Sturmbringer
einem Mann rauben kann.«
»Etwas so Starkes oder Böses wie Sturmbringer kann ich dir nicht geben«, sagte Sepiriz. »Aber ich habe einen Zauber für dein Schwert, einen leichten Zauber, den mir mein Kontakt mit den Weißen Lords ermöglicht hat. Gib mir dein Schwert, Mondmatt!«
Ein wenig widerstrebend zog Mondmatt seine krumme Klinge und reichte sie dem Nihrainer, der einen kleinen diamantenen Gravierstichel aus dem Mantel zog, einen Zauberspruch flüsterte und dicht am Griff mehrere Zeichen in die Klinge ritzte. Dann reichte er die Waffe dem Ostländer zurück.
»Da. Jetzt hat das Schwert den Segen der Ordnung, und du wirst feststellen, daß es noch besser in der Lage ist als bisher, den Feinden der Ordnung zu widerstehen.«
»Wir müssen reiten, Sepiriz«, sagte Elric ungeduldig. »Die Zeit wird unangenehm knapp.«
»Dann reitet los! Aber achtet auf herumstreifende Gruppen von Jagreen Lerns Kriegern. Ich glaube nicht, daß sie sich in der Nähe eures Weges herumtreiben, wenn ihr hinreitet - doch rechnet mit ihnen auf dem Rückweg!«
Sie bestiegen die magischen nihrainischen Tiere, die Elric schon mehr als einmal geholfen hatten, und verließen Karlaak an der Tränenwüste. Vielleicht war es ein Abschied für immer.
Nach kurzer Zeit hatten sie die Tränenwüste erreicht, durch die der kürzeste Weg zur Seufzerwüste führte.
Rakhir kannte das Land als einziger; er legte den Weg fest.
Die nihrainischen Pferde, die sich auf dem Boden ihrer eigenen seltsamen Ebene bewegten, schienen förmlich darüber hinzufliegen; deutlich war zu sehen, daß ihre Hufe die feuchten Gräser der Tränenwüste nicht berührten. Sie kamen mit unglaublicher Geschwindigkeit voran, und Rackhir klammerte sich verzweifelt an den Zügeln fest, bis er sich an das Tempo gewöhnt hatte.
An diesem Ort ewigen Regens war die vorausliegende Landschaft kaum auszumachen, und der Nieselregen lief ihnen an den Gesichtern herab und in die Augen, während sie um sich starrten und die hohe Bergkette zu finden versuchten, die den Rand der Tränenwüste bildete und sie von der Seufzerwüste trennte.
Nach einem Tagesritt entdeckten sie endlich die hohen Felsbildungen, deren Zinnen sich in den Wolken verloren. Dank des wunderbaren Tempos der nihrainischen Hengste ritten sie bereits nach kurzer Zeit durch tiefe Schluchten, und der Regen hörte auf, und am Abend des zweiten Tages wurde der Wind warm und schließlich unangenehm heiß. Sie verließen die Berge und spürten die stechenden Strahlen der Sonne auf der Haut und wußten, daß sie den Rand der Seufzerwüste erreicht hatten. Der Wind strich ewig über den kahlen Sand und das Gestein, und sein beständiges Seufzen gab der Wüste ihren Namen.
So gut es ging, schützten sie ihre Gesichter, besonders die Augen, mit den Kapuzen, denn der beißende Sand war allgegenwärtig.
Sie legten jeweils nur wenige Stunden Rast ein und kamen auf diese Weise unter Leitung Rackhirs zehnmal so schnell voran wie mit normalen Pferden. So drangen sie immer tiefer in die gewaltige Wüste ein.
Sie sprachen nur wenig miteinander, denn man konnte sich durch den wimmernden und seufzenden Wind nur schwer verständlich machen, außerdem waren alle nach innen gekehrt und hingen ihren eigenen Gedanken nach.
Längst war Elric in einem Zustand versunken, der praktisch eine geistlose Trance war. Er ließ sich von dem Pferd durch die Wüste tragen. Er hatte gegen seine wirbelnden Gedanken und Emotionen gekämpft und hatte wie so oft Mühe gehabt, einen objektiven Eindruck von seiner Notlage zu gewinnen. Seine Vergangenheit war viel zu unruhig gewesen, der Hintergrund seines Lebens zu morbid, als daß er sich nun eine klare Sicht verschaffen konnte.
Stets war er Sklave seiner melancholischen Gefühle, seiner physischen Mängel und des Blutes gewesen, das durch seine Adern strömte. Er sah das Leben nicht als beständiges Muster, sondern als Folge willkürlicher Ereignisse. Sein ganzes Leben hatte er darum gekämpft, seine Gedanken zu sammeln und notfalls die chaotische Natur der Dinge zu akzeptieren, zu lernen, damit zu leben; er hatte es jedoch bis auf kurze Augenblicke extremer persönlicher Krisen selten geschafft, längere Zeit zusammenhängend zu denken. Er war besessen von der Erkenntnis seiner Verdammnis - vielleicht wegen seines Lebens als Geächteter, seines Albinismus, seiner Abhängigkeit von dem Runenschwert.
Was war denn ein Gedanke, fragte er sich, was war Emotion? Was Kontrolle? Und lohnte es sich, sie zu
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