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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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einem Mal erkannt, dass er bis zum Hals in Schwierigkeiten steckte, und dass ihn diese Männer nicht schonen würden, nur weil er ein dürrer ehemaliger Novize war. »Warum interessiert dich das Kloster überhaupt?«, flüsterte er.
    »Sagen wir einfach, es ist berufliche Neugier«, sagte Isak und beobachtete Mayels Gesicht, auf dem sich die Gefühle abwechselten. Vesna hatte recht, dieser Junge war kein geübter Lügner. »Letzte Nacht wurde auf offener Bühne ein Priester ermordet, vor einer jubelnden Menge. Und nach allem, was ich gehört habe, ist er nicht der einzige Priester, den die guten Bürger von Scree mit mangelndem Respekt behandelt haben. Ich würde gerne erfahren, warum dem so ist.«
    »Darüber weiß ich nichts«, beeilte sich Mayel zu versichern. »Ich kam mit dem Abt unseres Klosters nach Scree. Wir haben uns vor einem abtrünnigen Mönch versteckt, dem Prior unseres Ordens.«
    »Und der heißt?«
    »Prior Corci, aber alle nennen ihn nur Dohle. Wir hatten einige heilige Reliquien bei uns und Dohle will sie bekommen.« Mayel erschauderte bei seinen nächsten Worten sichtlich: »Er hat jemanden getötet, um sie zu erlangen, darum beschloss der Abt zu fliehen.« Jetzt war alle Großspurigkeit von ihm gewichen und er war nur noch ein verängstigter Junge.
    Isak trat einen Schritt zurück, um ihm etwas Luft zu geben. »Weißt du, was für Reliquien das waren?«, fragte er mit weniger ärgerlicher Stimme.
    Mayel schüttelte den Kopf. »Nein, der Abt hat sie mich niemals sehen lassen.«

    »Aber du hast eine Vermutung?«, fragte Isak nach.
    »Ich bin mir nicht sicher, aber Abt Doren und Dohle sind beides Magier. Als ich nach meinem Vetter suchte, wollte ich auch den Abt besuchen, aber sobald ich den Garten betrat, wurde ich von schrecklichen Kopfschmerzen vertrieben – nein, mehr als das, es waren zwar Kopfschmerzen, aber anders als ich sie jemals zuvor erlitten habe. Ich glaubte seine Anwesenheit überall um mich herum zu spüren, aber plötzlich war er nicht mehr der kränkliche alte Mann, den ich kannte, sondern irgendwie furchteinflößend. Es fühlte sich an …« Er zögerte. »Es fühlte sich an, als sei er verrückt geworden und ich konnte seine Angst spüren.« Mayel blickte betroffen zu Boden und rieb sich die Wange. »Ich weiß, dass es lächerlich klingt, aber ich konnte es in der Luft schmecken, noch bevor ich das Haus erreichte. Er war ein mächtiger Magier, nehme ich an.«
    »Verrückt vor Angst?« Isak wirkte zugleich fasziniert und besorgt – und dieses Gefühlsgemisch zeigte sich bei allen im Zimmer.
    Mayel zuckte die Achseln. »Das Haus befand sich in der Nähe von dem eures Nekromanten. Vielleicht hat die Reliquie einen der Dämonen angelockt, der aus dem Garten entkam. Der Abt litt schon von dem Augenblick an, da wir das Kloster verlassen hatten, unter Verfolgungswahn. Es ist also denkbar, dass ihm ein Dämon, der das Haus angriff, den Rest gegeben hat.«
    »Und was hast du jetzt vor?«
    Mayel antwortete nicht sofort. Er blickte sich nervös im Raum um und versuchte verzweifelt, in den Gesichtern der Leute eine Regung zu erkennen.
    Isak tat das Gleiche. Nur Tila zeigte überhaupt ein Gefühl, und sie hatte genug damit zu tun, die von Vesnas plötzlichem Wutausbruch hervorgerufene Nervosität zu bekämpfen. Sie schaffte es ganz gut, nur ihre Lippen und ihre Haltung verrieten sie. Die
sonst ausdruckslosen Gesichter überraschten ihn nicht. Getreue und erfolgreiche Soldaten hatten gelernt, ihre Gefühle zu verbergen.
    »Ich weiß noch nicht, was ich jetzt tun soll«, gab Mayel zögernd zu. »Mein Vetter ist tot und ich kann nicht zu dem Abt zurück. So wie die Stadt im Augenblick aussieht, weiß ich nicht, was ich tun kann. Niemand wird mich anstellen, solange die Menschenmengen auf den Straßen wüten. Sogar das Haus meines Vetters wurde geplündert – von seinen eigenen Leuten.« Es lag eine Spur Verärgerung in seiner Stimme und er hob trotzig das Kinn.
    »Hast du jemals über ein Leben als Kämpfer nachgedacht?«, fragte Isak grinsend.
    »Nicht wirklich«, gab Mayel zu und rang sich ein mattes Lächeln ab. »Es erschien mir nie sehr erstrebenswert, dass Leute mich töten wollen. Sogar das Leben im Kloster klingt im Vergleich damit besser.«
    »Sobald du vor die Tür trittst, werden die Leute versuchen, dich zu töten«, sagte Isak unverblümt. »Bei mir hast du wenigstens ein Schwert in der Hand und Kameraden, die dich am Leben halten.«
    Erleichterung und Misstrauen rangen in

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