Sturmkaempfer
Einzige, der zivilisiert ist, mit Ausnahme deiner Person vielleicht, und vor einigen Jahren hat der General einem andere Weißauge mit bloßen Händen das Genick gebrochen.«
Die Andeutung eines Lächelns lag bei diesen Worten auf Kerins Lippen. Er zeigte die Selbstsicherheit eines Mannes, der sich auf vertrautem Terrain bewegt. Isak vermutete, dass sogar die Weißaugen der Wache, gleichgültig ob Bastarde oder nicht, den Befehlen des Schwertmeisters ohne zu zögern folgen würden.
»Ich halte die anderen von dir fern, weil sie sich mit dir anlegen wollten, sobald sie die Gelegenheit dazu bekämen. Unsere Weißaugen halten viel auf ihre Hackordnung, und keiner von euch kann sein Temperament zügeln. Wenn es losgeht, stirbt jemand. Darum werden sie ausgepeitscht, wenn sie auch nur an dir vorbeigehen. Aber genug der Worte. Kannst du kämpfen?«
Isak nickte und rang seine Enttäuschung nieder. Kerin deutete an, er habe nicht viel mit anderen Weißaugen gemein – wäre er also sogar unter seinesgleichen ein Außenseiter?
»Gut. Gebt ihm einen Stab, Schwertmeister Cosep«, befahl Kerin einem untersetzten Offizier in Bahls Uniform. Der Adler auf seiner Brust war goldfarben und nicht – wie üblich – weiß, und Isak vermutete, dass dies das Zeichen eines Schwertmeisters war. Und das waren die Besten unter den Farlan-Soldaten. Kerin benahm sich, als sei er der Hochrangigste unter ihnen. Er musste hoch genug stehen, um kein Zeichen und keine Uniform mehr zu brauchen.
Isak hatte das Gewicht des Stabes noch nicht einmal abschätzen können, als ein lauter Knall die Luft durchschnitt und ein Schmerz an der Seite seines Kopfes aufflammte. Er stolperte vorwärts
und ließ den Stab dabei beinahe fallen. Cosep trat eilig zurück, während Isak taumelte und das Gesicht verzog. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, dann sah er Cosep lächeln, den Blick auf Kerin gerichtet und nicht auf Isak. Instinktiv warf sich Isak nach rechts, als Kerins Stab erneut auf ihn zusauste. Diesmal hätte er mehr Schaden angerichtet als nur einen schmerzhaften Schlag aufs Ohr.
»Komm schon Junge, versuch wenigstens, dich zu verteidigen«, rief der Schwertmeister und klang gelangweilt.
Isak wich einen Schritt zurück, um seine Gedanken zu ordnen, aber Kerin setzte schon nach, schlug nachlässig nach Isaks Kopf, vielleicht in der Hoffnung, eine Gegenwehr zu provozieren. Stattdessen verlor er beinahe den Stab, als Isak wütend gegen die herannahende Waffe schlug und sie beiseitehämmerte. Das verschaffte ihm die Zeit, die er brauchte, und jetzt war er im Angriff. Isak schlug zu, wieder und wieder, und während Kerin elegant über einen auf die Schienbeine gezielten Hieb hinwegsprang, lächelte er über Isaks unerwartete Schnelligkeit.
Jetzt hielt Isak den Stab wie eine Axt, ließ den weiten Griff erst zusammengleiten, wenn er zuschlug, und nutzte so seinen Größen- und Reichweitenvorteil. Kerin wartete auf einen schlecht gezielten Schlag, doch er war zu schlau, um sich auf den Nahkampf mit einem Weißauge einzulassen. Isak spürte, dass der alte Mann jede seiner Bewegungen beobachtete, die Einzelheiten in sich aufsaugte – auf der Suche nach einer nutzbaren Schwäche.
Obwohl er auf die fünfzig Sommer zuging, bewegte sich Kerin mit der Geschwindigkeit eines seiner Schüler, ließ einen Schlag scheinbar mühelos über den Kopf hinweggleiten, wirbelte dann mit einer eleganten Drehung an einem geraden Stich vorbei und führte eine Rückhand gegen Isak. Dank langer Jahre der Erfahrung duckte sich Kerin sofort weg, als sein Schlag nur leere
Luft traf. Aber die erfreute Verwunderung war seinem Gesicht deutlich anzusehen, als er sich abrollte und aufsprang, den Stab verteidigungsbereit.
Es kam kein Schlag. Isak trat zurück, den Stab locker in den Händen und ein Grinsen auf den Lippen.
»Ihr unterschätzt mich, alter Mann.«
»Ha, vielleicht besitzt du doch einen Sinn für Humor«, lachte Kerin. »Finden wir es heraus.«
Kerin schoss vor, vollführte drei schnelle Schläge und trat dann wieder einen Schritt zurück. Isak, der gerade angreifen wollte, wurde plötzlich selbst, und zwar von beiden Seiten angegriffen, denn ein Stab aus der Menge traf ihn in die Kniekehle. Isak schrie auf, als sein Bein nachgab, und stützte sich auf den Stab, um nicht zu fallen. Als hätte er einen Speer in der Hand, sprang Kerin vor, traf Isak hart an der Schulter und warf ihn rückwärts auf den matschigen Boden. Isak landete flach auf dem Rücken,
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