Sturmbringerin
sie nur konnten. Es waren zu wenige, um wirklich etwas auszurichten. Sie waren lediglich eine einzelne Biene, die einen Bären sticht. Es ärgert ihn kurz und schon ist der Stich wieder vergessen und die Biene zertreten.«
Das ähnelte bisher sehr Agnethas Erzählung. Ob Kaj auch etwas zu den Elementaren zu sagen hatte?
»Wie viele seid ihr jetzt? Habt ihr es zu mehr als nur einer Biene geschafft?«, fragte Van.
Kaj brummte vergnügt, ihm schien seine Metapher gut zu gefallen. »Inzwischen sind wir wohl ein angriffslustiger Schwarm. In meinem Lager befinden sich knapp fünftausend Menschen.«
»Dann gibt es mehrere?« Diese Anzahl überraschte mich. Ich hatte mir höchstens ein paar hundert vorgestellt. Unser Gespräch hatte den gewünschten Effekt und meine Lebensgeister gewannen neue Kraft. So konnte ich den restlichen Weg noch durchhalten.
»Ja, wir sind zerstreut und stechen Turont wo wir nur können.«
»Warum greift ihr nicht geschlossen an?«, fragte Zersia.
»Dafür sind wir noch zu wenige. In einer offenen Schlacht würden wir rettungslos aufgerieben werden. So ist es sicherer. Würden wir uns mit allen zusammenschließen, wäre es uns nicht mehr möglich uns versteckt zu halten. Wir wären ein leichtes Ziel. Unsere Fortschritte während der letzten Jahre sind beachtlich, aber sollten wir unbesonnen werden, kann Turont uns mit einem Schlag vernichten und es würde abermals eine Ewigkeit dauern, bis wir ihnen etwas entgegen zu setzen hätten.« Kaj machte eine Pause und hob den Kopf prüfend in die Luft. Seine dicke Nase zuckte, als er im Wind schnupperte.
Ich fragte mich, ob er in dieser Form auch die verbesserten Sinne eines Tieres hatte.
»Was hat sich in den letzten Jahren geändert?«, fragte Van nun.
»Zum einen natürlich der Machtwechsel in Turont«, setzte Kaj an.
»Was ist damit?«, fragte ich verwirrt.
Zersia stieß mir ihren Ellenbogen unsanft in den Bauch. Ich bemühte mich, nicht laut aufzustöhnen. Meine Frage muss äußerst verräterisch und dumm gewesen sein.
»Vor sechs Jahren starb der letzte turontische Kaiser, unter ihm konnte man leben, denn er begnügte sich mit der Macht, die er hatte. Das meinst du, nicht wahr?« Zersia sprang für mich in die Bresche.
Wären wir vom Festland, hätte uns diese Veränderung nicht unbekannt sein dürfen. Daher beschloss ich, zunächst weniger Fragen, die in diese Richtung gingen, zu stellen und überließ es Zersia mit Kaj darüber zu sprechen. Vielleicht würde sie das Gespräch so lenken, dass wir besser im Bilde wären.
»Kaiser Tjogal hätte seine Soldaten niemals in die Häuser derer geschickt, die ihm nichts getan haben«, sagte Zersia bitter.
»Das stimmt«, pflichtete Kaj ihr bei. »Seit seine Söhne das Sagen haben, hat sich unsere Situation verschlechtert. Sie sind angriffslustig und es giert ihnen nach Macht. Sie wollen das zu Ende bringen, was ihre Vorfahren vor so vielen Jahrhunderten begonnen haben und den kompletten Kontinent ihrer Herrschaft unterwerfen.
Durch dieses Vorgehen machen sie sich natürlich auch neue Feinde und riskieren es, dass Verbündete sich abwenden, aus Angst das nächste Land zu sein, das unterworfen werden soll.
Diese Angst kommt uns wiederum zu Gute und wir haben regen Zulauf, den wir unter Tjogal nie gehabt hätten. Balians und Degans aggressive Vorgehensweise macht sie bei den noch freien Ländern nicht beliebter und wir konnten vor ein paar Jahren einen großen Verbündeten gewinnen.«
»Tatsächlich? Eines der verbliebenen freien Länder hat sich euch angeschlossen und macht Turont nun Ärger?«, fragte Zersia aufgeregt. Das schienen auch für sie Neuigkeiten zu sein.
»So ist es.« Kaj brummte unbestimmt, als wolle er im Moment nicht weiter darauf eingehen. Doch hatte es nicht die gewünschte Wirkung und bremste Zersias Eifer nicht.
»Welches denn?«, fragte sie nun.
Kaj überlegte sich seine Worte, bevor er ihr eine Antwort gab. »Es ist zu unserem Besten, wenn unser Verbündeter noch geheim bleibt, da er sich bisher nicht offen zu uns bekennen kann. Bislang gehört ihr nicht zu uns, daher hab‘ bitte Verständnis, wenn ich dir diese Frage für den Moment nicht beantworten möchte.«
Zersia vor mir nickte verständnisvoll. »Das verstehe ich natürlich.«
»Soll das heißen, du hättest gern, dass wir uns dir und deinen Leuten anschließen?«, fragte Van.
»Warum nicht? Ihr habt mich gerettet und wärt eine wahre Bereicherung für unser Unterfangen. Außerdem sagtest du, Turont sei
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