Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
Stadt angriffen?
    »Ich kann die Vögel nicht mehr sehen«, sagte sie plötzlich.
    »Sie sind nach Süden geflogen. In die Wüste.«
    »Dumme Tiere«, flüsterte sie.
    »Ja. Wie wir.«
    Bedrückt schaute sie dem Vogelschwarm nach, dorthin, wo sich die Dschinnheerscharen als düsteres Wabern von der Salzkruste abhoben.
    Hatten ihre Anführer schon erfahren, was in den Hängenden Städten geschehen war? Welche Rolle spielte der Narbennarr in ihren Plänen? Gab es noch andere wie ihn, die eine Welt ohne Dschinne gesehen hatten? Oder hatten allein seine dunklen Prophezeiungen die verstreuten Dschinnhorden dazu gebracht, sich zu einem Feldzug gen Westen zu vereinen? Dann musste sein Tod zweifellos für Aufregung sorgen.
    Sabatea mochten ähnliche Gedanken durch den Kopf gehen. »Was ist mit den Menschen? Ich meine, denen aus den äußeren Pferchen… Glaubst du, es gibt noch mehr wie sie?«
    »Du hast gesagt – «
    »Ich weiß, was ich… was Junis gesagt hat. Aber glaubst du, dass es wahr ist? Dass sie Menschen in den Wahnsinn treiben, damit sie gegen andere Menschen kämpfen?« Die Art, wie sie diese Frage betonte, verriet, dass sie die Antwort kannte.
    Tarik nickte. »Ich habe die Lager am Kaspischen Meer gesehen, als ich die Nordroute geflogen bin. Das war das einzige Mal, dass ich diesen Weg genommen habe. Es war genauso schlimm wie in der Höhle… noch schlimmer, vielleicht.« Er hatte diese Erinnerungen lange verdrängt, aber es kostete ihn nicht mehr als ein Blinzeln, sie in Gedanken wiederauferstehen zu lassen. Die Qualmsäulen über den Lagern. Die erstarrten Toten in den Schlammvulkanen. Die Leichenmonumente. »Es gibt nichts, das ich den Dschinnen nicht zutrauen würde«, sagte er.
    Sabatea blickte wieder nach Süden. »Dann müssten sie diese Menschen über das Salz treiben. Und danach ins Gebirge.«
    »Vermutlich.«
    »Wie viele können das überleben?«
    »Ihre Kettenmagier sind mächtig genug, die meisten von ihnen eine Weile lang am Leben zu halten. Außerdem werden sie mit Verlusten rechnen.« Er holte tief Luft, als könnte das die Bilder von damals vertreiben. »Die Lager am Ufer… Ich wusste nicht, dass sie dort auch Gefangene halten. Ich dachte, sie töten alles, sobald sie es sehen. Ich habe nicht gewusst, dass sie… dass sie auch…« Er brach ab und schüttelte den Kopf. »Was immer du dir vorstellen kannst, jeder noch so schlimme Alptraum – es ist nicht unmöglich. Die Dschinne sind zu allem fähig.«
    »Dann werden sie gewinnen. Am Ende, meine ich. Dann werden sie die Sieger sein.«
    Kurz war er versucht, die Binde abzunehmen und hinaus in die Wüste zu blicken. Auf die Dschinnheere, die auf den Salzpfannen der Kavir zusammenströmten. Er wollte sehen, dass sie fort waren. Ausradiert. Aber er ahnte, dass ihn die Helligkeit der Salzwüste umbringen würde.
    Da begriff er, was Sabatea schon lange vorher erkannt hatte. Wenn er es wissen wollte, wirklich wissen, dann musste er nach Bagdad gehen. Dann musste er mit Amaryllis’ Auge auf die größte aller Städte blicken und erfahren, was dort einmal sein würde, wenn die Dschinne nicht mehr waren.
    Menschen? Oder überhaupt niemand mehr?
    Und war die Dschinnarmee draußen im Salz nicht Antwort genug?

 
Ifrit und Zauberpferd
 
 
    In der Nacht hielt Sabatea Wache, während Tarik schlief. Es war kühl auf dem Gipfel im Osten der Zagrosberge, zugig und niemals so still, dass sie sicher sein konnte, allein zu sein. Der Wind pfiff durch Klüfte weiter unten an den Hängen und trug sein eigenes Wehklagen herauf zu ihrem Lagerplatz.
    Sie streckte die Hände zum Feuer hin aus. Felsen schützten sie vor fremden Blicken, aber sie fürchtete, dass dennoch ein Lichtschimmer außerhalb der Senke zu sehen war.
    Tarik hatte den Schlaf dringender nötig als sie. Trotzdem hatte er sich wieder und wieder geweigert, eine Rast einzulegen. Und als sie ihn schließlich fast dazu zwingen musste, hatte natürlich er derjenige sein wollen, der Wache hielt. Geduldig hatte sie abgewartet, bis die Erschöpfung ihn einschlafen ließ. Seither sah sie zu, wie er mit angespannter, sorgenvoller Miene gegen seine Alpträume ankämpfte.
    Das Elfenbeinpferd erschien ganz unvermittelt am Rand der Senke, als sei es aus einem von Tariks Träumen herüber in die Wirklichkeit getrabt.
    Sabatea musste zweimal hinsehen, ehe sie ihren Augen traute. Seine Hufe klapperten leise, als es sich auf dem sandigen Gestein niederließ. Abermals nahm sie den fremdartigen Geruch nach Stall und

Weitere Kostenlose Bücher