Sturmkönige 03 - Glutsand
verstand – wieder dieses Nomadenkauderwelsch –, hechtete er von der Seite auf den Dschinn zu und traf im rechten Winkel auf dessen Flugbahn.
Sein Schwert hieb in den Nacken des Kriegers, schnitt durch die Wirbelsäule, verkantete sich in den Schulterblättern und wurde Junis aus der Hand gerissen. Der Dschinn stieß ein Röcheln aus, scharrte in trudelndem Flug über den Boden, prallte gegen die Außenwand und blieb dann zwischen bröckelndem Lehm und Staub auf dem Bauch liegen. Er lebte noch, als Junis nachsetzte, die Klinge aus seinem Körper riss und sie mit beiden Händen gerade nach unten stieß. Diesmal durchbohrte das Schwert den Dschinn auf Höhe des Herzens und ließ ihn noch einmal aufstöhnen, eher er schließlich erschlaffte.
Junis zog die Waffe aus dem Kadaver und fuhr herum. Die Fackel war davongeschleudert worden und lag ein paar Schritt entfernt am Boden, unmittelbar vor dem Mädchen, das erstarrt in der Mitte der Spiralrampe stand und ihn aus großen Augen anstarrte. Der Feuerschein fiel von unten auf ihr Gesicht und machte ihre vorstehenden Wangenknochen, das spitze Kinn und ihre tief liegenden Augen noch mumienhafter. Sie sah jung und verletzlich und zugleich alt aus – das machten die Kinderaugen in diesem eingefallenen, abgemagerten Gesicht.
»Tu das nicht noch mal«, flüsterte er grimmig, als sich keine weiteren Dschinne hinter der Biegung zeigten.
»Ich wollte ihn doch nur -«
»Ja, ich weiß.« Er deutete auf den Leichnam. »Aber er hatte deine Witterung schon aufgenommen, sonst wäre er nicht so zielsicher auf dich zugerast.« Junis selbst war von den stinkenden Häuten gerettet worden. Ein wenig erschrocken stellte er fest, dass er sich kaum mehr davor ekelte.
Er trat auf das Mädchen zu, das noch immer reglos in der Mitte des Spiralgangs stand. »Das war’s«, sagte er. »Geh zurück nach unten. Das hier ist nichts für dich.«
»Als wüsstest du, was gut für mich ist!«
»Du tust nicht das, was ich dir sage. Deshalb schicke ich dich fort. Was gut für dich wäre, ist mir gleichgültig. Verstehst du? Du bist mir vollkommen egal.« Das schien ihm der einzige Weg zu sein, sie loszuwerden.
Aber sie hatte in ihrem Leben wahrscheinlich mehr Ablehnung erfahren, als er sich vorstellen konnte. Seine Worte, die sie hatten verletzen und einschüchtern sollen, berührten sie nicht.
»Dann musst du mich umbringen«, gab sie starrköpfig zurück.
»Red keinen Unsinn.«
»Ich geh nicht zurück. Ich will mit dir da hoch.«
»Warum zum Teufel?«
Sie verzog die aufgesprungenen Lippen zu einem schiefen Lächeln. »Ich hab dich gesehen, auf dem Teppich… das bist doch du gewesen, oder? Ich will, dass du mich mitnimmst, wenn du von hier fliehst.«
Das also war es. Gegen seine Vernunft, gegen sein besseres Wissen, brachte er es nicht über sich, einfach nein zu sagen.
»Der Teppich wird mich nicht finden. Es wird keine Flucht von hier geben.« Noch einmal schaute er sich prüfend nach weiteren Wächtern um. »Wenn dort oben wirklich Dschinnfürsten und Kettenmagier sind, dann -«
»Warum fragst du mich nicht einfach?«
Er blickte sie ungeduldig an. »Was?«
»Na, ob sie da oben sind.«
»Und du weißt das?«
Sie nickte. »Wir alle haben sie gesehen, als sie auf ihren Thronen in die Ruine geflogen sind.«
Er ballte die linke Hand zur Faust. »Hatten sie einen Gefangenen dabei?«
»Den weißen Jungen?«
Junis nickte.
»Er war bei Karybtis und Lytratis«, bestätigte sie. »Das sind zwei der Fürsten. In der Salzwüste war noch ein dritter bei uns…«
»Manotis«, flüsterte er heiser. Die Erinnerung an das Gefühl, als der Schädel des Dschinnfürsten unter seinem Fuß zerplatzt war, kroch wie ein Brennen an seinem Bein herauf. »Und die anderen beiden haben Jibril hierhergebracht?«
»Heißt er so? Der Junge?«
Abermals nickte er, ohne dabei die beiden Gangbiegungen nach oben und unten aus den Augen zu lassen. Aus den höheren Bereichen wehte wieder das fremdartige Kreischen und Heulen zu ihnen herab.
Auch das Mädchen wandte nun den Blick von ihm ab und schaute nach vorn, die Rampe hinauf. Der Lichtschein reichte weiter, als Junis lieb war. Während er auf ihre Antwort wartete, scharrte er Sand über die Fackel am Boden. Die Flammen erloschen. Dunkelheit legte sich wieder über die ausgezehrten Züge des Mädchens, verbarg die vernarbten Reste ihres Ohrs.
»Er war bei ihnen«, sagte sie noch leiser, als hätte sich die Finsternis auch auf ihre Stimmbänder gelegt. »Ich
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