Sturmbote
Pflicht erfüllen, und das würde er sogar mit seinem letzten Atemzug tun. Er würde daran sterben, aber was war schon sein Leben, wenn sich dadurch das Antlitz des Landes selbst veränderte? Er würde den Preis mit einem Lächeln zahlen, dessen war sich Rojak sicher. »Nehmt zwei von den Akolythen der Narren mit euch und führt die Männer des Königs heiter zum Tanz.«
»Wir sind zu wenige, um sie zu besiegen«, sagte einer der Narren irgendwo hinter ihm. Rojak rief sich das Bild des hochgewachsenen, grauhäutigen Mannes vor Augen, der stets für seine Brüder sprach, wobei seine Lippen hinter der weißen Ledermaske verborgen blieben, die alles unterhalb der Augen bedeckte.
»Das braucht ihr nicht.« Rojak hörte seine eigene Stimme kaum noch. Er war nicht sicher, ob es eine Schwäche der Zunge oder der Ohren war – oder vielleicht beides. »Verwickelt sie in einen Kampf. Haltet sie so lange auf, wie ihr könnt. Es ist bald so weit.«
Isak blickte mit gesenktem Kopf und tief im Sattel sitzend auf die Kopfsteine hinab, die unter Toramins stampfenden Hufen vorbeizischten. Das riesige Pferd lief in einer halsbrecherischen Geschwindigkeit dahin, so dass die Smaragddrachen an seinen
Flanken in die Luft schlugen und schnappten, während er seine Männer hinter sich zurückließ. Die Straße verlief gerade bis zur Südseite der Sechs Tempel, wo das Gelände offener wurde. Es war der schnellste Weg zum Herbstbogen.
Zur Rechten lagen die schnurgeraden Fackelreihen der Wachposten, an denen noch gearbeitet wurde, und ein hohes Banner mit dem weißen Schwert der Geweihten hing über jedem Einzelnen. Eine Vielzahl von Soldaten nahm ihre Formation ein, mehr als er in den kurzen Augenblicken zählen konnte. Sie beobachteten ihn aufmerksam, aber das Zischen von Pfeilen blieb aus.
Vor ihm bewegte sich etwas in der Dunkelheit, das sich mit einem Mal als Jeil und Tiniq auf ihren Pferden herausstellte, die zügig auf ihn zuritten und dabei den Bogen der Schreine vermieden, der Sechs Tempel umgab. Beide Waldläufer winkten aufgeregt.
Isak fluchte und zog an den Zügeln, was Toramin aufsteigen ließ. Dann lenkte er ihn in Richtung der Tempel. Der Weg war auf beiden Seiten versperrt. Entweder versuchten die Farlan, einen Bogen zu schlagen oder sie mussten hier bleiben und kämpfen. Beides klang nicht sehr verlockend. Er wusste, dass viele Straßen von eingestürzten Gebäuden versperrt waren, aber je näher er den Soldaten der Geweihten kam, umso mehr schien es davon zu geben.
Lahk hatte ihm gesagt, General Gort führe sie an, der gleiche Mann, der Isak so untertänig die beiden Kristallschädel überreicht und um ein Bündnis gebeten hatte. Hier waren sie sicher genug. In Scree musste jeder Mann bei Sinnen ein willkommener Verbündeter sein. Hoffentlich gab es noch mehr von ihnen, genug, um sogar die angewachsene Menge an Wahnsinnigen abzuwehren.
Toramin wehrte sich dagegen, langsamer zu laufen. Sie hielten auf die von Trümmern gesäumten Durchgänge zu, die die Geweihten geschaffen hatten. Er blickte zurück und sah, dass ihm
die anderen mit wenig Abstand folgten, von den Geräuschen der Verfolger angetrieben, die sie hinter sich gelassen, aber nicht abgehängt hatten. Jenseits der Schutzwälle sah er eine Einheit von Pikenieren kommen und erkannte, dass sie nicht sicher waren, ob sie ihn angreifen sollten.
Ihm kam etwas in den Sinn, was ihm Carel einst gesagt hatte: »Soldaten sind da, um Befehle zu befolgen. In der Hälfte der Fälle wissen sie aber gar nicht, wem sie gehorchen. Wenn also ein reicher Mistkerl auf einem Pferd etwas ruft, so folgt man ihm. In der Schlacht hat man einfach zu viel Angst, um darüber nachzudenken.«
»Sie kommen«, rief Isak, stellte sich in die Steigbügel und hielt Eolis hoch, damit es alle sehen konnten. »Auf die Posten!«
Seine Worte hatten die erwünschte Wirkung. Diejenigen, die Farlan verstanden, gaben die Worte rasch an ihre Gefährten weiter, und sofort begannen die Feldwebel und Unteroffiziere Befehle zu rufen, während die Arbeiter zu ihren Waffen eilten.
Isak senkte das Schwert und parierte sein Pferd durch, als er den ersten Posten erreichte. Die Soldaten beobachteten ihn misstrauisch, aber niemand griff an. Er sah sich rasch um. Auf dem Tempelplatz waren verschiedene Gruppen von Soldaten verteilt. Sie mussten beschlossen haben, dass er zu groß war, um ihn zu halten, darum hatten sie sich stattdessen ein geeignetes Schlachtfeld ausgesucht. Hinter der Menschenmenge steckte
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