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Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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ihre Kriegsflotte. Alle kehrten sie heim zur Quelle des Lebens, zur Fruchtbarkeit. Saraide war den Magiern gefolgt; das Mädchen mit dem blinden Auge musste bei ihnen sein und dann war höchstwahrscheinlich auch Mercurin nicht fern. Er war wirklich sehr klug, ihr Bruder. Er musste längst erkannt haben, dass das Mädchen mit der Augenklappe ein Totenlicht trug. Saraide war es erst viel später klar geworden, als dieses Mädchen ihren Angriff überlebt hatte. Dabei waren Saraides Kräfte in ihrer Gegenwart auf wundersame Weise viel stärker gewesen; nein, sie zweifelte nicht mehr daran, dass das Mädchen ein Totenlicht trug. Und wenn sie es im Moment ihres Angriffs nicht sofort gewusst hatte, wurde es ihr spätestens klar, als sie sich verwundet durch die toten Wälder geschleppt hatte. Ob das Mädchen selbst Bescheid wusste? Oder war sie so unwissend wie der Ise?
    Bis jetzt hatte Saraide die Flotte verfolgen können. Die Schiffe waren ihr am Horizont vorausgeschwebt wie eine Schar schwarzer Insekten. Doch dann war ein Sturm aufgekommen, Wolkenmassen hatten die Flotte verschluckt und jetzt waren die Schiffe weg.
    Saraide fegte mit den Armen durch die Luft. Das Land verschob sich rings um sie; die Anhöhe, auf der sie stand, trieb wie ein Floß durch die vorüberfließenden Wälder. Irgendwo mussten die Schiffe sein. Sie durfte sie jetzt nicht verlieren. Es war der einfachste Weg für sie, zu einem Totenlicht zu gelangen: das Mädchen mit der Augenklappe.
    Anetán verfolgte den Isen – oft dachte sie daran, wie ihr Bruder hinter dem verdammten Fischfresser herlief, kreuz und quer durch das tote Land. Vielleicht hatte er ihn aber auch schon erreicht. Vielleicht hatte Anetán schon sein Totenlicht. Dann wäre sie die einzige der drei verbleibenden Druiden, die noch keins hatte … würde er es ihr wirklich geben, sich aufgeben für sie, wie versprochen? Sie atmete tief durch. Worte, sie hatte nichts als Worte von ihm. Alle Schwüre mochten dahinschmelzen, sobald er die Macht eines Totenlichts kennenlernte.
    Flirrende Stimmen strichen um sie. Saraide spitzte die Ohren. Der Wind rauschte. Aber da – es war kein Irrtum, sie hörte Stimmen, fern und verzerrt. Sie konnte sie nicht verstehen. Was sagten sie? Die Worte ließen sich nicht greifen:
    Am Ende … der Welt … Norden, nach Norden, deine Geschwister, die Totenlichter …
    Der Boden bebte. Saraide stolperte einen Schritt. Das Land begann sich rascher zu bewegen. Knarzend teilte sich der Wald, um vorüberzugleiten. Auch die Anhöhe wurde erschüttert. Felsbrocken wuchsen zurück und bildeten sich anderswo hervor. Saraide musste ein Stück nach vorne laufen, um nicht rückwärts abzurutschen, hinab ins herbstliche Dickicht. Ihr Herz trommelte. Sie hatte das nicht veranlasst. Die Stimmen …
    Nach Norden, zu den eisigen Bergen, ans Ende … hier ist … das Ende …
    Das Land schien sich zu verflüssigen; die Ferne schmolz zu einem wabernden Schleier vorbeitreibender Lichter und Schatten, Saraide mitten hinein. Irgendetwas passierte, etwas Unkontrolliertes. Saraide wusste nicht, wohin das Land sich verschob, es folgte nicht mehr ihrem Willen.
    Die Sonne wischte am Horizont vorüber, violette Dunkelheit eroberte den Himmel. Sterne erhoben sich über Saraide und beobachteten, wie sie einer Schiffsbrüchigen gleich auf Felsen durch das Land trieb.
    »Halt inne!«, schrie sie. »Halt!«
    Ihre Beschwörungen wurden nicht erhört. Saraide schluchzte. Wimmernd klammerte sie sich an einen Felsbrocken, immer bereit, aufzuspringen und vorwärtszuklettern, falls sich die Erhöhung nach hinten verschob.
    Nach einer schlaflosen Ewigkeit stieg ein neuer Tag auf. Es wurde Morgen, dann Mittag. Saraide trank den Rest aus ihrem Wasserschlauch. Jetzt hatte sie nichts mehr, weder zu essen noch zu trinken. Wo sollte sie Nahrung herbekommen, wenn das Land weiterhin so verrücktspielte?
    Regen kam auf, tauchte den Nachmittag in den Abend. Die Dunkelheit wurde immer tiefer. Und noch immer raste das Land in unermesslichen Lichtwogen vorbei. Saraide hatte sich nie so hilflos gefühlt. Kalte Tränen wurden vom Wind über ihre Schläfen gezogen.
    Dann wurde es eisig. Der Regen gefror, winzige Flocken wirbelten durch die Nacht. War es so plötzlich Winter geworden? Wo war sie?
    Im Dämmerzustand der Erschöpfung bemerkte sie kaum, wie es abermals Morgen wurde. Dunstige Wolken schälten sich aus der Dunkelheit, sonst wurde es kaum heller. Die Welt war plötzlich grau geworden. Alles war

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