Sturmbote
seit einigen Jahren auf Waldläuferposten gearbeitet, so weit entfernt von jeder Siedlung, wie Schwertmeister Kerin es nur einrichten konnte. Im Augenblick
halte ich auf einer Bergspitze Stellung. Das ist nicht so weit von der nächsten Stadt entfernt, aber wenige Farlan steigen über die Baumgrenze hinauf, so dass mir meist nur Geister und Dämonen Gesellschaft leisten.«
Jachens Nachdenklichkeit verwandelte sich in gesteigerte Wut. »Dieser Bastard – er befahl mir, hierherzukommen … er weiß, wie aufbrausend ich bin. Er muss gewusst haben, dass Ihr hier seid und hat darauf gehofft, dass ich etwas Dummes sage.« Jachen erhob sich halb, bevor ihn ein Knurren erstarren ließ.
»Damit lag er wohl richtig.«
Jachen setzte sich wieder. »Aber wir haben eine gemeinsame Vergangenheit, er und ich. Diese Posten sind nicht meine erste Strafe, seit … nun, seit die Dinge aus dem Lot geraten sind. Das sieht Kerin ähnlich: dafür zu sorgen, dass ich mich selbst in Schwierigkeiten bringe, aber ich kann nicht glauben, dass er …«
Lord Isak schlug mit der Hand auf den Tisch. Jachen hatte nicht einmal gesehen, wie sich die Hand des Weißauges bewegt hatte.
»Ihr mögt es nicht glauben, aber nicht alles hat mit Euch zu tun.« Er löste sich vom Tisch und ging um die Bänke herum.
»Einigen Leuten zufolge gilt das für mich nicht, aber dies zeigt wohl nur, wie dämlich einige Leute sind. Wie dem auch sei, ich bin der Lord der Farlan, auch wenn ich jung bin. Kerin ist mein Schwertmeister und gehorcht mir. Ich bin kein Werkzeug, mit dem man Waldläufer mit zwielichtiger Vergangenheit und schlecht sitzenden Uniformen bestraft. Verstanden?«
Jachen nickte benommen.
»Gut. Wie alt seid Ihr?«
»Ich … siebenunddreißig Sommer, mein Lord.«
»Siebenunddreißig, hm? Das zumindest habt Ihr mit Graf Vesna gemein, auch wenn Ihr älter ausseht. Aber wenigstens seid Ihr jünger als der Letzte, und das ist wohl gut so.«
»Der Letzte was? Graf Vesna? Mein Lord, ich glaube viele Männer in diesem Palast würden denken, dass ich nicht viel mit Graf Vesna gemein habe.«
»Kerin ist da offensichtlich anderer Meinung.«
»Mein Lord, ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich habe keine Ahnung, wovon Ihr sprecht.«
»Natürlich nicht.« Lord Isak wies auf Jachens Kehle. »Öffnet den obersten Knopf. Vielleicht könnt Ihr klarer denken, wenn das Blut Euren Kopf erreicht.«
Jachen errötete, folgte aber Isaks Befehl.
Das Weißauge strahlte ihn an. »Seht Ihr, Ihr gewinnt schon wieder an Farbe. Von den Göttern geschenkte Unfehlbarkeit ist doch eine schöne Sache.«
»Unfehlbarkeit?«, sagte Jachen und versuchte den Sinn des Gesprächs zu ergründen. »Erneut möchte ich nicht unhöflich erscheinen, mein Lord, aber so etwas hat der Kult des Nartis meines Wissens nach nicht bestätigt.«
»Verdammt. Wirklich? Es fällt mir schwer zu entscheiden, ob ich immer recht habe, oder ob die meisten Leute einfach zu klug sind, um sich mit einem weit über zwei Schritt großen Mann anzulegen, der sie mit bloßen Händen zerfetzen und die Überreste zu Asche verbrennen könnte.« Er kam einige Schritte näher, so dass er in Armesreichweite war, und blickte auf Jachen hinab.
Dessen Kehle war mit einem Mal zu trocken, als dass er hätte schlucken können.
»Vielleicht habt Ihr ja doch recht. Eure Gesichtsfarbe ist wieder gewichen, ich muss mich geirrt haben.« Er trat zurück und lächelte. »Denkt über Folgendes nach: Gestern habe ich vier Männer getroffen, die alle von Schwertmeister Kerin zu mir geschickt worden waren. Alle haben ihren Wert im Dienst bewiesen, besitzen nachweisbare Führungsqualitäten und nützliche politische Beziehungen.«
»Ich … ich vermute, Ihr sucht einen neuen Kommandanten für Eure Garde.« Jachen schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »O ihr Götter!«
»Ein neuer Kommandant«, rief Lord Isak mit übertriebener Freude aus. »Richtig! Da habe ich mit dem Kragen wohl doch recht gehabt. Nun, was glaubt Ihr, hat Schwertmeister Kerin damit bezweckt, mir Männer vorzustellen, die mich über die Maßen verärgert haben?« Er hob den Finger – weiß wie ein Knochen im Mondlicht – und lief auf und ab, wodurch er wie ein Lehrmeister wirkte, der einem fehlgeleiteten Schüler eine Lektion erteilt, und nicht wie der mächtigste Mann des Landes.
»Erstens: Erbe Cormeh, der, so sagt man, bald Lordprotektor Cormeh sein wird. Ich konnte ihm ansehen, dass dem frommen kleinen Scheißer mein Fluchen nicht
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