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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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fremdartiger, wie verzogen und verdreht.
    Die meisten dieser Wesen waren größer und kräftiger gewesen als Junis, und nicht einmal sie hatten den Dschinnen widerstehen können. Dass er es allein mit den beiden Fürsten, den vier Kriegern und zahllosen Dschinnen draußen im Lager aufnehmen wollte, war so absurd, dass der Gedanke ein grimmiges Lächeln auf seine Züge brachte. Fatalismus war eigentlich ein Wesenszug seines Bruders. Sabatea hatte Recht: Vielleicht waren sie sich wirklich ähnlicher, als sie wahrhaben wollten.
    Jibril regte sich nicht in seiner Aufhängung. Die Ketten rund um seinen Körper schienen zu glühen; vielleicht waren es auch nur Spiegelungen der Flammen auf den Eisengliedern. So oder so hätte die Hitze den Jungen längst töten müssen. Stattdessen hatte sie nicht einmal seine Haut gerötet.
    Trotzdem stand es nicht gut um ihn. Sein Kopf hing zur Seite, die Lippen waren einen Spalt weit geöffnet. Auch seine Augen standen offen, blickten wie blind ins Leere auf einen Punkt irgendwo zwischen Karybtis und Lytratis. Als sähe er dort noch immer den dritten Dschinnfürsten schweben, Manotis, den Junis im Zagrosgebirge getötet hatte.
    Die Fürsten unterschieden sich auf den ersten Blick kaum von gewöhnlichen Dschinnen. Ihre Purpurhaut war mit den gleichen geflammten Mustern bedeckt, schimmernd in den Farben des Regenbogens. Anders als die Hauptleute und einfachen Krieger schmückten sie sich nicht mit Menschenskalps oder anderen Trophäen, die sich ihre Artgenossen in die Kopfhäute einnähten. Die schwebenden Throne waren die einzigen sichtbaren Zeichen ihres Rangs. Es gab weder prachtvolle Mäntel noch Kronen oder Zepter. Die Halle war alles andere als ein Thronsaal. Wie eine Räuberbande hatten die Dschinne die verfallene Zikkurat für sich beansprucht, eine vergessene Ruine in der Wüste, selbst kaum mehr als ein Gerippe aus Stein. Die karge Umgebung unterstrich den Eindruck, dass die Dschinne zwar Macht aufgrund ihrer Masse besaßen, einzeln aber kaum mehr waren als Kreaturen ohne Verständnis für Schönheit, Behaglichkeit oder auch nur geschmacklosen Prunk. Hier gab es nichts als blanke Mauern, Sand und Staub. Der Scheiterhaufen aus dem unteren Stockwerk war die einzige Lichtquelle.
    Junis mochte sich täuschen – er wusste einfach zu wenig über die Dschinne, selbst nach all den Jahren des Krieges –, aber es schien ihm, als wären die beiden Fürsten geschwächt. Schlaff und eingesunken saßen sie auf ihren Thronen. Der Zauber, mit dem sie Jibril in den Bergen eingefangen hatten, musste sie große Kraft gekostet haben.
    Er wünschte, er hätte Pfeil und Bogen gehabt, wie er sie draußen bei einigen Kriegern gesehen hatte, irgendetwas, um einen, vielleicht zwei seiner Gegner auszuschalten, bevor sie auf ihn aufmerksam werden konnten. Aber er besaß nur ein Schwert, sonst nichts. Damit würde er nicht einmal Jibrils Ketten durchtrennen können, geschweige denn seine Peiniger besiegen.
    Er kauerte noch immer am Rand der Rampe, niedriger als der Boden der Halle, gerade so weit hinter der Kante aufgerichtet, dass er darüber hinweg in den Saal blicken konnte. Auch hier gab es in den runden Wänden Einbrüche und Spalten, aber er entdeckte jenseits davon im Dunkeln keine Fackeln. Trotzdem war er sicher, dass auch auf dieser Stufe der Zikkurat Dschinnwächter patrouillierten.
    Mit einem Mal wandte Jibril langsam den Kopf, hielt ihn noch immer leicht zur Seite geneigt. Seine Augen sahen in Junis’ Richtung. Sein Mund bewegte sich, aber das mochte eine Täuschung des Hitzeflirrens sein, das ihn wie ein wabernder Kokon umgab. Die Flammen konnten ihn nicht verbrennen, aber sie schienen ihm Schmerzen zuzufügen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, die Sehnen und Muskeln unter seiner Albinohaut angespannt.
    Junis schauderte, als Jibril ihn ansah. Er glaubte nicht an einen Zufall. Der Junge musste wissen, dass er hier war. Rasch tauchte er hinter der Bodenkante ab, aus Sorge, die Dschinnfürsten oder einer der Wächter könnten dem Blick des Gefangenen folgen. Es dauerte einen Moment, ehe er es wagte, erneut den Kopf zu heben.
    Jibril starrte ihn unverwandt an. Durch das Flimmern, die Flammen, die qualvolle Hitze hindurch. Sah ihn immer noch an, als hätte er nur darauf gewartet, dass er endlich hier auftauchte.
    Die vier Wächter waren ganz auf die Ketten in ihren Händen konzentriert. Allmählich erhitzten sich auch die äußeren Enden. Die Fratzen der Dschinne verzogen sich vor Schmerz,

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