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Sturmjahre

Sturmjahre

Titel: Sturmjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Jahre lang mit Fowlers Hauttonikum, das angeblich der Verschönerung des Teints diente, regelmäßig Arsen zu sich genommen. Im Gegensatz zu Mrs. Beauchamp jedoch hatte sie auf Samanthas Warnung gehört und das Tonikum sofort abgesetzt. Jetzt pflegte sie ihren Teint statt dessen durch regelmäßige Waschungen mit frischem Gurkensaft.
    Nachdem die Havens sich unter die Gäste gemischt hatten, beschloß Samantha, sich ein Weilchen davonzustehlen, um sich etwas Ruhe und frische Luft zu gönnen.
    Dieser Abend stand jenem denkwürdigen Weihnachtsball im Haus der Astors in New York in nichts nach. Fast alles war wie damals: nur war diesmal Samantha der Mittelpunkt des Festes. Und Mark fehlte.
    Im Park duftete es nach Rosen und frisch gemähtem Gras. Gäste flanierten im milden Licht der Gartenlampen. Gedämpft drangen ihre Stimmen zu Samantha, die zwischen blühenden Büschen hindurch zu einer verborgen stehenden Marmorbank ging und sich niedersetzte. Ihre Gedanken galten nicht dem Krankenhaus und nicht dem rauschenden Fest; im Gefühl tiefer Befriedigung über das Erreichte gestattete sie sich vielmehr etwas, das sie sich sonst selten erlaubte: Sie dachte an Mark. Hätte er doch an diesem Abend bei ihr sein können …
    »Verzeihen Sie, Dr. Hargrave.«
    Sie sah auf.
    »Ich wollte den richtigen Augenblick abwarten.«
    »Den richtigen Augenblick wozu, Sir?«
    »Um Ihnen meine Aufwartung zu machen. Als ich hier eintraf, waren Sie von so vielen Menschen umringt. Sie gestatten, daß ich mich vorstelle? Warren Dunwich, zu Ihren Diensten, Madam.«
    Sie musterte ihn interessiert. Er war zu kultiviert, zu elegant, um ein Einheimischer San Franciscos zu sein, doch sein Akzent
     war eindeutig der {312} der West-Küste. Anfang fünfzig, schätzte sie, aber jugendlich. Das weiße Haar machte ihn nicht älter, verstärkte vielmehr den Eindruck von männlicher Kraft und Energie.
    »Sehr erfreut, Mr. Dunwich. Sind Sie besuchsweise in San Francisco?«
    Sein Lächeln war merkwürdig kalt. Er war ein gutaussehender Mann mit schmalem, aristokratisch wirkendem Gesicht. Samantha sah ihn flüchtig als Herrn auf einem langsam verfallenden alten Schloß.
    »Ich komme jedes Jahr wieder zu Besuch nach San Francisco, Madam. Es ist meine Heimatstadt. Aber ich bin sehr viel auf Reisen.«
    Warren Dunwich hatte scharf blitzende blaue Augen, von denen eine ähnliche Kälte ausging wie von seinem Lächeln. Seine Bewegungen waren knapp und präzise, seine Haltung militärisch gerade.
    »Darf ich Ihnen etwas vom Buffet bringen, Dr. Hargrave?«
    »Nein, danke, Mr. Dunwich. Ich muß zu meinen Gästen zurück.«
    »Dann darf ich Sie begleiten?«
    Sie legte die Hand auf seinen dargebotenen Arm. »In was für Geschäften sind Sie tätig, Mr. Dunwich, daß Sie soviel reisen müssen?«
    »Oh, meine Geschäfte sind vielfältiger Art. Aber ich würde sehr gern Näheres über dieses neue, höchst bemerkenswerte Krankenhaus und seine Gründerin hören.«
    Hilary stand mit einer Gruppe Freunden im Gespräch, als sie Samantha lachend, als fühle sie sich in bester Gesellschaft, am Arm eines Fremden in den Saal treten sah. Nachdenklich kniff sie die Augen zusammen. Wie hieß der Mann nur? Sie wußte, daß er ein Mitglied von Darius’ Club war, aber der Name war ihr entfallen. Ein interessanter Mann zweifellos, dachte sie, ausgesprochen gutaussehend und ihres Wissens begütert und unverheiratet. Aber es ging eine Kälte von ihm aus, die sie abstieß.
    Sie entschuldigte sich bei ihren Freunden und drängte sich durch die Menge. Sie schnappte Gesprächsfetzen auf, und es wunderte sie nicht, daß die Kontroverse immer noch in vollem Gang war: sollte man nun Frauen von fraglicher Moral im Krankenhaus aufnehmen oder nicht? Hilary lächelte vor sich hin. Sie konnten streiten, soviel sie wollten, Samantha war nicht zu erschüttern. Einige der Spenden waren unter der Bedingung gegeben worden, daß das Krankenhaus keine Prostituierten und Geschlechtskranken aufnehmen dürfe, andere, daß weder Chinesinnen noch Mexikanerinnen behandelt werden dürften; Samantha hatte das Geld unverzüglich zurückgesandt. Das Krankenhaus stand allen Frauen offen.
    »Samantha, ich glaube, du befindest dich tatsächlich in Gesellschaft des einzigen Gastes, den
du
kennst und ich nicht!«
    {313} Samantha machte Hilary mit Warren Dunwich bekannt und fing das kurze Aufblitzen im Auge der Freundin auf.
    »Wenn ich nicht irre«, sagte Hilary unumwunden, »sind Sie Mitglied im Club meines Mannes, Mr.

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