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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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der Zikkuratwand.
    Mit klopfendem Herzen presste er sich gegen die Mauer der untersten Stufe. Fackeln zogen fauchende Flammenschleifen in die Finsternis. Die Nacht schien erfüllt zu sein von Dschinnen, überall schwirrten sie über den Gehegen, stießen wie Greifvögel herab, um einzelne Sklaven zur Räson zu bringen, tauchten wieder hinter den Mauern auf.
    Keiner hatte ihn bemerkt.
    Und die Krieger über ihm? Er blickte steil nach oben, geradewegs an der Wand hinauf. Flammenschein zuckte oberhalb der Kante, gute acht Meter über seinem Kopf. Aber niemand beugte sich über den Rand und sah zu ihm herunter. Alle Wächter dort oben waren abgelenkt vom Aufruhr der Sklaven in den Ruinengehegen, sahen neugierig zu, wie sich die übrigen Dschinne abmühten, das Chaos einzudämmen.
    Einige Menschen waren tatsächlich auf demselben Weg entkommen wie Junis, bevor die Dschinne den Durchgang wieder geschlossen hatten. Schreiend und mit wirbelnden Armen liefen die Männer und Frauen umher. Die Dschinne pflückten sie mühelos vom Boden. Immer zwei packten einen der Flüchtlinge, zerrten ihn zappelnd in die Höhe und trugen ihn zurück über die Gehegemauern. Dahinter ließen sie die Menschen achtlos fallen, zurück in den brodelnden Pulk. Sie wirkten dabei fast gelangweilt. Einen Sklaven einzufangen war keine Herausforderung. Junis hoffte nur, dass sie darüber vergaßen, dass da noch jemand gewesen war. Ihm fiel beim besten Willen nicht ein, wie sie hätten feststellen können, ob er noch unter den Gefangenen oder ebenfalls entflohen war. Nach seinem Sturz mitten in die Menge trauten ihm die Dschinne wahrscheinlich keine Flucht mehr zu, darum suchten sie nicht sorgfältiger nach ihm.
    Er blieb im Schatten der Wand, eng an das Mauerwerk gepresst. Wüstenstürme hatten die Lehmziegeln glatt geschliffen. Immer wieder stieß er auf Löcher und breite Risse, die aber nie bis ins Innere führten. Die Außenmauer war ungeheuer dick, aus mehreren Schichten zusammengesetzt. Schon sank seine Hoffnung, jemals einen Weg hinein zu finden. Er hatte sich jetzt immer weiter vom Herd des Aufruhrs entfernt, musste bald ein Viertel der Zikkurat umrundet haben. Auch hier gab es in einiger Entfernung Sklavengehege, aber in ihnen schien die Lage unter Kontrolle zu sein. Keine Ausbrüche, nur das übliche Geschrei und Getobe unter den Besessenen.
    Den Mauereinbruch in seinem Rücken hätte er beinahe übersehen, während sein Blick wachsam nach außen gerichtet war. Mit einem Mal ertasteten seine Hände keine Lehmwand mehr. Er wirbelte herum – und stand vor einem unregelmäßigen Loch, an dessen unterem Rand sich eine Rampe aus Ziegelresten und Sand angesammelt hatte. Hastig kletterte er darüber hinweg, an der anderen Seite wieder hinunter – und befand sich im Inneren der Zikkurat.
    Hier drinnen roch es nach Wüste, nur zehnfach verstärkt, nach Sand und Lehm und Trockenheit. Er stand in einem gebogenen Gang, vier Meter breit, wahrscheinlich ein Ring, der an der Mauer entlang rund um das ganze Erdgeschoss führte. Noch während er dies dachte, dämmerte ihm, dass es womöglich noch tiefer gelegene Stockwerke gab, wie so oft bei uralten Ruinen in der Wüste. Sicher war dies hier nicht immer die unterste Stufe gewesen; die Wüste hatte die Angewohnheit, Bauwerke einfach zu verschlucken, Jahr für Jahr ein wenig mehr. Diese Zikkurat mochte Jahrtausende alt sein, ihre Fundamente tief unten im Sand begraben.
    Er packte das Schwert, lief zur inneren Wand des Gangs hinüber und bewegte sich daran entlang nach rechts. Irgendwann würde er einen Aufstieg nach oben finden. Die unteren fünf Stufen hatten von außen verlassen gewirkt, alle Öffnungen waren dunkel. Im sechsten, siebten und achten Stockwerk aber hatten hinter Spalten und Bögen Feuer gebrannt. Dort musste er hinauf.
    Ein Scharren ertönte hinter ihm. Er fuhr herum, riss das Schwert hoch. Aber da war nichts. Der Mauereinbruch, durch den er die Zikkurat betreten hatte, lag bereits hinter der Biegung. Falls ihm ein Dschinn gefolgt war… Nein, entschied er, kein Dschinn. Der wäre lautlos über das Geröll hinweggeschwebt.
    Das hatte ihm noch gefehlt: ein paar Wahnsinnige, die denselben Weg ins Innere entdeckt hatten wie er. Bald würden die Dschinne das ganze Gemäuer nach Flüchtlingen durchkämmen.
    Er blieb stehen und erwog einen Moment lang, umzukehren und den anderen selbst den Garaus zu machen. Sie hatten nichts mehr zu verlieren. Er tat ihnen einen Gefallen, wenn er sie tötete. Tarik

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