Sturmbote
wie er wirkte, denn der junge Mann, den er wie einen Sohn liebte, lag wie eine Leiche da.
»Lebt er?«, grollte er und hatte schreckliche Angst vor der Antwort.
»Ja.«
Einen Augenblick genossen beide ihre Erleichterung gemeinsam. Auf Gaurs Gesicht zeigte sich sogar kurz ein seltenes Lächeln.
»Ich glaube, ich habe ihn härter getroffen, als nötig gewesen wäre, aber er scheint wohlauf. Stehen die Männer bereit?«
»Sie sind in der Nähe. Die Magier sind mit dem Laboratorium vollauf zufrieden, das wir im Chetarate-Dunkelfelsen fanden. Euer Wundarzt befindet sich im Palast.«
»Gut. Schickt einen Boten. Er soll uns am Dunkelfelsen treffen.«
Gaur nickte, aber bevor er antworten konnte, rief eine Stimme nach Styrax. Sie wandten sich um und sahen eine Gruppe Reiter nahen, angeführt vom Weißaugen-Magier Larim. Offensichtlich
hatte keiner von ihnen am Kampf teilgenommen, denn ihre Roben waren so makellos sauber, dass die schrillen Farben Larats zu leuchten schienen. Der Oberst fluchte und bellte einen Befehl. Die Soldaten fächerten sofort aus, um Larats jüngsten Erwählten zu umringen.
»Halt, er steckt da nicht mit drin«, rief Gaur, denn seine Leute waren bereit, jeden zu töten, der Larats Farben trug.
Die Truppen gehorchten Gaur aufs Wort und blieben stehen. Hinter ihnen stießen die übrigen Anhänger Larats Todesschreie aus, aber Larim ritt weiter, als ginge ihn das nichts an.
»Man kann über Larats Erwählte ja viel sagen«, murmelte Styrax kaum hörbar, »aber sie sind nicht nachtragend. Sie haben keine Gefühle, nicht einmal für Freunde, die sie seit zwanzig Jahren kennen.«
Der Magier wurde von zwei Wachen begleitet, in die Uniform gekleidet, die auch die von Styrax Erschlagenen trugen. Sie ließen ängstlich den Blick über die hingeschlachteten Regimenter ringsumher schweifen. Sie zogen zwei grün und blau geprügelte Gestalten hinter sich her. Styrax erkannte die beiden, sie waren Teil von Salens Gefolge gewesen. Und sie sahen nicht annähernd so tot aus, wie Styrax befohlen hatte.
»Wo sind die anderen?«, rief er.
»Bereits tot«, sagte Larim heiter. Styrax runzelte die Stirn. Der Erwählte Larats wirkte im Angesicht eines solchen Gemetzels viel zu fröhlich, selbst für einen hartherzigen Bastard, der sich nur um sich selbst scherte.
Dann erinnerte er sich daran, dass Salen erst seit kurzem tot war – Larim müsste noch immer von der neuerlichen Segnung durch den Gott der Magie berauscht sein.
Es war nachvollziehbar, dass Larim den Anblick der geerbten Armee höchst amüsant fand, wenn man sich in Erinnerung rief, dass sein Gott Mord nicht verwerflich fand und bei Salens Tod
sehr erheitert wirkte – Styrax würde das Kichern nie vergessen, das in den Straßen Thotels erklungen war.
»Seht Ihr, wie sie uns ihre Ehrerbietung erweisen?« Larim wies auf die Fackeln der Chetse, die sie umringten. Auf den dunklen Kasernen der Löwenwache sah man mehr als einhundert solcher Fackeln und eine Handvoll in jeder anderen Richtung. »Ein Feuerring. Vielleicht wollen sie uns willkommen heißen, indem sie unser Heimatland nachahmen?«
»Vielleicht.« Styrax war nicht in der Stimmung für belangloses Geschwätz. Larims Anwesenheit hier stellte einen Verstoß gegen seine Befehle dar und Kohrad brauchte so schnell wie möglich Hilfe. Styrax ermahnte sich, höflich zu bleiben. Im Augenblick konnte er keinen weiteren Kampf gebrauchen. »Mein Lord, ich nehme an, Ihr habt einen guten Grund hier zu sein?«
»Mein Lord«, wiederholte Larim und genoss den Klang seines neugewonnenen Ehrentitels. Der Verborgene Turm lag im entlegenen Norden der Ringe des Feuers, weshalb Larim vor Salens Tod keine Ländereien oder einen tatsächlichen Rang besessen hatte, obwohl er Salens Krann gewesen war. »Ich habe gute Gründe, ja. Wir Ihr befahlt, habe ich mich Salens Gefolge angenommen. Dann ist etwas Bemerkenswertes geschehen, das Eurer Aufmerksamkeit bedarf.«
Styrax stieß ein ungeduldiges Zischen aus. Hinter Larim kehrten zwei Cheme-Soldaten mit einer einfachen Zugbahre zurück. Sie deuteten eine Verbeugung an und eilten, ohne das Gespräch der Weißaugen weiter zu beachten, zu Kohrad. Styrax wandte sich zu Gaur um und beugte sich zu ihm, damit man seine Worte nicht hörte. »Geh mit Kohrad schon vor und nimm das Regiment als Eskorte mit. Wenn dies wichtig sein sollte und ich euch nicht einhole, dann warte nicht auf mich. Ich will erfahren, wie diese Rüstung Einfluss auf ihn ausübt. Wenn wir die Verbindung
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