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Sturmjahre

Sturmjahre

Titel: Sturmjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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dich mit einem Freund von mir bekannt machen möchte«, antwortete er etwas geheimnisvoll.
     
    Die Redaktionsräume der Zeitschrift
Woman’s Companion
befanden sich im obersten Stockwerk des Wing Fah Gebäudes in der Battery Street, und als Samantha durch die Tür mit der Aufschrift ›Redaktion‹ trat, war sie verwundert und neugierig. Die Auflage von
Woman’s Companion
war, wie sie wußte, in den letzten Jahren immer mehr geschrumpft, und im vergangenen Jahr hatte sie gehört, daß die Zeitschrift eingegangen war. Aber hier schienen alle mit Hochdruck zu arbeiten; Schreibmaschinen klapperten, Leute rannten hin und her, telefonierten, berieten miteinander, kurz, es war eine Atmosphäre von Hektik und Betriebsamkeit.
    Ein junger Mann kam zu ihnen. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Mein Name ist Mark Rawlins. Ich hätte gern Mr. Chandler gesprochen.«
    Eine Minute später führte der junge Mann sie in ein großes Büro, durch dessen geöffnete Fenster helles Sonnenlicht strömte. Der Mann hinter dem wuchtigen Schreibtisch sprang auf. »Mark!«
    »Hallo, Horace.« Die beiden Männer gaben sich die Hand. »Darf ich Ihnen Dr. Hargrave vom Frauen- und Kinderkrankenhaus vorstellen?«
    »Guten Tag, Dr. Hargrave. Es ist mir wirklich ein großes Vergnügen, Sie kennenzulernen. Sie sind ja in San Francisco eine Berühmtheit.« Horace Chandler war ein massiger Mann, mächtig wie ein Grizzlybär. »Bitte, nehmen Sie doch Platz. – Mark, das ist aber wirklich eine nette Überraschung. Wie geht es Lilian?«
    »Gut, danke, Horace. Und Gertrude?«
    »Bestens. Also, was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs? Ist es was Privates oder was Geschäftliches?«
    {383} »Geschäftlich, Horace. Wir möchten Sie um Ihre Hilfe bitten.«
    Auf der Fahrt zur Redaktion hatte Mark Samantha einiges über Horace Chandler erzählt. Er kannte den Verleger aus St. Louis, wo er eine Zeitschrift namens
Gentleman’s Weekly
geleitet hatte. Horace Chandler, ein hochbegabter Zeitungsmann, machte sein Geld damit, daß er Publikationen aufkaufte, die sich kurz vor dem Ruin befanden, und sie wieder auf Touren brachte. Er war im vergangenen Jahr nach San Francisco übergesiedelt, um
Woman’s Companion
zu übernehmen.
    Samantha versuchte sich zu erinnern, wann sie die Zeitschrift das letztemal in der Hand gehabt hatte. Es war mindestens zwei Jahre her. Sie hatte ihr nicht gefallen. Eine Frauenzeitschrift der anspruchslosesten Art, nichts als Mode, Rezepte, seichte Unterhaltung und schnulzige Gedichte, die man am besten schnell wieder vergaß. Seitdem hatte sie die Zeitschrift nie wieder gekauft.
    »Was ist das denn jetzt für ein Blatt?« hatte sie Mark gefragt.
    »Es ist immer noch eine Frauenzeitschrift«, erklärte er, »aber eine, die den Frauen zutraut, daß sie sich ihre eigene Meinung bilden wollen und können. Natürlich bringt sie auch noch Rezepte und Mode, aber sie veröffentlicht auch viel Kontroverses politischer und gesellschaftlicher Art. In einem der letzten Hefte war ein Artikel über die Überbevölkerung, die zu heftigen Meinungsäußerungen führte, weil darin ganz ungeschminkt die These vertreten wurde, daß die Empfängnisverhütung vielleicht doch auch ihr Gutes hat.«
    Während sie jetzt in Horace Chandlers Büro saßen, berichtete Mark von Samanthas Recherchen im Bereich der Arzneimittel und ihren erfolglosen Bemühungen, ihre Befunde an die Öffentlichkeit zu bringen.
    »Niemand wollte etwas davon wissen, wie, Dr. Hargrave?« fragte Chandler. »Es gibt wohl kaum eine Publikation in diesem Land, die es riskieren würde, so etwas zu drucken. Sie müßte damit rechnen, die lukrativen Werbeverträge mit den betroffenen Firmen zu verlieren. Darum wird die Öffentlichkeit niemals die Wahrheit erfahren. Aber ich habe, als ich
Woman’s Companion
kaufte, einige unverrückbare Prinzipien aufgestellt. Und dazu gehört, daß wir die Wahrheit bringen, ohne Rücksicht darauf, wen wir vor den Kopf stoßen. Wenn Sie sich die Zeitschrift ansehen, werden Sie außerdem feststellen, daß wir keinerlei Werbung für Arzneimittel bringen.« Er nahm ein Heft von seinem Schreibtisch und reichte es Samantha.
    Sie blätterte es durch und war beeindruckt.
    »Also, Mark«, sagte Chandler inzwischen und faltete gemächlich die Hände auf seinem Bauch, »ich gehe wohl richtig in der Annahme, daß Sie {384} mich dazu veranlassen möchten, diese Befunde von Dr. Hargrave zu veröffentlichen?«
    Mark griff in seine Jackentasche und zog die Broschüre heraus.

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