Sturmbote
diese liefern. Erzähl mir etwas Neues, oder ich entlasse dich auf eine Weise, die du wenig angenehm finden wirst. Mein Sohn ist verletzt
und so habe ich kaum Zeit für das Gebrabbel verkommener Wahnsinniger.«
»Wenn Euer Sohn verletzt ist, solltet Ihr die Wanderer im Dunkeln vielleicht ein bisschen höflicher behandeln«, gab der Leichnam zurück. Der Mund schloss sich schnappend, was auf Isherin Purns Verärgerung hinwies.
»Warum? Was weißt du darüber?« Styrax trat vor und packte den Toten am schlaffen Hals. Ohne Mühe hob er ihn mit einer Hand an und brachte den toten, rollenden Blick so auf seine Augenhöhe. »Du solltest meine Macht nicht unterschätzen, gleichgültig wem du vorgibst, treu zu sein. Du kannst dich nicht vor mir verstecken. Niemand kann dich schützen, wenn du mich zum Feind hast. Jetzt erkläre deine Worte.«
Er stellte die Leiche wieder ab, trat zurück und betrachtete die Zuckungen und Krämpfe in den Muskeln, während Purn die Kontrolle zurückgewann. Auf die kurze Entfernung konnte Styrax den Gestank der entleerten Gedärme und den Pesthauch verdorbener Magie riechen, der den Kadaver umgab. Purn war mächtiger geworden, seit man ihm erlaubt hatte, den Verborgenen Turm zu verlassen, wo Salen ihn unterrichtet hatte, und Cordein Malich aufzusuchen.
Styrax vermutete, dass der Nekromant dieses Kunststück nur bei Mitgliedern des Gefolges durchführen konnte, zu dem auch er gehört hatte. Nichtsdestoweniger war es beeindruckend. Und es war ein interessanter Beweis für bestimmte Theorien – er würde beizeiten jemanden aussenden müssen, der Larims Aufzeichnungen las, sobald er Zeit dazu hatte, sich näher damit zu beschäftigen.
»Ich verstehe«, röchelte der Leichnam schließlich. »Ich stelle keine Bedrohung für Euren Sohn dar, aber er steht schon mit einem Fuß in der Dunkelheit.«
»Mit einem Fuß in der Dunkelheit? So nah ist er dem Tode nicht.«
»Nicht dem Tode nah, aber dennoch schreitet er in der Dunkelheit. Er hat sich den Wesen des anderen Ortes geöffnet. Sie können das Feuer spüren, das in ihm tobt. Ich kenne das Wesen nicht, aus dem sich dieses Feuer speist, aber ganz sicher teilt es nicht gerne. Ich wage nicht, weiter nachzuforschen, da ich fürchte, sonst in seiner Rache zu verbrennen.«
»Kohrad ist kein Spielzeug, das man teilt«, gab Styrax scharf zurück. »Und auch nicht der Besitz eines Gottes oder eines Dämons. Wenn jemand Anspruch auf ihn erhebt, wird er mit meinen Armeen um Kohrad kämpfen müssen.«
»Es hat bereits seinen Anspruch geltend gemacht.«
Styrax zögerte. »Die Rüstung? Hat er dadurch Macht über ihn?«
»Ah, eine Rüstung also? Wenn das stimmt, habt Ihr es mit einem alten Wesen zu tun, einem der ältesten und verschlagensten. Sie sind voller Boshaftigkeit und man ringt ihnen ihren Preis nur schwer wieder ab. Seid vorsichtig.«
Styrax wusste, welcher Bewohner der Dunkelheit gerne ein Druckmittel gegen ihn in der Hand hätte: Der Dämonenprinz, mit dem er vor so vielen Jahren den Handel geschlossen hatte. Der Dämon hatte sich vor Styrax’ Stärke gefürchtet und hatte bereitwillig in den Handel eingeschlagen. Nun gut. Er hatte immer gewusst, dass dieser Tag der Abrechnung kommen würde. Trotzdem seltsam, dass es auf diese Weise geschieht , dachte er. Ich hätte gedacht, dass ein Dämon einen direkteren Weg wählen würde.
»War es das, was du mir mitteilen wolltest? Eine Warnung von einem treuen Diener?«
»Nein.« Der Leichnam keuchte und ein Faden geronnenen Blutes lief aus seinem Mundwinkel. Styrax vermutete, dass Purn in seinem widerwärtigen Laboratorium in Scree über diesen Gedanken lachte. »Ich wollte Euch mitteilen, dass ein frischer Wind in Scree weht. Mächtige Gestalten bewegen sich auf den Straßen, unbekannte Lieder schallen durch die Luft. Ich habe Derartiges
noch nie gespürt, aber es erinnert eher an die Strömungen, die am Finsteren Ort herrschen, als an Stadtpolitik. Etwas ruft mich in der Nacht, etwas von unbekannter Macht.«
»Bittest du um Hilfe?« Styrax’ Verwunderung klang in seiner Stimme durch. Er warf Larim einen Blick zu, aber das Weißauge schien genauso verwirrt. Ein Nekromant von Purns Macht würde keinen Beistand suchen, vor welchen Aufgaben auch immer er stand. Es lag ihnen einfach nicht, mit jemandem zu teilen, weder Beute noch Sorgen.
»In Scree steht Großes bevor, glaube ich. Ich weiß nicht, welche Gefahren hier lauern, aber sie verändern sich stetig und nähren sich gegenseitig. Scree
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