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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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die anderen anzusehen. Almariks tote Augen hielten ihren Blick fest.
    »Sag du es uns«, forderte der Zeremonienmeister.
    Sie rieb sich mit den Fingern über beide Augen, schnappte nach Luft und hatte das Gefühl, am Boden zu liegen, mit einem Tonnengewicht auf der Brust. Aber sie stand weiterhin aufrecht, schüttelte alle Anzeichen ihrer Lähmung ab und sagte gefasst: »Ich weiß es nicht. Er war hier, als ich eingeschlafen bin.«
    »Du hast einen tiefen Schlaf, Sabatea.« Eine Feststellung ohne offenes Misstrauen. Aber sie wusste genau, was er meinte.
    »Wir waren alle erschöpft. Wir -«
    »Tarik hat das getan!«, stöhnte Khalis neben ihr am Boden. Ein Roch richtete eine Lanze auf ihn. Der Magier beachtete ihn nicht. »Er hat die beiden Wächter ermordet. Dann hat er Almarik getötet.«
    »Und du hast zugesehen?«, fuhr sie ihn an.
    »Er hat mich geschlagen. Ich war bewusstlos.«
    »Bevor oder nachdem er Almarik den Kopf abgeschnitten hat?«
    Die Lanzenspitze des Roch lag keinen Fingerbreit vor Khalis’ Kehle. »Ich habe gesehen, wie er die Roch umgebracht hat.« Die Stimme des alten Mannes festigte sich allmählich, nur eine Spur von Heiserkeit lag noch darin. Seine Augen suchten die des Vogelmenschen, erwiderten eisig seinen Blick. »Was danach war, weiß ich nicht. Aber er und Almarik haben gekämpft, oben auf der Brücke. Natürlich hat er ihn getötet. Wer sonst?«
    Wer sonst, dachte sie. Es war nicht einmal eine Frage.
    Sie selbst hatte ihn wieder und wieder aufgefordert, Almarik zu töten. Mehr als einmal hatte sie daran gedacht, den Byzantiner im Schlaf zu ermorden. Sie hatte kein Mitleid mit dem Hurensohn, nicht nach allem, was er dem gefangenen Ifrit in Bagdad angetan hatte. Und dennoch – die Art und Weise, wie es geschehen war, verstörte sie zutiefst. Diese bestialische Kaltblütigkeit, während sie nur ein paar Meter entfernt geschlafen hatte; diese Berechnung, das skrupellose Kalkül. Einiges davon war Tarik zuzutrauen. Aber dass er all das getan und sie anschließend zurückgelassen hatte, das passte nicht zu ihm. Sie hatten sich versprochen, diesen Weg gemeinsam zu Ende zu gehen. Er wusste, dass sie keine Rücksicht wollte, erst recht keine herablassenden Beschützerinstinkte. Verdammt, er wusste das!
    Siedend heiß kam ihr ein anderer Gedanke. Sie hatte die ganze Zeit über das Wie nachgedacht und dabei keine Sekunde an das Warum verschwendet.
    Sie deutete auf den Schädel des Byzantiners. »Wo habt ihr ihn gefunden?«
    »An der Kante. Dort, wo du dein Pferd zurückgelassen hast.«
    Es lief ihr so eiskalt den Rücken hinunter, dass sie ein Schütteln kaum noch unterdrücken konnte. »Ist ihm etwas geschehen?«
    Crahacs spitze Vogelzunge tastete über seine Lippen; sie waren trocken und schuppig, wie verhornt. »Das Pferd ist fort.«
    Da endlich verstand sie. Tarik hatte seinen Schwur erfüllt. Der Schädel war der Beweis. Dafür sollte ihn das Elfenbeinpferd den Rest des Weges nach Skarabapur tragen. Damit hatten beide ihren Teil des Handels erfüllt.
    Crahac zeigte auf den Magier und krächzte einen Befehl. Sofort machten sich zwei Roch daran, den protestierenden Khalis von Neuem zu knebeln. Sein Widerspruch wurde unter dem Stoff erstickt. Gleich darauf war wieder sein angestrengtes Schnaufen zu hören. Sabatea achtete nicht mehr auf ihn.
    Crahac sah sie anklagend an. »Du hast dein Versprechen gebrochen.«
    »Er hat mein Versprechen gebrochen«, gab sie matt zurück. Eine gefährliche Gleichgültigkeit machte sich in ihr breit. Tarik war gegangen und mit ihm das Elfenbeinpferd. Wenn es nicht zu ihr zurückkehrte, war sie hier unten gefangen.
    »Was geschieht jetzt?«, fragte sie.
    Crahac gab seinen Männern einen Wink. Zwei drängten an ihr vorbei, um Almariks Leichnam fortzutragen. Andere hoben die beiden toten Roch aus der angetrockneten Lache; das Profil des einen blieb als Umriss zurück, der sich nur träge mit zähem Blut füllte.
    »Ich habe versucht, die Brutmutter zu überzeugen, dass ihr Skarabapur erreichen müsst«, sagte Crahac mit unverhohlener Enttäuschung. Sie spürte, dass er ihr einen Teil der Schuld gab, auch wenn er ihr keine weiteren Vorwürfe machte.
    »Dann bringt mich dorthin.« Vielleicht konnte sie Tarik dort finden und ihm gegen die Macht helfen, die ihn in ihrer Gewalt hatte. Er wird stärker, hatte er zu ihr gesagt.
    Tarik hatte den Kampf gegen den Narbennarren verloren. Aber wie konnte sie das Crahac und den Roch erklären? »Es tut mir leid, was mit euren

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