Sturmbringerin
Gefährten sich zurückzogen und Jase konnte ihm ebenfalls wenig Neues berichten.
Aber jetzt verspürte Jase den Wunsch, sich bei ihm zu melden. Vielleicht war es das letzte Mal, dass er die Gelegenheit dazu bekam.
»Levi?«
»Ich höre dich.«
»Seid ihr noch unterwegs?« , fragte Jase und vermied es bewusst, zu fragen, in welche Richtung sie gingen und wie lange sie noch brauchten, um ihr sicheres Ziel zu erreichen.
»Ja, es werden noch viele Tage vergehen. Mit der Ausrüstung kommen wir nur langsam voran. Außerdem haben wir uns in kleinere Gruppen aufgeteilt. Somit fallen wir wenigstens ein bisschen weniger auf.« Levi machte eine Pause, bevor er fragte: »Was ist mit euch?«
»Ich kann Daleppa sehen.«
Levi schwieg schockiert, wusste offenbar nicht, was er darauf erwidern sollte.
»Ich schätze, wir werden es in einer Stunde erreichen oder sogar noch schneller. Daher wollte ich die Gelegenheit nutzen und mich bei dir bedanken.«
»Wofür denn?«
»Du hast mir in all den Jahren treu zur Seite gestanden, warst mir eine unglaubliche Hilfe und bist mir ein guter Freund gewesen, selbst wenn ich dabei war, die Hoffnung zu verlieren.« Jase‘ Gedankenstimme war belegt, was Levi selbstverständlich nicht entging.
»Das klingt wie ein Abschied.«
»Ich befürchte, es ist einer.«
Levi rang mit sich. »Sag so etwas nicht. Wenn du die Hoffnung aufgibst, wird es ihnen gelingen, dich zu brechen. Du musst an einen Ausweg glauben, auch wenn du ihn noch nicht sehen kannst.«
»Ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll, Levi. Sollte ich diese Mauern jemals wieder verlassen, dann nicht als der, der ich jetzt bin.«
»Ich glaube daran, dass es nicht so sein wird und das musst du auch« , sagte Levi fest.
Jase wurde schwer ums Herz, als er sah, wie nah sie Daleppa in den letzten Minuten gekommen waren. »Danke für alles, Levi. Leb wohl!« Er wusste nicht, was er noch hätte sagen sollen und brach den Kontakt zu Levi ab. Eine schreckliche Leere erfüllte Jase.
Inzwischen waren sie so nah, dass man Einzelheiten erkennen konnte. Was Jase sah, konnte man eigentlich nicht als Stadt bezeichnen. Es waren die verschiedensten Hallen, Türme und Gebäude, die alle mit einander verbunden waren und somit zu einem riesigen Bauwerk wurden. Die Stadt musste vollkommen überdacht sein.
Mit den Jahrhunderten mussten sie immer wieder neue Hallen angebaut haben, um diese gewaltigen Ausmaße zu erreichen. Jase konnte sich nicht vorstellen, wie viele Menschen diese Stadt beherbergen konnte. Es mussten hunderttausende hineinpassen.
Seine Kameraden waren ebenso sprachlos wie er. Eine Mischung aus Faszination und Entsetzen spiegelte sich auf ihren Gesichtern wider.
In wenigen Minuten hätten sie das überdimensionale Stadttor erreicht. Sobald sie es passierten, gab es kein zurück mehr.
Eilig machten die Bürger und Soldaten ihnen Platz, sobald sie Hias erkannten, der an der Spitze ihres Zuges ritt. Sie durchquerten das Stadttor und Daleppa hatte sie verschluckt.
Das Licht im Inneren der Stadt war düster. Nur durch wenige hohe Fenster fiel Tageslicht. Schon bald verließ Hias die Hauptstraße und sie fuhren in eine der mittelgroßen Hallen. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei diesem Anbau um die Stallungen. Die Luft war schlecht und der Geruch von altem Pferdedung stieg Jase in die Nase.
Beim besten Willen konnte er nicht verstehen, warum sich die Pferde ebenfalls hier drinnen befanden. Vielleicht hing es mit den strengen Wintern, die es hier oben am nördlichen Ende des Kontinents gab, zusammen. Gewiss war es schwer für Wärme zu sorgen, wenn um einen herum alles erfror und zu Eis erstarrte.
Die Soldaten hielten an und eine ganze Horde von Stallburschen eilte ihnen entgegen und half mit den Pferden. Jetzt waren die Gefangenen an der Reihe. Die Turonter lösten die Knoten von den Ringen und von beiden Seiten flankiert, ging es nun zu Fuß weiter.
Sie verließen die Ställe und kehrten zur Hauptstraße zurück. An ihr entlang reihten sich zahlreiche Marktstände und Menschen aller Gesellschaftsklassen drängten sich an ihnen vorbei. Vom Bettler in der Ecke bis zur Adligen war alles vertreten.
Die Menschen rückten dicht zusammen und schufen eine Gasse für Hias und seine Leute. Die Gefangenen gingen in der Mitte. Jase erntete so manch bösen Blick.
Der Strom der Menschen wurde immer dichter. Sie marschierten lange die breite Straße entlang und folgten ihren Windungen immer weiter ins Zentrum. Schließlich
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