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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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vorn zu stoßen, von den Spitzen herunter, um wieder frei zu sein, vorwärts zu stürzen, genau auf die Sitzfläche des Throns. Der Narbennarr war seinem Ziel näher als jemals zuvor.
    Tarik brüllte wütend auf. Er hatte Amaryllis schon einmal besiegt, aber das hatte nicht ausgereicht. Und nun lag er hilflos am Fuß des Podests, mit gebrochenen Beinen und nicht in der Lage, es abermals mit dem Narbennarren im Körper des toten Roch aufzunehmen.
    Stück für Stück schob sich der Vogelmensch von den Knochendornen und musste jeden Moment freikommen.
    Jibril zog sich auf den riesenhaften Sitz wie ein Kleinkind auf einen Kalifenthron, drehte sich um und nahm unbeholfen Platz. Er wirkte winzig und verloren inmitten der meterbreiten Fläche. Die Armlehnen hätte er selbst dann nicht erreichen können, wenn er die Hände nach beiden Seiten ausgestreckt hätte.
    Der Roch schüttelte sich, rutschte weiter nach vorn. Die ersten Spitzen verschwanden in seinem Körper. Er gab sich einen heftigen Ruck, kam mit der linken Seite frei, jetzt nur noch die rechte…
    Jibril lehnte sich zurück.
    Sein Ebenbild oben im Knochengeflecht schlug die Augen auf.
    Aus der Kehle des Roch drang das hysterische Brüllen des Narbennarren. Seine Flügel flatterten, rammten den Körper ungeduldig vorwärts – viel zu heftig. Er glitt mit einem Ruck von den Dornen, zu angeschlagen, um sofort zu fliegen, wurde vom eigenen Schwung über den Sitz hinweggetragen und stürzte auf die Stufen vor dem Thron. Knochen brachen, diesmal seine eigenen, als er auf die harten Glaskanten prallte.
    Tarik lag zwischen dem Roch und Sabatea, keine zwei Schritt von ihm entfernt. Der untote Vogelmensch, angetrieben von der Kraft des Narbennarren, wollte sich aufrichten, aber seine Beine gaben nach, ließen ihn wieder zusammensacken. Ein Aufschrei drang aus seiner Kehle, Amaryllis’ Zorn über die Unzulänglichkeiten des fremden Körpers, und er wollte seine übel zugerichteten Flügel entfalten – als Tarik das letzte Stück kriechend überwand. Mit schmerzverzerrtem Gesicht bekam er den Roch zu packen, klammerte sich fest, riss ihn zurück auf den Rücken und presste ihn mit seinem ganzen Gewicht auf die zuckenden Schwingen.
    Sabatea wollte ihm zu Hilfe kommen, aber sie wagte nicht, in das Knäuel der beiden Kämpfenden zu greifen, aus Angst, Tarik zu berühren. Sie konnte nur zusehen, auf eine günstige Gelegenheit warten, während Tarik versuchte, den Roch davon abzuhalten, den Jungen auf dem Thron zu erreichen.
    Amaryllis kreischte in rasendem Irrsinn und gewann die Oberhand. Er rollte sich herum, zog Tarik unter sich, holte mit der Faust aus, um das Gesicht seines Gegners zu zerschmettern – als Sabatea von hinten seinen langen, dürren Arm zu fassen bekam und festhielt. Das Kreischen wurde noch lauter, zwang sie beinahe zum Loslassen, aber sie versuchte dennoch weiter, ihn nach hinten zu ziehen, fort von Tarik. Der Roch war zu stark. Er bekam den Arm los, während Tarik von unten nach ihm schlug und spürte, wie der Unterkiefer des Vogelmenschen unter seinem Hieb nachgab.
    Amaryllis hatte längst alle Geduld verloren, er kämpfte jetzt ums nackte Überleben. Sabatea bekam einen harten Schlag vor die Brust, der sie zwei Meter zurückwarf, während der Roch sich nun abermals Tarik zuwandte, ausholte – und seine Hand tief in den Oberkörper seines Gegners trieb. Seine langen, scharfkralligen Klauen drangen durch Tariks Bauchdecke, gruben sich in seine Eingeweide, schnappten zu wie eiserne Zangen.
    Sabatea schrie verzweifelt auf, während sie halb betäubt versuchte, erneut auf die Beine zu kommen, um Tarik zu helfen und Amaryllis von ihm fortzuziehen.
    Ein Sturm von Helligkeit fauchte über sie alle hinweg, der sie erst in Wärme, dann in kaum zu ertragende Hitze hüllte. Als die Luft wieder abkühlte und Sabatea die Augen öffnete, geisterten Lichterscheinungen an dem bizarren Knochengewirr des Throns umher, kletterten wie winzige Lebewesen aus Blitzen zwischen den beiden Jibrils auf und ab, ein Flirren und Leuchten und Gleißen und Lodern, das sich verzweigte, miteinander vereinte und wieder zerriss, ein beständiger Wechsel und Neubeginn.
    Der Narbennarr schrie noch immer, ein panisches Vogelkreischen, weil er begriff, dass er verloren hatte, genau in diesem Augenblick. Er riss die Hand aus Tariks Bauchwunde, wirbelte herum, kam jedoch abermals nicht hoch.
    Der Junge auf dem Thron öffnete den Mund.
    »Ich wünsche –«, sagte er, und der Rest des Satzes

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