Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
würde seinen Wachposten nie auch nur eine Sekunde zu früh verlassen.
Albright mochte sie. Vielleicht könnte sie sich eine glaubhafte Geschichte ausdenken, die sie ihm erzählte, damit er sie in ihre Kabine zurücklaufen ließ, ohne dem Captain etwas zu verraten.
Und selbst wenn es doch der Captain war, würde sie ihm eben erklären, dass er ihr das Buch nicht vorenthalten durfte.
Oder sie versteckte sich unter seinem Schreibtisch.
Die Schritte stoppten vor der Tür. Rasch krabbelte Evangeline unter den Schreibtisch, wo sie sich so klein wie möglich machte. Die Tür ging auf. Evangeline raffte ihre Röcke unter sich und gab sich Mühe, lautlos zu atmen. Wieder verharrten die Schritte, dann wurde die Tür geschlossen. Stille.
Evangeline vergrub das Gesicht zwischen ihren Knien und wartete. Möglicherweise war er bloß gekommen, um etwas zu holen, und ging gleich wieder.
Oder er wollte sich seine Karten ansehen, die er auf dem Schreibtisch ausbreiten und sich dann hinsetzen würde. Ihr Herz hämmerte, und sie presste sich die Hand auf den Mund.
Falls er zurückgekommen war, um ins Bett zu gehen, musste sie bleiben, bis er schlief, ehe sie sich hinausschleichen konnte. Aber wahrscheinlich stieß sie dann irgendwo dagegen und weckte ihn, und er säße da, aufrecht in seinem Bett, würde sie wütend anstarren, während ihm die Decke vom nackten Oberkörper …
Er schritt seelenruhig zum Schreibtisch und darum herum. Der Stuhl wurde zurückgezogen, und ein Paar Stiefel tauchte vor Evangeline auf. Darüber eine Ziegenlederhose, die sich an muskulöse Schenkel schmiegte.
Sie blickte weiter nach oben zu einer offenen Jacke, einer Hand an einem zerknautschten Halstuch, einem Hemd unter einer offenen Weste und schließlich einem harten, unnachgiebigen Gesicht.
»Ich wusste, dass ich Sie einsperren sollte«, sagte er.
Kapitel 13
E vangeline starrte ihn an, und er starrte zurück, die Augen funkelnd wie Onyx.
»Haben Sie gefunden, wonach Sie suchten, Miss Clemens?«
»Ja.«
Schweigend streckte er ihr seine Hand hin.
Evangeline, die ihre Knie umklammert hatte, nahm das schwere Buch von ihrem Schoß und reichte es ihm. Er betrachtete es kühl, bevor er wieder sie ansah, als hätte sie soeben gestanden, ihm sein gesamtes Gold gestohlen zu haben.
Er griff nach dem Buch. »Kommen Sie da raus!«
Evangeline krabbelte unter dem Schreibtisch hervor, stand auf und schüttelte ihren Rock aus. »Es ist mein Buch!«
»Ist es.«
Sein Hemd klaffte oben auf, so dass sie ein Stück von seiner muskulösen Brust und ein paar schwarze Locken sah.
Sie schluckte. »Ich will es zurück!«
»Ich gebe es Ihnen wieder, wenn wir Boston erreichen.«
»Herr im Himmel, warum? Es ist doch bloß mein Gebetbuch! Ich lese vor dem Einschlafen gern darin. Es beruhigt mich.«
»Warum haben Sie das nicht eher gesagt?«
»Weil es mir unmöglich war, Ihnen überhaupt etwas zu sagen. Wann immer Sie mich sehen, gehen Sie ans andere Ende des Schiffes.«
»Wissen Sie, warum ich das tue?«
»Nein, weiß ich nicht, aber ich finde es sehr unhöflich.«
»Weil ich jedes Mal, wenn ich in Ihrer Nähe bin, entweder über Sie herfallen oder Sie über Bord werfen möchte.«
Ihr Herz schlug schneller. »Und was wollen Sie jetzt gerade?«
»Das habe ich noch nicht entschieden, denn es ist keine leichte Wahl.«
»Ich könnte einfach mein Buch nehmen, zurück in meine Kabine gehen, und wir vergessen alles.«
In seinen Augen blitzte es. »Wo ist Seward? Warum hielt er Sie nicht zurück?«
»Er glaubt, ich läge im Bett.«
»Wie ich sehe, werde ich Sie rund um die Uhr bewachen lassen müssen.«
»Sie verhalten sich höchst unfair.«
Er runzelte die Stirn. »Ein Schiff zu führen hat nichts mit Fairness zu tun, Evangeline. Dabei geht es um Disziplin und Routine und darum, eine Mannschaft und eine Ladung übers Meer zu bringen, ohne jemanden durch Gewalt oder Krankheit zu verlieren.« Er sah auf das Buch in seiner Hand, und auf einmal erlosch das Feuer in seinen Augen. »Gott, wie ich das hasse!«
Sein Tonfall war unerträglich. »Nein, Sie lieben es.«
»Falsch. Früher habe ich es geliebt, doch die Zeiten sind vorbei.«
»Aber Sie müssen es lieben! Jeden Morgen aufzustehen und die Sonne auf dem Wasser zu sehen, die Fische, die in den Wellen spielen, sich zu fragen, an welche exotischen Orte Sie als Nächstes gelangen und ob die Damen dort tätowiert sein werden oder ihre Körper aufs Phantastischste verrenken können …«
»Wovon zum Teufel
Weitere Kostenlose Bücher