Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
Gefängnis gesperrt wurde!
Ergo musste er sie heiraten. Das war die einzige Möglichkeit.
Als er an Deck kam, hörte er Wittington hinter sich, der ihm folgte. Er stieß einen stummen Fluch aus und blickte sich nach Evangeline um.
Sie schien wohlauf, wenngleich es Austin nicht wenig irrierte, dass sie mit Lieutenant Seward an der vorderen Reling stand und aufgeregt mit ihm redete. Seward hielt ihre Hände und nickte hier und da, als wollte er sie beruhigen.
Lord Rudolph blieb hinter Austin stehen. »Wissen Sie, Blackwell, wir beide sind ziemlich starke Kerle, nicht unattraktiv für das weibliche Geschlecht; deshalb verstehe ich nicht, dass die Dame unserer Wahl vor uns zu einem Burschen wie Ihrem Lieutenant Seward flieht.«
Austin knirschte mit den Zähnen, denn nun streckte Seward zu allem Überfluss auch noch die Hand aus und wischte Evangeline eine Träne von der Wange.
Er knurrte Wittington etwas zu und stapfte davon, um eine möglichst unangenehme Aufgabe zu suchen, zu der er Seward verdonnern konnte.
Zwei Tage vor der errechneten Ankunft in Boston schlug das Wetter um. Bleigraue Wolken zogen heran, die See wurde unruhig, und gewaltige Regenschauer prasselten auf die Matrosen nieder, die sich tief in ihre Jacken verkrochen und die rauhen Hände unter die Achseln steckten, um sie zu wärmen.
Zwar war es kein richtig schlimmes Unwetter, aber es bremste ihre Geschwindigket doch beträchtlich. Austin arbeitete mit seinen Männern zusammen, trimmte und reffte Seite an Seite mit ihnen die Segel. Dabei klebte ihm der Regen das Haar an den Kopf und lief ihm in den Jackenkragen. Seine Mannschaft gab sich verbissen, denn alle waren bemüht, sich ihre Ungeduld und Ermüdung nicht anmerken zu lassen. Sie waren fast zu Hause, und nun beschloss das Meer, ihre Ankunft zu verzögern.
Sowohl Evangeline als auch Lord Rudolph blieben unten im Trockenen. Austin kochte innerlich und war beinahe versucht, Lord Rudolph hinaufzubeordern, auf dass er sich seine aristokratischen Hände zur Abwechslung einmal schmutzig machte. Schließlich brauchten sie jeden Mann. Seward musste mehrere Doppelwachen absolvieren, und der Junge wäre bald am Ende seiner Kräfte. Derweil malte Austin sich aus, wie Lord Rudolph gemütlich mit Evangeline in der Messe saß, Tee trank und sie überredete, mit ihm nach England zurückzukommen, sie vielleicht sogar dazu brachte, ihn um einen Kuss zu bitten.
Verdammt, verdammt, verdammt! Er musste sie schleunigst heiraten, damit er seiner Leidenschaft freien Lauf lassen und den vermaledeiten Engländer von ihr fernhalten konnte. Stöhnend hob er das Gesicht in den strömenden Regen, der zwar seine glühenden Wangen kühlte, nicht jedoch seinen Zorn. In seinem ganzen Leben war es ihm noch nie passiert, dass eine Frau sich gegen ein Unwetter durchsetzte.
Gegen Ende des ersten Tages linste die Sonne kurz zwischen den Wolken hervor, die alles und jeden in ein unheimliches gelbes Licht tauchte. Sämtliche Männer sahen plötzlich krank aus. Dann aber verschwanden die wenigen Strahlen wieder, und es wurde dunkel.
Austin befahl, die Laternen zu entzünden.
»Sie sollten reingehen, Sir«, rief Osborn ihm zu. »Sie haben schon zwei Schichten gemacht, und das Wetter beruhigt sich allmählich.«
»Es kann sich jederzeit verschlechtern.«
Osborn schüttelte den Kopf. »Falls ja, wecke ich Sie, Sir.«
Austin musste dem Lieutenant recht geben, sosehr es ihm auch widerstrebte. Ein ausgeruhter Captain dachte klarer als ein übermüdeter.
Also übergab er Osborn das Kommando und wies Lornham an, ihn zu unterstützen, bevor er die Kommandobrücke verließ. Müde stieg er die Treppe zu seiner Kajüte hinunter. Mistwetter! Wenigstens war bald alles vorbei. Er würde in Boston ankommen, seine Ladung löschen, die heiklen Dokumente überbringen und nach Hause gehen. Für immer.
Auf dem Korridor blieb er stehen, denn schon wieder war Albright nicht da, wo er sein sollte. Der Junge hatte den Hang, sich gelegentlich von seinem Posten zu stehlen – sei es, um auszutreten, einen Grog mit den Männern zu trinken oder eine Runde Karten mitzuspielen. Vielleicht dachte er, dass sich bei diesem Wetter ohnehin niemand in die Kapitänskajüte schleichen würde, weil alle entweder arbeiteten oder schliefen.
Trotzdem beschleunigte Austins Puls sich, denn unweigerlich dachte er an den Abend, als er die Tür geöffnet und Evangeline unter seinem Schreibtisch vorgefunden hatte, ihr dickes Gebetbuch an sich gepresst. Zwar hatte sie
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