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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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bin ich dir hier oben überlegen.«
    Er schwieg, versuchte nachzudenken, stieß aber immer wieder auf einen Wall. Etwas hinderte ihn daran, einfach seinen Willen durchzusetzen, so wie er es früher getan hätte. Es war nicht der Schmerz. Nicht die Angst vor dem, was Amaryllis ihm angetan hatte.
    Es war Sabatea. Was er für sie empfand. Er kam nicht dagegen an, so sehr er es sich auch wünschte.
    Sie sagte, scheinbar leichthin: »Und wenn ich dich liebe?«
    Er sagte nichts.
    Sie flogen nach Westen, mitten in die Sonne.

 
Dunkelheit
 
 
    Zwei Stunden später ging die Sonne unter, und sie wussten beide, was das bedeutete.
    »Ich werde es jetzt versuchen«, sagte er.
    »Und mich dann bewusstlos schlagen und hier zurücklassen?«
    »Ja«, sagte er trocken. »Das ist der Plan.« Er hatte ihr nicht verziehen, was sie getan hatte. Aber er verstand, warum sie es getan hatte.
    »Warte. Ich gehe runter. Das ist sicherer.«
    Er betastete das Auge unter der Binde, während Sabatea einen sicheren Platz zur Landung auf einem der Bergkämme suchte. Sein Augapfel fühlte sich unverändert an, auch spürte er keine Schwellungen oder andere Verletzungen. Amaryllis’ Zauber tat seine Wirkung von innen.
    Es ist in meinem Kopf, durchfuhr es ihn nicht zum ersten Mal in einem Anflug siedender Panik. Etwas von ihm ist in mir. Das machte ihm weit größere Angst als die Aussicht auf neue Schmerzen.
    Sie hatten seit ihrer Flucht keine Dschinne gesehen, nicht einmal aus der Ferne. Auch keine anderen Kreaturen der Wilden Magie. Geschweige denn die Tornadoreiter. So, als wären sie ganz allein in diesem Gebirge, allein auf der Welt. Irgendwo vor ihnen, fast drei Tage entfernt, lag Bagdad. Hinter ihnen im Osten, ebenso weit, Samarkand. Beides unsichtbar jenseits des Horizonts.
    »Da vorn.« Sabatea deutete auf eine geschützte Senke auf einer der Bergkuppen. Von dort aus hatten sie im Mondschein eine gute Sicht auf die umliegenden Hänge und Felskämme, grau wie uraltes Eisen. Weit im Westen endete das Gebirge und ging wieder in Steppe und Wüste über. Die Gipfel des Kopet-Dagh waren eine Insel inmitten endloser Ebenen; sie bildeten die natürliche Grenze zwischen Khorasan und Persien.
    Sie senkte den Teppich sanft auf die Felsen nieder. Vorsichtig stand sie auf, um ihre Gelenke nach dem langen Ritt nicht zu überreizen. Tarik, dem das lange Sitzen und Knien nach all den Jahren kaum noch etwas ausmachte, zahlte jetzt den Preis für all die Verletzungen, die er in der Hängenden Stadt davongetragen hatte. Er mühte sich stöhnend auf die Beine, bis Sabatea ihm unter die Achsel griff und ihm half, aufrecht zu stehen. Erst nach einem Moment gab er ihr widerwillig zu verstehen, dass er es jetzt allein schaffen würde.
    Zögernd ließ sie ihn los und trat einen Schritt zurück. Im Silberlicht des Mondes blickte sie ihn an, taxierte ihn erwartungsvoll.
    Er atmete tief durch, kämpfte die Ahnung neuer Schmerzen nieder und zog langsam die Binde nach unten.
    Wartete angespannt auf den Stich, der ihn in die Knie zwingen würde. Auf die sengende Hitze, die wie ein Blitz in seinen Schädel einschlug.
    Es brannte ein wenig, aber nur für einen Moment.
    Das war alles.
    »Und?«, fragte sie vorsichtig.
    Er hob den Blick langsam vom Boden, sah an ihr hinauf, geradewegs in ihr Gesicht. Hob dann eine Hand, legte sie erst vor das linke, dann vors rechte Auge. Verglich das, was er sah, miteinander. Konnte es nicht glauben.
    »Was? «, fragte sie, jetzt merklich ungeduldig. »Was siehst du?«
    »Dich.«
    »Klingt nach einem guten Zeichen.«
    »Und nicht dich.«
    »Nicht so gut.« Kurzes Abwarten, dann: »Erklär’s mir.«
    »Mit dem rechten Auge sehe ich dich vor mir stehen. Aber mit links ist da… gar nichts. Du bist nicht da, der Teppich auch nicht.«
    »Und du selbst?«
    »Ich?« Er atmete langsam ein und aus. Dann blickte er mit der Hand vor dem rechten Auge an sich hinab.
    Nichts. Der Platz, an dem er stand, war leer.
    Erschrocken riss er den Kopf hoch. Dabei traf ihn das Licht des Mondes. Es war nicht so hell wie die Sonne vor ein paar Stunden, aber es reichte aus, ihn zu Boden zu werfen. Sabatea sprang vor und hielt ihn am Arm fest. Mit einem Fluch schüttelte er sie ab. Er murmelte eine Entschuldigung, presste die Hand auf das linke Auge und sah mit dem rechten zu ihr auf. »Das Licht bringt mich um«, flüsterte er.
    »Du hast dich nicht gesehen«, stellte sie fest.
    Er nickte langsam. »Was hat dieser Bastard mit mir angestellt?«
    Sie ging vor ihm

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