Sturmbringerin
lockerte er die Ketten und befreite Kaj. Alle atmeten erleichtert auf. Behutsam streckte Kaj seine Glieder aus.
Van richtete sich wieder auf. »Heil ihn, dann können wir aufbrechen und von hier verschwinden.«
»Jemand kommt«, stieß Gianna in dem Moment hervor, als Zersia ihre Hand wieder auf Kaj gelegt hatte.
Van zog sein Schwert, es schimmerte rot. Er hatte damit heute schon getötet. »Ich kümmere mich darum. Heil ihn!« Er sah Zersia durchdringend an und wollte heraus stürmen, aber Gianna hielt ihn zurück. Zersia schloss die Augen und konzentrierte sich auf Kajs Heilung, Schweiß rann ihre Schläfen herunter. Sie war sichtlich angespannt.
Gianna schüttelte den Kopf. »Es sind zu viele, sie sind gleich hier. Ich werde es tun.«
Jetzt hörte auch Jira die schweren Stiefeltritte auf dem Flur. Es mussten ein Dutzend sein. Sie hatten die Tür fast erreicht. Angst ballte sich in seinem Herzen zusammen. Wenigstens hatte er noch einmal für einen kurzen Moment die Freiheit genießen und seine Schwester wiedersehen können. Jira schloss die Augen, er würde in dieser Nacht sterben, hatte er es doch gewusst.
Plötzlich stoppten die Schritte und er hörte ein Poltern als fielen zahlreiche schwere Gegenstände gerade zu Boden.
»Wir sind wieder allein«, presste Gianna hervor. Jira schaute sie ungläubig an, dann sah er zur Tür und lauschte. Es herrschte dort Stille. Wie zuvor.
Blut breitete sich auf den Steinquadern vor der Tür aus. Zu was war diese Frau bloß fähig? Zwar schien sie ihm wohlgesonnen, aber trotzdem fand er sie in diesem Moment beängstigend.
Van nahm ihre Hand und drückte sie fest, so als wollte er Gianna Trost zusprechen. Gianna sah Van in die Augen und sie strahlten vor der tiefempfundenen Liebe, die sie für ihn fühlte. Es war so offensichtlich als hätte sie es laut gesagt.
Hinter Jira stöhnte Kaj leise auf. Er drehte sich zu seinem Freund und ließ den beiden einen Moment für sich.
Kaj hatte die Zähne fest zusammengebissen und die Adern traten an seinen Schläfen hervor. Mühsam stieß er den angehaltenen Atem wieder aus.
»Versuch dich zu entspannen«, flüsterte Zersia leise an seinem Ohr.
Kaj nickte schwach und bemühte sich, seine Kiefer zu lockern. Jira konnte dabei zusehen, wie sich die offenen Wunden in seinem Gesicht langsam schlossen und die Schwellungen zurückgingen. Schon konnte er Kaj‘ rechtes Auge wieder sehen. Dieser blinzelte Jira überrascht an, so als hätte er nicht damit gerechnet wirklich geheilt zu werden.
»Das war der Kopf, nun kümmern wir uns um den Rest«, kommentierte Zersia.
Sie warteten lautlos auf das Ende von Zersias Arbeit. Einige Minuten später nahm sie ihre Hand zurück und holte tief Luft. Die Heilung hatte sie angestrengt.
Kaj sah erstaunt an sich herab. »Ich spüre keinen Schmerz mehr«, sagte er überrascht. »Ich fühle mich sogar richtig gut.« Er grinste seine Retter an und stand schwungvoll auf.
»Trotzdem bist du noch nicht wieder völlig hergestellt, dazu haben wir hier nicht die Zeit. Also halt dich am besten noch zurück«, mahnte Zersia Kaj.
Van nickte, auch er lächelte leicht, wurde dann jedoch wieder ernst. »Gut, dann sollten wir zusehen, dass wir hier herauskommen.«
Van und Gianna gingen zur Tür, hinter ihnen ging Jira neben seiner Schwester. Kaj bildete den Schluss.
Gianna drehte sich zu Zersia um. »Du solltest ihn das nicht sehen lassen«, sagte sie leise.
»Nimm meine Hand und schließ die Augen, Jira.«
Zwar war er seiner Schwester aus tiefstem Herzen dankbar, dass sie zu seiner Rettung geeilt war, aber er wollte sich auch nicht länger von ihr bevormunden lassen. Schließlich war er mittlerweile fast ein Mann.
»Aber-«, setzte er an, kam jedoch nicht weit.
»Keine Widerrede solange wir auf der Flucht sind. Können wir uns darauf einigen?«, fragte Zersia hart.
Jira zog einen Schmollmund, ergriff jedoch Zersias Hand, als sein Blick abermals auf den blutgetränkten Flur fiel. Vielleicht wollte er wirklich nicht wissen, was sie dort erwartete.
Er war erst ein paar blinde Schritte gegangen, als er Zersia und Kaj aufkeuchen hörte. Das Blut dämpfte ihre Schritte und machte schmatzende Geräusche beim Durchschreiten. Jira hielt es nicht länger aus und schlug die Augen auf.
Sein Blick wurde von leblosen, halb im Kopf zurückgerollten Augen begegnet. Jira zuckte zurück und hätte fast geschrien, hätte Zersia nicht kräftig an seiner Hand geruckt. Einmal die Augen geöffnet, konnte Jira seinen Blick
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