Sturmbringer
zu finden, nachdem das Chaos Pflanzen, Gestein und Meere seinem üblen verzerrenden Einfluß unterworfen hat.«
Dyvim Slorm überließ es Mondmatt, Flammenkralle fertig zu satteln, er holte einen Kelch mit einer Flüssigkeit, die, wie er hoffte, Elric beleben würde. Elric trank davon, reichte Dyvim Slorm den Kelch zurück, hob den Arm, packte den Sattelknauf und zog sich in den hohen Sattel. »Bring Gurte«, sagte er.
»Gurte?« fragte Dyvim Slorm stirnrunzelnd.
»Ja. Wenn ich mich im Sattel nicht anbinde, falle ich womöglich in die Tiefe, ehe wir eine Meile geflogen sind.«
So saß er im hohen Sattel und ergriff die Lenkpeitsche, die seinen blauen, grünen und silbernen Wimpel trug, umfaßte sie mit der behandschuhten Rechten und wartete, bis die anderen die Gurte brachten und ihn sicher im Sattel festschnallten. Er lächelte schwach und schüttelte den Zügel des Drachen. »Los, Flammenkralle, fliege deinen Brüdern und Schwestern voran!«
Mit untergeschlagenen Flügeln und gesenktem Kopf schritt der Drache dahingleitend dem Höhlenausgang entgegen. Hinter ihm saßen Dyvim Slorm und Mondmatt auf Drachen, die beinahe ebenso groß waren, die Gesichter von ernster Sorge bestimmt, Sorge um Elrics Sicherheit. Als Flammenkralle sich mit wiegenden Schritten durch die Höhlen bewegte, schlössen sich die anderen Ungeheuer an, bis schließlich alle die gewaltige Öffnung der letzten Höhle erreicht hatten, die auf das brodelnde Meer hinausführte. Die Sonne hatte ihre Position am Himmel noch immer nicht verlassen; angeschwollen und rot schimmernd schien sie im Rhythmus des Meeres zu pulsieren. Elric stieß einen Ruf aus, der halb Schrei, halb Zischen war, und schlug Flammenklaue mit der Peitsche gegen den Hals.
»Hinauf, Flammenklaue! Hinauf für Melnibone und unsere Rache!«
Als spürte er die Fremdheit der Welt, zögerte Flammenkralle am Rand des Höhleneingangs, schüttelte den Kopf und schnaubte. Dann warf er sich in die Luft, und seine Flügel begannen zu schlagen; in ihrer phantastischen Spannweite bewegten sie sich langsam und mit Anmut auf und nieder, ließen das Ungeheuer jedoch eine erstaunliche Geschwindigkeit gewinnen.
Unter der angeschwollenen Sonne hoch hinauf in die heiße, bewegte Luft, hinauf und dem Osten entgegen, wo das Lager der Hölle wartete. Flammenkralle folgten zwei Brüderdrachen, mit Mondmatt und Dyvim Slorm auf dem Rücken, der seinerseits ein Horn mitführte, das Horn, mit dem er die Drachen lenkte. Fünfundneunzig weitere Drachen, Männchen und Weibchen, verdunkelten den Himmel, grün, rot und golden schimmernd, mit blitzenden Schuppen, mit schlagenden Flügeln, die in ihrer Gesamtheit ein Brausen wie von einer Million Trommeln anstimmten, während sie mit klaffenden Mäulern und kalten Augen über das beschmutzte Wasser flogen.
Mit verschwimmendem Blick erfaßte Elric zwar unter sich Farben von erstaunlicher Intensität, doch waren sie alle düster und veränderten sich ständig von einem Extrem eines dunklen Spektrums zum anderen. Dort unten erstreckte sich kein Wasser mehr, sondern eine Flüssigkeit, die sich aus natürlicher wie übernatürlicher, aus realer wie abstrakter Materie zusammensetzte. Schmerz, Sehnsucht, Elend und Gelächter wurden als greifbare Teile der bewegten Flut sichtbar, ebenso lagen Leidenschaften und Frustrationen darin, wie auch Gebilde, die aus lebendigem Fleisch entstanden waren und von Zeit zu Zeit an die Oberfläche brodelten.
In seiner geschwächten Verfassung zeigte sich Elric angewidert vom Anblick dieser Flüssigkeit, und während die Drachen in schnellem Flug ihrem Kurs folgten, wandte er die Augen nach oben und in Richtung Osten.
Nach kurzer Zeit überflogen sie das ehemalige Festland des Ost-Kontinents, die große vilmirische Halbinsel. Sie war jedoch ihrer früheren Eigenschaften beraubt, und gewaltige Säulen dunklen Nebels stiegen in die Luft empor, so daß sie ihre Drachen dazwischen hindurchlenken mußten. Lava strömte blubbernd über den Boden, widerliche Gestalten zuckten über Land und durch die Luft, riesige Ungeheuer und dann und wann eine Gruppe unheimlicher Reiter auf Skelettpferden, die unruhig den Kopf hoben, als sie den Schlag der Drachenflügel hörten, und dann in verzweifelter Angst zu ihren Lagern flohen.
Die Welt schien eine Leiche zu sein, nur noch vom Leben des Zerfalls beherrscht, das von dem Ungeziefer ausging, das sich daran gütlich tat.
Von der Menschheit war nichts mehr übrig -nur noch die drei Männer in den
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