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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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kannte.
    Moni atmete schwer. Genervt erklärte sie: »Damit du nicht hinterher behauptest, die böse Polizei hätte dir was geklaut. Und jetzt beeil dich! Wie viel ist in dem Portemonnaie drin? Auf den Cent genau!«
    Das Formular füllte sich, während Maras Taschen leerer wurden. »Tut mir leid, dass ich Ihnen solche Umstände mache«, entschuldigte sie sich.
    Moni stieß einen Grunzlaut aus, der sich beinahe wohlwollend anhörte.
    Zum Schluss musste Mara ihren Gürtel und die Stiefel ausziehen, genauso wie die schwere Motorradjacke.
    »Das war’s?«, fragte Zicke. »Keinen Schmuck vergessen? Oder ein Piercing?«
    »Nein, nur die Ohrringe.«
    Diese waren aus billigem Blech gefertigt und lagen inzwischen neben den anderen Gegenständen in dem Plastikbehälter. Mara mochte die Ohrringe, von denen der erste einer Giraffe nachempfunden war, während der zweite ein Nashorn darstellte. Das war kitschig und überschritt wahrscheinlich die Grenze zum Geschmacklosen, doch Bernd hatte ihr die Ohrringe in Mombasa gekauft, am Tag nach der herrlichen Safari im Tsavo-Nationalpark.
    »Gut«, sagte Moni. »Dann einmal hier quittieren.« Sie schob das Formular über die Tischplatte.
    Mara hielt inne. »Wollen Sie mich denn nicht durchsuchen? Ich glaube, das gehört dazu. Oder?«
    »Sag du mir nicht, wie ich meine Arbeit zu machen habe! Und jetzt unterschreib den verdammten Wisch!«
    Zweiter Verstoß gegen die Gewahrsamsordnung. Normalerweise musste sich der Gefangene vor dem Einschluss nackt ausziehen, dann wurden seine Kleidungsstücke unter die Lupe genommen und, so unerfreulich das auch sein mochte, in die natürlichen Körperöffnungen geschaut. Das war notwendig, da insbesondere der Platz zwischen den Gesäßbacken ein sehr beliebtes Versteck für alles Mögliche war, etwa für Drogen oder gar Rasierklingen. Erst wenn die Visitation erfolgt war, durfte sich der Gefangene wieder anziehen und wurde in die Zelle gesperrt.
    Mara quittierte die vorübergehende amtliche Verwahrung ihrer Wertgegenstände.
    »Okay, Zelle acht«, sagte Moni und wies ihr den Weg, indem sie voranging.
    Dritter Verstoß gegen die Gewahrsamsordnung: Kehre niemals dem Delinquenten den Rücken zu! Schon gar nicht, wenn du in deiner Überheblichkeit denkst, er wäre harmlos und du würdest allein mit ihm fertig (siehe erster Verstoß).
    »Moment, nicht so schnell«, bat Mara, die auf Strümpfen hinterherhumpelte. Der Schmerz in ihrem Knöchel war höllisch, und nun, da der Stiefelschaft das Fußgelenk nicht mehr stützte, konnte sie kaum noch auftreten. Ein gepeinigter Laut entstieg ihr, gefolgt von einem Fluch.
    Moni blieb stehen und drehte sich nach ihr um. »Komm schon, noch drei Meter, dann hast du’s geschafft und kannst dich auf die Pritsche legen.«
    Vierter Verstoß gegen die Gewahrsamsordnung: Spätestens jetzt hätte Moni einen Arzt rufen müssen, um die Haftfähigkeit der Gefangenen prüfen zu lassen. Sicher, an einem verknacksten Knöchel war noch niemand gestorben, doch was, wenn bei dem Sturz vom Motorrad Schlimmeres passiert war, wenn sie sich beispielsweise eine Quetschung zugezogen hatte, die zu einem Blutgerinnsel führte?
    »Kennen Sie O Soto Gari?«, fragte Mara mit vor Schmerz verkniffenem Gesicht.
    »Hä? Wer soll das denn sein?«
    »Nicht so wichtig.«
    Sie humpelte weiter, in Monis Richtung, wackelig und darauf bedacht, den verletzten Fuß so wenig wie möglich zu belasten. Dabei geriet sie ins Straucheln, stolperte, versuchte, irgendwo Halt zu finden. Sie fand ihn, indem sie Moni regelrecht in die Arme fiel.
    Deren erschrockene Reaktion war ein Schritt zurück, wodurch sie ihr Gewicht auf das hintere Bein verlagerte.
    Das war der perfekte Moment für O Soto Gari, eine äußerst effektive Judo-Wettkampftechnik.
    Während Mara die innige Umarmung verstärkte, drängte sie gleichzeitig mit dem rechten Bein an Monis Standbein vorbei. Einen Wimpernschlag später ließ sie das Bein vehement zurückschwingen und säbelte damit Monis Standbein weg. Oder sichelte es weg, denn O Soto Gari war Japanisch und bedeutete Große Außensichel .
    Das entsetzte Gesicht der Fallenden war zum Totlachen, der Bund mit den Zellenschlüsseln, den sie in der Hand gehabt hatte, fiel zu Boden.
    Moni folgte. Der Aufprall trieb ihr die Luft aus den Lungen. Sie japste erbärmlich. Derweil hatte Mara bereits ihre Arme gepackt, um sie ihr mit den eigenen Handschellen auf den Rücken zu fesseln. Dann langte sie abermals energisch zu, ergriff Moni am Gürtel, und

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