Sturmkönige 01 - Dschinnland
er heiser hervor, nicht sicher, ob Sabatea ihn hören konnte. Sie waren der heißen Luft nur für wenige Atemzüge ausgesetzt gewesen, und er wusste nicht, ob das ausreichte, um die Feuchtigkeit im Muster zu trocknen. Als er mit der freien Hand über seine Kleidung strich, war es, als würde er sich die Finger verbrennen.
»Dort hinüber!«, rief er Sabatea zu. Sofort sandte sie ihren Befehl ins Muster.
Sie rasten durch die nächste Hitzesäule, noch näher an den Flammen, diesmal auf die Gefahr hin, dass das Feuer nach dem Teppich lecken und sie in der Luft in Brand setzen würde.
Sie schafften es erneut. Dampf stieg aus dem Knüpfwerk auf, von Tariks Kleidern, aus Sabateas Haar. Sie zogen einen Schweif aus Rauch hinter sich her, aber der Teppich reagierte jetzt fast mit Übermut auf ihre Befehle. Offenbar war genug Nässe verdampft, um ihnen ein Stück weit die Kontrolle über das Muster zurückzugeben.
Keine fünfzig Meter bis zum Boden.
Tarik hielt Ausschau nach seinem Bruder. Drei oder vier Wirbelstürme tanzten zwischen den Pferchen in der Dunkelheit, ließen Gitter bersten, schufen Fluchtwege für die Gefangenen. Augenscheinlich konzentrierten sie sich auf die Kuppeln im Zentrum der Grotte. Sabatea hatte ihm erzählt, was Junis über die Menschen in den äußeren Pferchen erfahren hatte. Wer immer diese Sturmreiter waren, sie wussten genau, welche Gefangenen gefahrlos befreit werden konnten und von welchen ein Risiko für alle anderen ausging.
Die Höhle mochte hier unten einen Durchmesser von fünfzehnhundert Metern haben. Sie war annähernd rund und bot Platz für Dutzende von Pferchen. Ob in allen Gefangene steckten, konnte er durch den wirbelnden Rauch, den Funkenflug der Scheiterhaufen und die rotierenden Windhosen nicht erkennen.
Von oben stieß eine Heerschar Dschinne auf die Sturmreiter nieder. Ein Tornado geriet außer Kontrolle, fräste mitten durch einen berstenden Pferch, erfasste Menschen und Dschinne und schleuderte sie wie loses Laub in alle Richtungen. Körper wurden von den Flammen erfasst. Brennende Männer und Frauen irrten kreischend durchs Dunkel, stolperten über andere und setzten sie in Brand.
Irgendwo in dieser Hölle musste Junis stecken.
Durch das Muster spürte er Sabateas Widerwillen. »Du kannst hier nicht landen!«, rief sie über seine Schulter.
»Ich muss ihn finden!«
»Wer weiß, ob der Teppich noch mal aufsteigt, wenn wir einmal am Boden sind.«
Sie waren längst nicht vollkommen trocken, aber die Nässe war zu einer heißen, klammen Feuchtigkeit geworden, die jetzt nicht mehr in Rinnsalen ins Muster lief. Ihre Chancen, den Teppich in der Luft zu halten, waren deutlich gestiegen. Zudem hatten sie hier oben die Möglichkeit, den tobenden Wirbelstürmen auszuweichen; am Boden hingegen wären sie ihnen ausgeliefert.
»Suchen wir aus der Luft nach ihm«, rief sie.
Er nickte widerstrebend. Was sie sagte, war vernünftig. Dennoch hatte er das Gefühl, nicht genug zu tun, nicht alles zu versuchen. Was, wenn Junis verletzt war? Wenn er hilflos in den Ruinen eines Pferches lag und aus eigener Kraft nicht entkommen konnte?
»Tarik!« Sie deutete auf einen Wirbelsturm, der zwischen zwei halbzerstörten Gitterkuppeln verharrte und mit wahnwitziger Geschwindigkeit kleiner wurde. Die Gestalt in seinem Inneren schwebte zu Boden, während der Windstrudel in sich zusammensank. Schließlich hatte sich der Sturm vollständig aufgelöst. Der Reiter stand breitbeinig am Boden und kämpfte sekundenlang um sein Gleichgewicht.
Er war von Kopf bis Fuß vermummt. Seine Kleidung wirkte winterlich, als hätte er gerade eine Wanderung durchs Hochgebirge hinter sich gebracht: gestepptes Wams und Hosen aus Leder, alles mehrfach mit Tüchern und Bändern umwickelt. Hohe Stiefel. Grobe Handschuhe. Mehrere breite Schals, die er sich um Hals und Kopf geschlungen hatte. Abgesehen von einem schmalen Streifen rund um die Augen war er vollständig mit Wolle und Leder umhüllt. Am Gürtel trug er einen Dolch.
Klobig stand er da und winkte die Gefangenen aus den Pferchen heran. Als sie nicht schnell genug aus ihrer Deckung kamen, brüllte er sie ungeduldig an und gestikulierte noch hektischer, bis endlich zwanzig oder dreißig von ihnen einen Pulk um ihn bildeten.
Tarik und Sabatea lenkten ihren Teppich in einem engen Bogen über die Pferche hinweg, um beobachten zu können, was weiter geschah.
Rund um die Menschen bildete sich eine Spirale aus Staub. Wind stieg aus dem Nichts auf, drohte sie
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