Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
die nahrhaften Eintöpfe und die ziemlich geräumige Kabine des Ersten Offiziers, die man ihr zugeteilt hatte, vertrieben ihre Seekrankheit. Ihr Ängste jedoch minderten sie keineswegs.
Anna hatte Captain Bainbridge gründlich den Kopf verdreht, und er überschlug sich geradezu, um ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Seit sieben Tagen schon segelten sie südwärts, wobei es mit jedem Längengrad, den sie passierten, wärmer wurde. Die Matrosen gehorchten den Befehlen ihres Captains, obwohl Evangeline sich fragte, was in aller Welt sie von einem Kommandanten hielten, der sein Schiff einer Frau auslieferte, bloß weil sie ihm schöne Augen machte.
»Was Sie sagen, kann nicht stimmen, Miss Clemens. Ich kenne Anna – Miss Adams – schon sehr lange.«
»Sie sind ihr Liebhaber, also dürfte Ihnen bekannt sein, dass sie nicht tugendhaft ist.«
Der Captain wurde ein bisschen rot. »Miss Adams hatte eine unglückliche Vergangenheit, von der sie mir alles erzählte. Aber ich beabsichtige, sie zu heiraten, wenn wir nach England zurückkehren.«
»Nachdem wir Sebastian gerettet haben.«
»Nachdem wir ihren Bruder befreit haben, ja.«
Evangeline bemühte sich um Geduld. Der Captain weigerte sich standhaft, etwas anderes zu glauben, als dass Sebastian Annas geliebter kleiner Bruder war. »Und was ist mit mir?«
»Hmm? Was soll mit Ihnen sein?«
»Haben Sie vor, mich in einem beliebigen englischen Hafen von Bord zu lassen – mit den besten Wünschen für meine Gesundheit? Mich, die ich nach all den Qualen von Sinnen bin?«
Er sah sie unsicher an. »Sie werden an einen sicheren Ort eskortiert, keine Sorge. Ähm, Sie werden nach Hause gebracht.«
Evangeline blickte hinaus aufs Meer, das unter den warmen Wolken grünlich schimmerte. »Nein, Captain, was geschehen wird, ist Folgendes: Anna wird ihren Geliebten Sebastian befreien, der ein berüchtigter Pirat ist. Danach wird sie Sie entweder selbst ermorden oder ermorden lassen, Ihre hübsche Fregatte mit den vielen Kanonen nehmen und Ihren Matrosen ungeahnte Reichtümer versprechen, wenn sie ihr gehorchen. Wahrscheinlich erschießt sie diejenigen, die sich weigern. Und dann wird sie mit ihrem Geliebten die Meere unsicher machen, Schiffe kapern und Ladungen stehlen, wo sie kann. Das wird passieren, falls Sie sie nicht in Ihre Brigg sperren und mit dem Schiff umkehren!« Sie seufzte. »Captain Blackwell hatte es begriffen, nur hätte er sie in einen Käfig sperren müssen – Ratten hin oder her.«
Captain Bainbridge schwieg einen Moment, bevor er leise sagte: »Ich möchte Ihnen keine Angst machen, Miss Clemens, aber ich habe schon Leute gesehen, die von Männern wie Blackwell gefangen gehalten wurden – Männer, die solch unaussprechliche Taten begingen wie er an Ihnen. Oft entwickeln solche Gefangenen eine seltsame, furchterregende Beziehung zu ihren Peinigern. Sie wollen bei ihnen bleiben, ganz gleich, wie abscheulich sie von ihnen behandelt werden. Wie ich sehe, geht es Ihnen genauso, und ich bin froh, dass ich Sie von ihm wegbringen konnte. Sie werden wieder nach Hause zurückkehren, Miss Clemens.«
Evangeline atmete langsam aus. Anna hielt ihn gefangen, und er war zu blind, um es zu erkennen.
»Nun«, seufzte sie, »ich hoffe, Sebastian beschließt, bei seinen Peinigern zu bleiben! Das könnte uns allen eine Menge Schwierigkeiten ersparen.«
Austin Blackwell nahm das Fernrohr herunter und sah stirnrunzelnd zum leeren Horizont. Der warme Tropenwind wehte ihm durchs Haar und strich ihm über die Haut. Er konnte nicht mehr als einen Tag Vorsprung vor der Fregatte haben. Also, wo blieb sie?
Vielleicht hatte Anna Adams es sich anders überlegt und entschieden, Sebastian zurückzulassen und ohne ihn über die Meere zu streifen – mit Evangeline. Er biss die Zähne zusammen.
Nein, das Gefängnis, das nahe dem Hafen von Havanna lag – durch eine Landzunge vom Rest der Stadt abgeschnitten –, beherbergte Miss Adams’ Piraten. Da hatte er sich erkundigt. Ein Sebastian Longe war dort eingekerkert, dessen harmlos klingender Name schlecht zu all den Missetaten passte, die er begangen hatte.
Mit fünfzehn Jahren hatte Sebastian einen Hafenarbeiter in London ermordet und danach auf einem Schiff angeheuert, um dem Gesetz zu entfliehen. In Lissabon ging er mit dem Koch an Land, der Vorräte einkaufen sollte. Dort tötete er den Koch, stahl das Geld und verschwand. Seither beging er ein Verbrechen nach dem anderen, bis er sich schließlich der Piraterie zuwandte. Er
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