Sturmkönige 03 - Glutsand
Männern geschehen ist. Tarik ist nicht mehr Herr seiner selbst. Er weiß nicht mehr, was er tut. Dieser Fluch – das war keine Lüge. Er hat Tarik dazu gebracht, die anderen -«
Crahac fiel ihr ins Wort. »Wie will er den Dritten Wunsch bezwingen, wenn er nicht einmal sich selbst in der Gewalt hat?«
Will er das denn überhaupt noch?, fragte sie sich. Der Narbennarr war ein Dschinnfürst, der Prophet des Feldzugs ihrer Feinde. Falls es ihm weiterhin gelang, Tarik für seine Zwecke zu missbrauchen, dann bestand die Gefahr, dass auch Tarik zu ihrem Gegner wurde. Es vielleicht sogar schon war.
Aber er hatte sie nicht getötet. Nicht einmal Khalis. Vielleicht kämpfte er noch immer gegen den Einfluss des Narbennarren an. Möglicherweise bestand ein letzter Rest von Hoffnung, für ihn, für sie beide.
Der Magier stieß ein Schnauben aus, und erst einen Moment später wurde ihr bewusst, dass er sie auslachte. Als sie sich zu ihm umwandte, sah sie, dass er sie mit seinen geröteten Augen unverwandt anstarrte. Sein bösartiger Hohn verletzte sie. Khalis kannte ihre verwundbare Stelle. Er wusste, dass alle ihre Gedanken um Tarik kreisten und dass sie drauf und dran war, eine Dummheit zu begehen.
Sie zwang sich zu einem verächtlichen Blick in die Richtung des alten Mannes, dann sprach sie erneut zu Crahac. »Tarik wird meine Hilfe brauchen, um zu tun, weshalb wir hergekommen sind. Wenn es noch eine Möglichkeit gibt, dann nur für uns beide gemeinsam.«
»Aber wie wollt ihr die Dschinne aufhalten?«, fragte der Roch beharrlich. »Die Brutmutter hat mir diese Frage gestellt, und ich konnte ihr keine Antwort darauf geben.«
»Wir werden es wissen, wenn es so weit ist.«
»Das ist Torheit!« Zum ersten Mal erlebte sie den Zeremonienmeister zornig. »Wir Roch wissen vieles über den Dritten Wunsch, aber selbst wir kennen keinen Weg, um jetzt noch aufzuhalten, was einmal in Gang gesetzt wurde.«
»Wir sind hergekommen, um diesen Weg zu finden!« Und dann gab sie sich einen Ruck und berichtete von der zweiten, ungleich größeren Gefahr. Von Qatum, der wahrscheinlich auf dem Weg hierher war, um den Dschinnen den Dritten Wunsch zu entreißen und damit das Siegel der Weltenflasche zu zerbrechen.
Sie konnte selbst nicht recht glauben, dass sie das alles hier und jetzt erzählte, während um sie herum die Leichen fortgetragen wurden und sich der Gestank des Blutes in ihrer Kleidung festsetzte. Aber dies war ihre letzte Chance. Wenn es ihr gelang, Crahac zu überzeugen, dann, vielleicht, würde sie doch noch nach Skarabapur gelangen.
Khalis lachte wieder hinter seinem Knebel, weil er ganz genau wusste, dass sie von Qatum und den Dschinnen sprach, aber in Wahrheit nur daran dachte, Tarik zu retten.
Der Zeremonienmeister hörte zu, während hinter ihm in der Felskluft der Morgen dämmerte und fahles Grau aus dem Nebelhimmel in die Neststadt sickerte. Seine dunklen Vogelaugen verengten sich. Er unterbrach sie kein einziges Mal, aber sein Blick blieb so fest auf sie gerichtet, dass sie die Zweifel, die er nicht aussprach, deutlich darin lesen konnte.
Schließlich nickte er.
»Dann lässt du mich gehen?«, fragte sie erschöpft.
»Nein«, sagte Crahac. »Ich bringe dich zur Brutmutter.« Er deutete mit seinen langen Fingern auf den Magier. »Euch beide.«
Stampede
Sie kamen nie bei der Brutmutter an.
Noch während Crahac und seine Eskorte die beiden Gefangenen über federnde Hängebrücken und knirschende Treppen auf die höheren Ebenen der Neststadt führten, verdunkelte sich der Himmel erneut, als wäre die Andeutung des Morgengrauens nur ein Streich des Dschinnlands gewesen. Staub wehte über die Kanten in die Tiefe, gefolgt von prasselnden Steinchen. Die Brücken schaukelten heftiger. Weit entfernt, in den Tiefen der Felsspalten, heulte der Wind immer lauter, raste heran wie eine Herde aufgeschreckter Pferde.
Ein Sturm zog herauf aus den öden Weiten des Untersands.
Und dann strömten tatsächlich Pferde heran – Dutzende von Zauberrössern, die in Panik vor etwas flohen, instinktiv dem Verlauf der Spalten ins Herz der Neststadt folgten, wo sich der größte Pulk ihrer Artgenossen drängte und immer unruhiger wurde.
»Sie haben die äußeren Gehege zerstört!«, brüllte Crahac gegen den Lärm an.
Sabatea, Khalis und die Roch überquerten gerade eine der breiteren Hängebrücken. Die schwingende Konstruktion führte über die Mündung eines senkrechten Spalts, der sich mit den anderen in der zentralen
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