Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
Flüchtlingen aus den Hängenden Städten untergebracht worden war. Einer der Sturmkönige hatte einen Haufen Schwerter vor ihm im Sand abgeladen, gebogene und gerade Klingen, viele uralt, augenscheinlich auf den Wüstenschlachtfeldern der frühen Kriegsjahre ausgegraben. Der Mann hatte Junis einen Schleifstein in die Hand gedrückt, ein Tuch und eine Schale mit Fett zum Polieren. »Kümmere dich darum«, hatte er gesagt, keine Bitte, sondern ein unmissverständlicher Befehl. Widerspruch wurde in diesem Lager nicht geduldet, nicht von den mürrischen Sturmreitern und erst recht nicht von ihrer Anführerin.
    Die Plane über dem Zelteingang blähte sich flatternd gegen Schnüre und Stangen, als immer wieder Windstöße vom Wall der fauchenden Wirbelstürme herüberwehten. Sie brachten Unmengen Staub mit sich, der durch Junis’ Kleidung drang und sich auf seiner Haut festsetzte. Mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt, dass er zwischen seinen Zähnen knirschte und sich in allen Körperöffnungen festsetzte. Er hatte das Dschinnland durchquert und die Sklavenpferche der Hängenden Städte erduldet – aber erst hier, im Lager der Sturmkönige, hatte er erkannt, dass es zu schmutzig noch immer eine Steigerung gab.
    Während er die alten Schwertklingen schärfte und polierte, sah er hinüber zum Menschenpulk im Zentrum des Lagers. Männer und Frauen hatten sich rund um eine Grube im Felsboden versammelt; einstmals mochte sie ein Wasserloch gewesen sein. Einige Dutzend Gestalten, allesamt vermummt gegen den wirbelnden Wüstenstaub, brüllten wild durcheinander und gestikulierten ins Loch hinab. Zu Beginn des Spektakels hatten die meisten noch auf dem zerklüfteten Felsrand gehockt. Nun aber waren sie aufgesprungen, jubelten oder fluchten, rissen triumphierend die Arme in die Höhe oder schüttelten aufgeregt die Fäuste.
    Beim Angriff auf die Hängenden Städte hatten die Sturmkönige einige Dschinne gefangen genommen, die sie seitdem in blutigen Grubenkämpfen aufeinanderhetzten. Die Dschinnkrieger waren mit Schleifketten am Boden des Felsenlochs festgeschmiedet. Seit Tagen schlugen sie mit Keulen und Streitkolben, mit Schwertern und Äxten aufeinander ein. Der letzte Überlebende der Kämpfe würde freigelassen, hatte man ihnen versprochen. Aber Junis bezweifelte, dass die Dschinne tatsächlich dem Wort eines Sturmkönigs trauten. Niemals würde auch nur einem von ihnen die Freiheit geschenkt werden, davon war er überzeugt; das Risiko für die Rebellen war viel zu hoch. Keine Frage, auch Junis hätte jeden einzelnen der Dschinne ohne ein Wimpernzucken getötet. Und doch beunruhigte ihn die Tatsache, dass die Anführerin der Sturmkönige eine so offensichtliche Lüge aussprach. Wer so leichtfertig die Unwahrheit sagte, würde auch bei schwerwiegenderen Entscheidungen nicht davor zurückschrecken, und dann mochten es ihre eigenen Leute sein, die an der Nase herumgeführt wurden.
    Junis hatte sich eines der ersten Grubenduelle angesehen, danach keines mehr, abgestoßen von dem blutrünstigen Spektakel. In der Karakumwüste hatte er eigenhändig Dschinne erschlagen, und er hatte Grund genug, ihnen Schlimmeres als den Tod zu wünschen. Es waren keine Skrupel oder moralischen Bedenken, die ihn seither von der Grube fernhielten. Es war allein der Schauder darüber, dass ausgerechnet sie, dass ausgerechnet Maryam dieses Massaker zur Unterhaltung der Sturmkönige angeordnet hatte.
    Er zog den Schleifstein immer härter und schneller über das schartige Schwert.
    »Heb dir deine Kraft für die übrigen Klingen auf. Nicht mehr lange, und wir werden jede Waffe brauchen, die wir kriegen können.«
    Junis blickte nicht auf. Er hatte sich noch immer nicht an ihren Anblick gewöhnt, und er wusste, dass jedes Gespräch wieder in Vorwürfen, Beschimpfungen und stoischem Zorn enden würde.
    Maryam blieb vor ihm stehen. Hinter ihr, einen Steinwurf entfernt, übertönte der Lärm der Menschenansammlung das Kampfgebrüll der Dschinnkämpfer in der Grube. Sie trug etwas unter dem Arm, das sie ihm jetzt vor die Füße warf.
    »Noch mehr Schwerter?«, fragte er, ohne sich das Bündel genauer anzusehen.
    »Ich kann nicht glauben, dass du noch immer derselbe Starrkopf bist.« Sie trat mit der Stiefelspitze gegen die Rolle. »Der ist für dich.«
    Nun schaute er doch hin, fast widerwillig. Es war ein Teppich. Nicht sein eigener, aber er spürte die vibrierende Aura des Drachenhaars, das in das Knüpfwerk eingewoben war. Auf diesem Teppich konnte

Weitere Kostenlose Bücher