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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Almariks Knüpfwerk konnte nicht weit sein.
    Das wusste auch der Byzantiner. Tatsächlich hatte er einen erheblichen Vorsprung, beinahe die halbe Strecke, und es gab keinen Zweifel, dass er den Teppich als Erster erreichen würde. Nicht, dass es ihm viel nützte, wenn die Brücke erst in sich zusammenstürzte. Ohne festen Untergrund würde sich der Teppich nicht am Himmel halten können.
    Während Tarik vorwärts taumelte, immer wieder durchgeschüttelt von den Beben, fragte er sich, wie Nachtgesicht den Wirbelsturm zustande gebracht hatte. Er war einmal ein Sturmkönig gewesen. Aber es hatte doch geheißen, dieser Junge – Jibril – müsse in der Nähe sein, damit ein Sturmkönig einen Tornado erzeugen und darauf reiten konnte. Warum also ging es jetzt auch ohne ihn?
    Oder war Jibril längst hier?
    Und Junis?
    Vor sich sah er Almarik stolpern, und nur einen Augenblick später erreichte die Erschütterung auch ihn selbst. Er verlor seinen Halt, fiel nach vorn und schlug sich an einer Kante den Oberarm blutig. Eine Glasschneide zog eine Furche durch sein Fleisch, aber nicht tief genug, um mehr als nur schmerzhaft zu sein. Er rappelte sich hoch, rutschte fast in seinem eigenen Blut aus, und näherte sich Almarik. Der Teppich lag verdreht nur noch wenige Schritt von dem Byzantiner entfernt, eingekeilt zwischen gläsernen Facetten.
    Auch Almarik wollte sich abermals hochstemmen, aber Tarik kam ihm zuvor. Er rammte ihm die Faust ins Kreuz und sah zu, wie der Ifritjäger zusammenbrach. Er spürte keine Genugtuung dabei, nicht einmal Erleichterung.
    Wortlos stolperte er an Almarik vorbei, spürte noch, wie der nach seinem Bein griff und sich an ihm festklammerte. Tarik wollte herumwirbeln und nach dem Mann am Boden treten, noch heftiger diesmal, hoffentlich zum letzten Mal, als erneut das grässliche Knirschen ertönte, das er bereits kannte. Es kündigte einen weiteren Riss im Glas an.
    Ein dunkler Streifen fräste durch die spiegelnde Oberfläche genau auf ihn zu, dann unmittelbar an ihm vorüber, genau vor seinen Fußspitzen. Das Bruchstück, auf dem er und Almarik sich befanden, wurde gespalten. Innerhalb weniger Herzschläge brach der riesige Glasbrocken auseinander. Vor Tarik tat sich der bodenlose Abgrund auf.
    Er konnte nicht hinüber, weil Almarik noch immer sein Bein festhielt. Dann war es auch schon zu spät. Der Spalt riss noch weiter auf. Zu breit zum Springen. Mit einem zornigen Aufschrei fuhr Tarik herum und rammte den freien Fuß mit aller Kraft auf Almariks Arm. Der zog ihn gerade noch rechtzeitig weg, ließ dabei Tariks Bein los und rollte sich fort. Tarik ließ ihn liegen, lief an ihm vorbei, kämpfte einmal mehr um sein Gleichgewicht und ahnte bereits, dass es zu spät war.
    Irgendwie erreichte er das andere Ende des gläsernen Bruchstücks, keine zehn Meter entfernt. Hier musste es noch eine Verbindung zum Rest der Brücke geben, sonst wären sie längst abgestürzt.
    Fassungslos blieb er vor der Kante stehen und starrte auch hier hinab in den nebligen, nächtlichen Abgrund. Unmöglich! Wenigstens an einer Seite musste die Riesenscherbe noch Kontakt zur übrigen Brücke haben. Warum sonst stürzte sie nicht ab?
    Aber es gab keinen Halt, keine Verbindung mehr zur anderen Seite des Scherbenstegs. Und Tarik ahnte plötzlich, dass dies nicht die einzige Glasscholle war, die seit dem zerstörerischen Aufprall frei in der Luft schwebte. Natürlich – nur deshalb hatte die Brücke überhaupt ohne Stützen und Pfeiler existieren können! Die Bruchstücke, aus denen sie erschaffen worden war, schwebten aus eigener Kraft. Die Dschinne hatten die gigantischen Scherben nur aneinanderreihen müssen wie Perlen auf einer Kette.
    Schwankend und bebend trieben die riesigen Glaskristalle im Nichts, bildeten auch jetzt noch eine lange Reihe von der Ebene im Norden bis zum unsichtbaren Ende im Süden. Im dunstigen Mondschein war zu erkennen, dass auch zwischen den angrenzenden Glasbrocken Abstände klafften. Manche bewegten sich schwerfällig aufeinander zu, kollidierten und entfernten sich wieder voneinander. Die Nacht war erfüllt von Scheppern und Bersten, immer wieder durchdrungen von krachenden Zusammenstößen, die wie Schläge auf einem gläsernen Gong durch die Dunkelheit hallten.
    »Schiffbrüchig«, keuchte der Byzantiner.
    Tarik drehte sich um. Almarik stand zwei Schritt hinter ihm. Er presste die verstümmelte Hand an seine Brust und hielt sich mit der Rechten die Stelle, an der Tarik ihm eine oder mehrere

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