturzflut, auf der Bergseite dieses Turms zu beten.«
    Seine Worte hatten die erwünschte Wirkung, und die Herzogin zuckte nach einem Blick zur Dame Kinna mit den Achseln und nickte. Sie stand auf und half auch dem Jungen mit mehr Vorsicht vom Thron herunter, als bei einem Kind dieses Alters angebracht gewesen wäre.

    »Wie Ihr wünscht. Jato wird Euch und Eurem Diener ein Zimmer zuweisen und für Euer Wohl sorgen.«
    Als sein Name genannt wurde, hüpfte der Beamte vor und wackelte dabei wie ein Star mit dem Kopf. Die Herzogin ging, das Kind an der Hand, ohne einen weiteren Blick auf die Haupttreppe zu. Die Dame

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