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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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endgültig zu viel für sie.
    »Jibril!«, schrie sie den Jungen auf dem Thron an, noch immer durch das Lichtgeflecht mit seinem Ebenbild verbunden. »Verdammt noch mal, hilf ihm! Das bist du ihm schuldig. Du bist es uns schuldig!«
    Sie verstand nichts von dem, was vorgegangen war, außer der Wirkung des Dritten Wunsches, aber nicht, wie es dazu gekommen war, warum es zwei Jibrils gab und ob sie Zwillinge waren oder doch eher Spiegelbilder ein und desselben Kindes.
    »Jibril!«
    Sie schrie seinen Namen, zerrte an ihrer Hand und bekam sie endlich frei.
     

     

    Tarik trieb auf einem Strom aus Erschöpfung und Pein.
    Aus ganz Skarabapur war das Brüllen der Schwarmschrecken und anderer Wesen zu hören, deren Meister sich von einem Augenblick zum nächsten in Nichts aufgelöst hatten. Gehege, eben noch bewacht, wurden gesprengt. Netze zerrissen. Käfige geschüttelt und Gitter zerbrochen. Viele würden sich nicht befreien können und in Gefangenschaft sterben. Aber ganze Horden entkommener Schwarmschrecken und Sandfalter stiegen in den Himmel über der gläsernen Stadt und flohen in alle Richtungen. Ihr Triumphgeheul und das Surren ihrer Schwingen hingen wie geisterhafter Lärm aus einer anderen Welt über den Ruinen, und obgleich sie sich nur verkriechen und irgendwann abermals Menschen jagen würden, bedeuteten sie in diesem Moment keine Gefahr mehr, nicht für Sabatea oder Ifranji oder Nachtgesicht, und hoffentlich nicht für Junis im fernen Bagdad, falls er noch lebte und nicht bereits auf ihn, Tarik, wartete, irgendwo.
    Die Krämpfe schüttelten seinen Körper, aber sie fühlten sich sonderbar betäubt an, vielleicht auch nur ertränkt von all den anderen Schmerzen in seinem Bauch und seinem Brustkorb. Er meinte, das Blut in seine Lungen sprudeln zu hören, wie es sie mehr und mehr erfüllte und alle Luft daraus verdrängte. Meinte das Gift durch seine Glieder fließen zu spüren, näher und näher zum Herzen hin, und wie es dort ankam und weiterverteilt wurde, bis es jede Faser seines Körpers tränkte.
    Sabatea riss ihre Hand aus seiner, und er versuchte zu lächeln, wusste nicht, ob es gelang, hätte gern etwas gesagt, aber das war vergebens. Blut floss über seine Lippen, vermischt mit Speichel und irgendetwas anderem, das aus seinem Inneren kam, bitter und brennend auf seiner Zunge.
    Dann sah er ein Licht. Wie albern das war, denn hieß es nicht, alle sahen immer ein Licht? Er hatte nie daran geglaubt und war nun überrascht und sogar ein wenig amüsiert, dass es wahr sein sollte und selbst die dümmsten Legenden manchmal Wirklichkeit wurden.
    Er versuchte, in Gedanken Lebewohl zu sagen und wie sehr er sie liebte, und was sie ihm in den vergangenen Wochen bedeutet hatte und immer bedeuten würde, wenn das noch möglich war, dort drüben hinter der Helligkeit.
    Aber etwas war mit dem verdammten Licht, vielleicht zu viel davon, und es war so heiß und überall, und was war dieses Zeug, das er mit Blut und Galle aus seinem Körper hustete, immer mehr davon, und warum drang die Hitze jetzt von überall her in ihn ein, als wollte sie etwas in ihm wieder miteinander verbinden und heilen, und warum war das Licht so hell und weiß, so weiß, so weiß -
     

     

    Jibril war vom Thron gestiegen, schwankend wie jemand, dem selbst kaum noch Zeit blieb, und war neben Tarik auf die Knie gefallen. Seine Hände lagen auf Tariks zerrissener Bauchdecke, taten dort irgendetwas, das Sabatea nicht erfassen konnte. Sie selbst sah alles verschwommen, verzerrt, und nun war ihr gar, als bewegten sich dort vier weiße Hände in einem verwirrenden Wirbel über Tarik hinweg. Sie blickte am Thron empor, suchte den zweiten Jibril und fand ihn nicht mehr. Und als sie erneut zu dem Jungen neben Tarik sah, war es, als überlagerten einander dort zwei Erscheinungen, die ihre Kräfte bündelten, miteinander verbanden und etwas mit Tarik taten, das über ihren Verstand hinausging und das womöglich doch genau das war, was sie gefordert hatte.
    Sie hatte halb erwartet, dass Skarabapur um sie herum erbeben und womöglich einstürzen würde, dass sich die Wüste auftun und diese ganze Stadt ein für alle Mal verschlingen würde. Doch nichts dergleichen geschah. Skarabapur existierte weiter, unberührt vom Dritten Wunsch und seinen Konsequenzen für die Dschinne, existierte hier wie in all den anderen Welten, und sie musste das nicht verstehen, wollte es auch gar nicht, weil es gerade Wichtigeres gab.
    Denn nun ließ Jibril von Tarik ab, drehte

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