Sturms Flug
Kinderstube.«
»Ich werde mich bemühen. Davon unabhängig, darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
»Sicher.«
»Sie sagten gerade, dass mich Omar für eine Witzfigur hält. Sind Sie der gleichen Meinung?«
Der Kriminalbeamte tat einen tiefen Atemzug, der einem Seufzer gleichkam, dann streifte sein Blick die karierte Golfhose. »Nein, das tue ich nicht. Mara hat mir nämlich berichtet, dass Sie blitzgescheit sind und dass man sich auf Sie verlassen kann. Ich gebe eine Menge auf Maras Meinung. Auch wenn wir in der Vergangenheit nicht gerade freundschaftlich miteinander verbunden waren.« Den letzten Satz murmelte er kaum vernehmbar vor sich hin. Dann klatschte er in die Hände und bemühte sich um einen zuversichtlichen Tonfall. »Lassen Sie uns auf Piratenjagd gehen!«
Kapitel 18
Johannes Strasser hatte gegen seine eigene Regel verstoßen, und dafür würde er die Quittung kassieren. Wenn er die Lage richtig einschätzte, hatte er es mit sieben oder acht Typen zu tun, die ihn fertigmachen wollten. Verdammt!
Dabei verließ er seine Zelle normalerweise nur für den Gang zur Dusche oder wenn er besucht wurde, was nicht oft vorkam. Wobei nicht oft übertrieben war, denn außer seinem schmierigen Anwalt und Mara, die erst vor einer Stunde hereingeschneit war, um ihm ein paar Gemeinheiten an den Kopf zu werfen und demonstrativ auf sein Geld zu pfeifen, war noch keiner auf die Idee gekommen, sich bei ihm blicken zu lassen, erst recht keiner seiner angeblichen Freunde.
Von der Arbeitspflicht war er befreit, sodass dies ebenfalls kein Grund gewesen wäre, den Fuß vor die Zellentür zu setzen, und die Freizeitaktivitäten, die den Häftlingen angeboten wurden, schlug er aus, da er sich nicht mit dem ganzen Pack und Gesindel abgeben wollte, wie er seine Mitgefangenen nannte.
Aufgrund der beiden Haftstrafen, die er in der Vergangenheit bereits verbüßt hatte, wusste er nämlich, dass die beste Chance auf Ärger allzu reger Kontakt mit anderen war. Doch Ärger wollte er auf jeden Fall vermeiden, um seine Privilegien nicht zu gefährden. Und erst recht nicht seine schnellstmögliche Entlassung aus diesem Drecksloch, das sich JVA Köln-Ossendorf nannte. Also lautete das Motto: Füße stillhalten und den einsamen Wolf spielen.
Zu dumm, dass er an diesem Tag die Einsame-Wolf-Regel missachtet hatte, um während der sogenannten Sportstunde im Fitnessraum zu trainieren.
Dort, das wusste er von Rinderhälfte, war Omar Aidid Stammgast, auch wenn sich dessen Anwesenheit auf das Herumhängen und Palavern beschränkte anstatt auf ernsthaftes Hanteltraining, was ihm mit seiner verkrüppelten Linken – ihm fehlten drei Wichsgriffel – ohnehin schwergefallen wäre. Doch der Kerl interessierte Strasser, ohne dass er genau hätte sagen können, worauf dieses Interesse beruhte. Das Gequatsche um die angebliche Befreiung des Somaliers konnte nicht der Grund sein, denn das hatte sich schon bald als Ammenmärchen erwiesen, das Omar selbst in Umlauf gebracht hatte.
Diese Erkenntnis hatte Strasser im Übrigen drei Bomben und vier Koffer gekostet, wie es im Knastjargon hieß, also drei Pfund Kaffee und vier Päckchen Tabak. Er hatte das Zeug einem Etagenboy zukommen lassen, einem jener Häftlinge, die das Essen verteilten, den Flur putzten oder in der Küche, der Bücherei oder der Verwaltung aushalfen, wodurch sie stets bestens informiert waren, wenn sie sich nicht allzu dämlich anstellten. Laut Strassers Etagenboy hatte der Somalier das Gerücht um seine Befreiung selbst in die Welt gesetzt, höchstwahrscheinlich, um sich bei seinen Kumpanen im Fitnessraum wichtigzumachen. Dort hatte er lautstark getönt, dass sein Bruder eine ganz große Nummer in Somalia sei und dass dieser Bruder seine Macht nutzen würde, ihn, Omar Aidid, herauszuhauen, selbst wenn er dafür ein Loch in die Gefängnismauer sprengen und dutzendweise Wärter umbringen müsste. Dieses Geplärre hatte er so lange wiederholt, bis irgendeine Ratte damit zur Gefängnisleitung scharwenzelt war, weil sie sich durch ihren Verrat Vergünstigungen erhoffte.
Doch das Ganze war kompletter Schwachsinn, wie Strasser wusste, denn ein Kaffer, der in Somalia hauste und tagtäglich zum Wasserloch rennen musste, konnte niemals einen Strafgefangenen aus einer JVA irgendwo in Deutschland oder sonst wo in Mitteleuropa befreien. Wie sollte er das anstellen, das war ein Ding der Unmöglichkeit!
Laut Informationen des Etagenboys hielt die Gefängnisleitung einen Befreiungsversuch dennoch
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