Sturmbote
der die Hilfe von jemandem brauchte, der sich hier auskennt?«
»Ich weiß nicht, was du meinst«, plapperte Mayel, doch der Ausdruck in seinen Augen verriet ihn.
»Blödsinn, du weißt ganz genau, wovon ich rede«, sagte Vesna wütend. Demonstrativ riss er ein Stück von der Kleidung eines der Toten ab und säuberte damit sein Schwert, bevor er es wegsteckte. Dann trat er vor und packte Mayel an der Kehle, bevor dieser überhaupt bemerkte, was geschah.
»Du hast uns angelogen«, sagte er. »Also sagst du uns jetzt, was du weißt, oder muss ich dir erst die Scheiße aus dem Leib prügeln?«
Mayel wehrte sich gegen Vesnas Griff. »Ich habe nicht …«
Er verstummte, denn der Graf hatte ihm in den Magen geschlagen und damit die Luft geraubt.
»Was ist jetzt?«, brüllte er und schüttelte den Jungen, wie ein Terrier eine Ratte schüttelte. »Sagst du mir jetzt die Wahrheit?«
»Ich habe nicht …«
Erneut wurde Mayels Protest abgeschnitten, weil Vesna ihn gegen die Wand stieß. Völlig verängstigt krümmte er sich zusammen, die Hände wie ein flehender Bettler vorgestreckt.
Alle anderen schwiegen und sahen zu. Sie hatten schon wesentlich Schlimmeres gesehen. Bisher legte Vesna eine bemerkenswerte Selbstbeherrschung an den Tag. Mayel war offensichtlich kein geübter Lügner. Es würde nicht mehr lange dauern, und sie bekämen die Wahrheit aus dem Jungen heraus, die sie so dringend in Erfahrung bringen mussten.
»Glaub mir, Junge. Ich kann das den ganzen Tag machen«, drohte Vesna mit sanfter Stimme. »Ich halte das viel länger aus als du«, knurrte er und schlug Mayel hart.
Der Junge jaulte auf und fiel zu Boden, doch Vesna zog ihn wieder auf die Beine und drückte ihn erneut gegen die Wand.
»Redest du jetzt?«
»Schon gut!«, keuchte er. »Bitte, hör auf, ich rede ja.«
Vesna hielt ihn noch einen Augenblick fest, dann ließ er Mayel auf die Knie sinken. Er ließ den Jungen dort zurück und ging zu Isak, der ihn in eine Ecke des Raumes winkte, wo sie sich ungestört unterhalten konnten.
Das nahm Jachen zum Anlass, die Leichen so geräuschvoll wie möglich aus dem Raum zu schaffen.
»Fühlst du dich jetzt besser?«, fragte Isak sanft. »Du hast seit Tagen innerlich gekocht, mein Freund, und das kenne ich nur zu gut. Hilft es dir, jemandem wehzutun?«
Vesna seufzte. »Der Junge lügt miserabel. Es sah schlimmer aus, als es war. Die meisten Schläge habe ich zurückgehalten. Er ist nicht wirklich verletzt. Es tut mir leid, wenn ich zu weit gegangen bin.«
»Du dienst mir so, wie du es solltest«, sagte Isak und legte dem Grafen die Hand auf die Schulter. »Es ist nur ungewohnt, dass ich der Beherrschtere von uns beiden bin. Gibt es da etwas, das ich wissen sollte? Nicht als dein Lord, sondern als dein Freund. Was ist in Tor Milist wirklich geschehen? Irgendetwas muss dich dort aufgewühlt haben.«
»Es …« Vesna schüttelte den Kopf. »Jetzt ist nicht die richtige Zeit dafür, aber ich würde gerne darüber sprechen. Erst sollten wir uns jedoch den Jungen vornehmen.«
Isak ging vor zu Mayel, der mit dem Rücken an der Wand lehnte und das Gesicht verzog.
Er hob den Jungen auf die Füße und begutachtete die Verletzungen. »Das gibt einen oder zwei blaue Flecke, aber ich glaube, sonst hat er nur deine Zähne ein bisschen durchgeschüttelt. Ich werde mich freuen, wenn ich noch so gut aussehe, wenn wir die Stadt wieder verlassen.«
Mayel berührte seine rasch anschwellende Wange mit den Fingerspitzen. Der Mann, der ihn geschlagen hatte, war stark und ein gutes Stück größer. »Als Nächstes sagst du mir, er hätte sich zurückgehalten«, murmelte er und funkelte Vesna an Isaks riesigem Körper vorbei an.
»Das zeigt mir, dass nur dein Stolz verletzt ist. Ein schlauer Mann sagte mir einst, man trenne sich davon leicht, wenn man damit sein Leben retten kann.«
»Dann wäre das alte Schwein wohl sehr zufrieden mit sich, wenn er das hier gesehen hätte«, schimpfte Mayel.
»Das wäre er sicher, aber es steht dir nicht zu, ihn ein altes Schwein zu nennen«, sagte Isak und gab ihm eine Ohrfeige auf die angeschwollene Wange.
Der Junge schrie auf und wich zurück.
»Genug Spielchen. Ich werde nun ungeduldig«, grollte Isak, beugte sich über den Jungen und starrte ihn finster an, bis Mayel
ihm eingeschüchtert genug erschien, um die Wahrheit zu sagen. »Du wolltest mir etwas erzählen.«
Mayel fing an zu zittern. Er rieb sich die Wange und blickte zu dem riesigen Weißauge auf. Er hatte mit
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