Sturmkaempfer
Gebäude zwar bescheiden, aber in Ghorent stellten sie einen überraschenden Anblick dar.
Der Ratsherr hielt vor der verzierten Tür an und wandte sich zu ihnen um. »Mein Lord, ich übergebe Euch in die geschickten Hände von Ahden, dem Diener des Sehers.«
Er wies auf eine Gestalt hin, einen großen und hageren Mann, der aus dem hellen Inneren trat. Er kam die Steinstufen herab, die Hände fromm ineinander verschränkt.
Der Diener schien weit weniger vom Krann beeindruckt, als es die Leute in der Taverne gewesen waren. »Lord Isak, willkommen in Ghorent.« Ahden verbeugte sich ein wenig vor dem Weißauge, während Isak abstieg. »Mein Meister ist, während wir hier sprechen, auf dem Weg, um Euch zu begrüßen. Aber darf ich Euren Männern in der Zwischenzeit Nahrung und Wein anbieten?«
Isak streckte sichtlich den Rücken und schüttelte die Anspannung aus seinen breiten Schultern.
Die stocksteife Gestalt, die ihre schütteren Haare sorgfältig über den Kopf gelegt hatte, hatte etwas an sich, das Isak nicht mochte. Als er sich endlich dazu herabließ, Ahden Aufmerksamkeit zu schenken, wurde ihm das Wort von einer Stimme aus dem Haus abgeschnitten.
Ein zweiter Mann kam durch die Tür geschossen, machte offenbar willkürliche Gesten und plapperte mit heller, näselnder Stimme: »Lord Isak, endlich seid Ihr angekommen. Kommt herein, Eure Räumlichkeiten wurden schon vorbereitet. Meine Stallknechte werden sich um die Pferde kümmern, wir müssen Wichtigeres besprechen. Mein Studierzimmer wird dafür angemessen sein.«
Der Mann — vermutlich der Seher — umfasste entschlossen und mit dürren Fingern den Arm des Weißauges. Er wirkte, als würde ihn sein ausladendes Leinenhemd verschlingen.
Isak warf seinen Gefährten einen verwirrten Blick zu. Nur wenige Leute, die nicht zu seinem kleinen Freundeskreis gehörten, würden es wagen, Isak zu berühren, doch dieser seltsame kleine Mann versuchte ihn wie ein Kind wegzuführen. Isak hob eine Hand, um Mihn zu bedeuten, dass seine Anwesenheit nicht notwendig sei, und erlaubte dem Seher, ihn ins Innere zu ziehen. Während sich der Mann bemühte, Isaks Schritt zu beschleunigen, begann er mit einer Diskussion über die Qualität der Pferde, die man in Ghorent züchtete, wobei er mit Freuden beide Seiten des Gesprächs bestritt.
Das Innere unterschied sich erheblich von den Häusern in Tirah. Die Wände waren bunt bemalt und die hohe Eingangshalle hatte man mit den verschiedensten Weidenvogelkäfigen gefüllt, die von der Decke oder an Wandhalterungen hingen oder auf wunderschön verzierten Holzständern ruhten. Isak ging langsamer, um den Raum zu bestaunen und einen Vogel näher zu betrachten, ein zierliches kleines Tier, so lang wie sein Finger, versehen mit einem wunderschönen goldenen Gefieder.
Als er näher trat, legte der Vogel den Kopf schief und sang flüssig eine ganze Tonfolge. Die Halle wurde von einer Kakophonie erfüllt, als die anderen Vögel seinem Beispiel folgten. Isak drehte sich im Kreis, um den plötzlichen Lärm und die exotischen Farben zu bewundern. Tila, die den Tumult gehört hatte, folgte Isak und stand nun dort, vor Freude strahlend.
»Mein Chor scheint Gefallen an Euch zu finden, Lord Isak. Nachts singen sie selten. Man sagt, die Kreaturen des Waldes besäßen eine erstaunliche Auffassungsgabe. Interessant, dass sie keine Angst vor Euch haben, vor allem, weil ihr doch ein Weißauge
seid. Was für ein Chaos gab es, als eines Nachts eine Alyne-Katze hereingeschlichen kam.«
»Sind sie immer in diesen Käfigen?«, fragte Tila, als sie sah, wie klein die Vogelhäuschen waren.
»Aber nein. Sie verbringen den Tag in den Bäumen der Stadt. In dieser Gegend hier sind wir für unsere exotischen Vögel sehr bekannt. Aber wenn die Nächte kalt werden, locken wir sie abends in die Käfige. Die zahmsten Exemplare ziehen nicht mal mehr nach Süden.« Der Seher lächelte breit. Sein Diener sah finster von der Tür herüber und Vesna und die Dame Daran versuchten, an ihm vorbeizuspähen. Ahden war ohne Zweifel derjenige, der die Käfige säubern musste.
»Wusstet Ihr, dass der König von Narkang eine ähnliche Leidenschaft hegt? Er legt seinen Garten genau so an, dass die wandernden Schmetterlinge angezogen werden, die an der Küste von Mustet nach Narkang kommen, um dort den Sommer zu verbringen. Man sagt, es wäre ein beeindruckender Anblick. Der gesprenkelte Blaue ist offenbar sehr hübsch.« Der Seher unterbrach sich plötzlich und runzelte die
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