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Sturmflut mit Schokoladenengel

Sturmflut mit Schokoladenengel

Titel: Sturmflut mit Schokoladenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Tauer
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bedeckten und zu drücken und zu kneten begannen. Und dann, endlich, drang er erneut in mich ein. Und wieder fühlte es sich zum Sterben gut an.
    Wir versanken ineinander, wir vergaßen die Zeit ...

    *

    Es war längst dunkel, als wir am Abend zurück nach Köln zu meiner Wohnung fuhren. Mindestens drei Stunden hatten wir auf dem Wanderparkplatz in Davids Taxi verbracht. Ich konnte es kaum glauben.
    „Du bist ähnlich ausgehungert gewesen wie ich.“ Ich schmiegte mich an ihn. Aus den Boxen perlte dieselbe Musik, wie beim ersten Mal; Beethovens Siebte – inzwischen wusste ich es.
    „Und genauso verliebt“, sagte er.
    Wir verbrachten die Nacht miteinander, und nicht nur diese. Doch das ist eine andere Geschichte.

Schokoladenengel

    Die wirklich entscheidenden Dinge im Leben nähern sich oft auf derart leisen Sohlen, dass man meistens erst im Rückblick sagen kann: An dem und dem Tag ist es geschehen.
    Für mich war es ein Tag vor gut zehn Jahren, an dem es in meiner Praxis zuging wie in einem Taubenschlag. Ich hatte einen Hausbesuch einschieben müssen, und als ich endlich zurück kam, warteten schon mehr Patienten, als im Wartezimmer Platz fanden. Meine Assistentin, Frau Busch, streckte mir den Telefonhörer entgegen: „Für Sie, Frau Dr. Ballhaus. Dringend.“
    Mit dem Telefon am Ohr lehnte ich gegen den Rezeptionstresen und widmete mich den Sorgen eines schwer kranken Diabetespatienten. Und jetzt erst nahm ich den Mann in der braunen Arbeitskluft wahr: Ein Bote von UPS. Mit einem Paket unter dem Arm stand er unter den Wartenden an der Rezeption und plauderte mit Tina. Meine damals siebenjährige Tochter machte ihre Hausaufgaben meistens bei mir in der Praxis.
    „In welcher Klasse bist du denn?“, hörte ich den Paketboten fragen, während mein Patient mir die Ohren voll jammerte.
    „Bald in der zweiten.“ Neugierig betrachtete Tina den braunen Arbeitsanzug des Mannes. „Bist du ein Soldat?“ Der Paketbote schüttelte den Kopf.
    Mein Diabetespatient bettelte um einen Hausbesuch, möglichst schon gestern. Weil er mit einer frischen Zehenamputation ans Bett gebunden war, versprach ich, ihn am Abend auf dem Weg nach Hause zu besuchen. Tina würde ich eben mitbringen müssen. Ich reichte Frau Busch das Telefon und verlangte die Karte des Patienten.
    „Bist du ein Polizist?“, hörte ich Tina fragen. Wieder schüttelte der UPS-Mann den Kopf. „Was bist du dann?“
    Ich runzelte die Stirn, mir gefiel die Szene nicht, doch weder Tina noch der Mann in Braun nahmen das zur Kenntnis. Der Paketbote machte ein geheimnisvolles Gesicht. „Vielleicht bin ich ein Engel? Die bringen manchmal auch schöne Sachen vorbei.“
    „Engel sind doch weiß und haben Flügel!“, protestierte Tina.
    „Vielleicht bin ich ein braun getarnter Engel, damit niemand Angst vor mir bekommt, oder“, er begann zu flüstern, „vielleicht bin ich sogar ein Schokoladenengel ...“ Die Patienten vor der Rezeption amüsierten sich prächtig; ich ganz und gar nicht.
    „Du spinnst ja!“, platzte Tina kichernd heraus.
    „Tina, bitte!“ Ich reichte Frau Busch die Karte des Diabetespatienten und warf dem Paketboten einen unwilligen Blick zu. „Meine Assistentin nimmt Ihnen das Paket“ ab.“ Ich wandte mich meinem Sprechzimmer zu. Dort wartete schon der nächste Patient.
    „Auf der Adresse steht aber: ‚Frau Dr. Greta Ballhaus persönlich’. Die Art wie er meinen Namen aussprach – weich, fast feierlich – machte mich hellhörig.
    „Persönlich?“ Ich drehte mich um und musterte ihn; nicht besonders freundlich, wenn ich mich recht entsinne, doch er hielt meinem Blick stand.
    Sein ebenmäßiges Gesicht wirkte blass, seltsam müde und fast ein wenig hohlwangig. Doch seine Augen lachten. Und sie waren von einem derart hellen Blau, wie ich es selten bei einem Mann gesehen hatte. In seinem dichten, schwarzen Haar schimmerten silberne Fäden. Er trug es zu einem Zopf zusammengebunden. Sein Alter zu schätzen, fiel mir damals schwer: Anfang vierzig? Ende dreißig?
    „Geben Sie schon her.“ Ich nahm ihm das Paket ab, quittierte den Empfang und verschwand grußlos im Sprechzimmer.
    Dr. Jens Kanter , las ich auf dem Absender. Ich hatte den Rechtsanwalt vor einigen Monaten auf dem Tennisplatz kennengelernt. Seitdem hatte er mich schon ein paar Mal eingeladen: zum Essen, ins Theater, und neulich sogar zu sich nach Hause auf eine Party anlässlich seines fünfzigsten Geburtstags.
    Natürlich wollte der Mann mehr von mir, als nur eine

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