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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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abwärtssank, immer tiefer in die Schwärze des Abgrunds, wurde er an den Höhlenwänden bereits von den ersten Wirbelstürmen überholt. Mit irrwitziger Geschwindigkeit sausten die Windhosen an den Felsen entlang, sprengten loses Gestein ab und warfen Dschinne in alle Richtungen.
    »Siehst du das?«, rief Sabatea von hinten. Ihre Worte gingen fast im ohrenbetäubenden Lärm der Tornados und kreischenden Dschinne unter.
    Es war gefährlich, ihn aus seiner Konzentration zu reißen, ausgerechnet jetzt. Dann aber verstand er, warum Sabatea für einen Moment sogar ihre Angst vor einem Absturz vergessen hatte.
    Die dunklen Kerne in den Wirbelstürmen waren Menschen.

 
Tornadoreiter
 
 
    Jeder Sturm wurde von einer Gestalt gelenkt, die inmitten des Strudels stand. Aufrecht stand, ganz gleich, wie sehr sich der Sturmtrichter neigte und bog.
    Tarik blieb keine Zeit für Fassungslosigkeit. Seine Aufmerksamkeit wurde wieder vom Teppich in Anspruch genommen. Das Muster verlor an Kraft. Er spürte die Stränge unter seinen Fingern erschlaffen und kämpfte verzweifelt darum, Verbindungen zu erhalten, die sich ganz von selbst zu lösen drohten. Wenn er den Teppich nicht schleunigst zu Boden brachte, würde es keine Rolle mehr spielen, was um sie herum geschah. Wer gegen wen kämpfte. Und aus welchem Grund.
    Die Dschinne, die von unten an ihnen vorüberflogen und mit Bogen und Speeren Jagd auf die Tornadoreiter machten, ignorierten die beiden Menschen auf dem Teppich. Aus dem Augenwinkel sah Tarik, wie eine der Gestalten im Zentrum eines Windstrudels von einer Lanze durchbohrt wurde und die Kontrolle verlor. Sie sackte in sich zusammen, wurde von einer der Strömungen im Trichter erfasst, mehrfach um sich selbst gedreht, in blitzschnellen Kreisbewegungen nach außen getragen und hinaus in die Finsternis geschleudert. Ohne seinen Reiter löste sich der Wirbelsturm innerhalb weniger Augenblicke auf, driftete auseinander und war gleich darauf verschwunden.
    »Nicht mehr weit!«, rief Sabatea.
    Unter ihnen waren die Lichtpunkte in der Tiefe zu lodernden Feuern geworden. Tarik konnte jetzt vage einige Pferche erkennen. Zu seiner Überraschung waren auch dort bereits die ersten Stürme angekommen, sprengten die mürben Gitter und befreiten die Gefangenen. Verstört drängten die Menschen aus den Käfigen, nur um rasch zu begreifen, dass die Freiheit noch immer Tausende von Metern über ihnen lag.
    »In welchem Pferch ist Junis?«, rief er über die Schulter.
    »Die sehen alle gleich aus!«
    »Du weißt es nicht?«
    »Verdammt, Tarik, woher denn auch? Sie waren nicht so freundlich, mir erst mal einen Lageplan aufzuzeichnen.«
    Er fluchte, als der Teppich unter ihnen ins Trudeln geriet. Aus der Horizontalen neigte er sich gefährlich nach rechts, dann nach links, und Tarik hatte das ungute Gefühl, als ließe auch die Festigkeit des Knüpfwerks nach.
    Zweihundert Meter bis zum Boden.
    Sabatea spürte es auch. Ihr Griff um seinen Oberkörper wurde fester.
    »Hilf mir!«, brüllte er nach hinten.
    »Wie?«
    »Du musst ins Muster greifen!«
    Er bemerkte ihre Verwunderung, ihr Zögern. Aber sie widersprach nicht, und nur Augenblicke später spürte er die Anwesenheit ihrer Gedanken im Knüpfwerk, den Zugriff ihres Geistes, das Tasten ihrer Finger an den Strängen. Der Teppich verfestigte sich wieder, das Schwanken ließ nach, und sie kamen wieder auf Kurs, zurück auf ihren kreisenden Sinkflug in die Tiefe.
    »Wie lange wird das gut gehen?«, keuchte sie angestrengt.
    »Nicht lange«, war die einzige Antwort, die er zustande brachte. Es war ein Wagnis, den Teppich zu zweit zu steuern. Für gewöhnlich überließ sich das Muster dem Stärkeren und ignorierte den anderen oder, schlimmer, wehrte sich dagegen mit Aufbäumen und völliger Befehlsverweigerung. Tarik musste das Risiko eingehen, seinen eigenen Zugriff abzuschwächen, bis der Teppich keinen Unterschied mehr zwischen ihm und Sabatea erkennen konnte. Das wiederum brachte die Gefahr mit sich, vollständig die Kontrolle zu verlieren.
    Sie schossen über eines der riesigen Feuer hinweg, und für vier, fünf Sekunden erfassten sie die Hitze und der beißende Rauch. Haarspitzen schmorten. Schweiß verdampfte auf ihrer Haut. Beide schrien auf, während die wabernde Luft sie wie kochendes Wasser umspülte, ihre Augen blendete und ihnen den Atem raubte.
    Trotzdem blieb der Teppich auf Kurs, und Tarik erkannte gleich darauf den Grund.
    »Die Hitze hebt die Wirkung der Nässe auf!«, brachte

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