Sturmkönige 03 - Glutsand
Schwertlanze ab, vergewisserte sich, dass Sabatea noch immer schlief und Khalis stillhielt, dann hob er den Toten von der Brüstung und zog ihn vorsichtig in den Schatten neben seinen toten Kameraden.
Er wollte sich gerade davonmachen, den Steg entlang und die nächste Treppe hinauf, als er hinter sich Laute hörte. Khalis nuschelte aufgeregt etwas in seinen Knebel.
Tarik drehte die Schwertlanze herum und versetzte dem alten Mann mit dem Schaft einen heftigen Schlag gegen die Schläfe. Das Geräusch kam ihm ohrenbetäubend vor, aber Sabatea murmelte nur etwas und rollte sich im Schlaf noch enger zusammen. Abermals entfachte ihr Anblick etwas in Tarik, einen Hauch von Wärme, der zu etwas Größerem, Heißerem auflodern wollte. Der Narbennarr übernahm erneut die Kontrolle und brachte die Flamme zum Erlöschen.
Tarik ließ den zusammengesunkenen Magier liegen, stellte sicher, dass auch Almarik noch nicht bei Bewusstsein war, und machte sich auf den Weg. Die Lanze nahm er mit. Seine besten Verbündeten waren die Dunkelheit und das Vertrauen, das die Roch in Sabateas Versprechen setzten.
Leise schlich er den Steg am Abgrund der Kluft entlang, eilte die nächste Treppe hinauf und verbarg sich im Schatten, als mehrere Vogelmenschen seinen Weg kreuzten. Sie entfernten sich in eine andere Richtung. Er bewältigte auch die beiden näheren Treppen, eine Hängebrücke und zuletzt einen Steg, der ihn zu den obersten Stufen führte.
Das Elfenbeinpferd ruhte am Rand des Felsspalts im Sand, wo Sabatea es am Morgen hatte landen lassen. Es hob nervös den Kopf, als Tarik die schmale Treppe hinaufstieg.
Während er langsam über den Sand ging, erhob es sich mit knirschenden Lauten seiner Gelenke. Es scharrte mit einem Huf, wollte die Schwingen spreizen, ließ sie dann aber angelegt und wartete ab.
»Bring mich nach Skarabapur«, flüsterte Tarik.
Es hat dich heute Morgen getragen, redete ihm der Narbennarr ein. Das wird es wieder tun. Aber du musst geschickt sein. Und vorsichtig.
Die Anmut des weißen Geschöpfes drang dumpf durch das wattige Gefühl, das Tariks andere Empfindungen überlagerte. Etwas schirmte ihn vor äußeren Einflüssen ab, sogar vor sich selbst. Der Schönheit des Zauberpferds aber war nicht einmal diese Macht gewachsen.
»Bitte«, sagte er leise zu dem Wesen. »Es ist nicht nötig, Sabatea in Gefahr zu bringen. Ich kann allein gehen.«
Das Elfenbeinpferd scharrte im Sand, machte dann einen Schritt zurück.
Der Narbennarr jaulte auf vor Enttäuschung. Niemand hörte es außer Tarik.
Doch das Zauberross floh nicht vor ihm. Es ließ ihn nicht näher kommen, aber es flog auch nicht davon wie auf dem Dach der Knüpferwerkstatt, als sie sich zum ersten Mal gegenübergestanden hatten.
Es schnarrte nur und gurrte leise. Als wollte es ihm etwas sagen. Als verlangte es etwas von ihm, einen Preis.
Der Narbennarr tobte.
Doch Tarik verstand. »Ich weiß, was es will.«
Er machte sich auf den Rückweg, hinab in die Fackelnacht der Neststadt.
Die Bändigerin
Heißer Blutgestank weckte sie.
Sabatea schreckte hoch und riss die Augen auf.
Nicht weit von ihr lag im Schein des Feuerbeckens der enthauptete Torso eines Rochwächters, zusammengekrümmt in einer schimmernden Lache. Ein zweiter lebloser Körper lag daneben.
»Tarik?«
Ihr erster Gedanke galt ihm. Wie jedes Mal, wenn sie erwachte, seit vielen Tagen schon. Nur dass sich diesmal etwas anderes unter ihre Gefühle mischte. Die Sorge über das, was er gesagt hatte. Über sein merkwürdiges Verhalten. Die Angst um ihn – und vor dem, was er in sich trug. Sie hätte nicht schlafen dürfen, hätte ihn nicht -
Er war nicht da. Saß nicht mehr dort, wo sie ihn zuletzt gesehen hatte, auch nicht beim reglosen Khalis oder bei Almarik, der noch immer im rückwärtigen Teil der Höhle lag.
Dort hinten war noch mehr Blut, zu weit entfernt, als dass es von dem Roch hätte stammen können. So viel, dass sich ihre Kehle zusammenzog. Blut war ihr vertraut, sie war mit seinem Anblick aufgewachsen. Mit dem Bewusstsein des Gifts in ihren Adern. Rubinroter Tod.
Aber das hier war etwas anderes als die winzigen Mengen, die ihr die Alchimisten mit versteinerten Gesichtern im Auftrag ihres Vaters abgezapft hatten. Etwas anderes als die zarten Phiolen, die sie davontrugen, um anderen damit Verderben zu bringen. Nicht einmal die schrecklichen Wunden ihrer Doppelgängerin, die in den Pferchen der Dschinne in Sabateas Armen gestorben war, hatten sie auf das hier
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