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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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geschafft hatte, sprach eine deutliche Sprache und zeugte von enormer Brutalität. Wie man sich erzählte, war der Kerl hinterhältig und hatte vor nichts und niemandem Angst, trotz seiner verkrüppelten Hand. Das machte Eindruck. Außerdem hatte er per se die Moslems auf seiner Seite.
    Strasser dachte an seinen letzten Knastaufenthalt ’92. Damals hatte er eine Menge Nasenbeine gebrochen, was ihn ebenfalls binnen Wochenfrist in die Chefetage katapultiert hatte. Darauf war er noch immer stolz, und dieser Stolz war es, der ihn an diesem verdammten Tag und an diesem verdammten Ort in diese verdammte Lage gebracht hatte. Unwillkürlich musste er an seine Schwester denken. Die gab ebenfalls nie klein bei, auch wenn die Situation noch so aussichtslos schien. Doch bei Mara war der Grund dafür nicht Stolz, sondern Sturheit. Aus irgendeinem idiotischen Grund wünschte er sich plötzlich, sie in die Arme schließen zu können.
    Er hob die Fäuste wie ein Boxer und setzte den rechten Fuß einen halben Schritt nach hinten. Die Typen lachten. Dämliche Rotzlöffel. Verdammt, wenn er doch nur an eine Hantelstange herankäme.
    Omar sagte etwas, und Tarik übersetzte. Strasser war zu Ohren gekommen, dass der Hänfling kein Wort Deutsch sprach, sondern nur Somali und etwas Arabisch, was neben Somali die zweite Sprache in seiner Heimat war.
    »Er will«, verkündete sein marokkanischer Knecht, »dass du ihm den Schwanz lutschst. Dann lässt er dich am Leben, und du darfst in Zukunft sein Schoßhündchen sein. Vielleicht.«
    Der Somalier grinste, während seine gelben Augen gefährlich funkelten. Alle anderen lachten.
    Strasser glaubte nicht, dass Omar Aidid schwul war und tatsächlich wollte, was er verlangte. Nein, hier ging es lediglich um Macht, um Erniedrigung, darum, auszuloten, wie weit der Unterlegene ging, um seinen Hals zu retten.
    Na warte, das werde ich dir zeigen! In Gedanken rechnete er sich aus, dass er gute Chancen hatte, dem Mistkerl zumindest das Nasenbein zu zertrümmern und den Kiefer zu brechen, bevor ihm die anderen den Garaus machten. Nur ein, zwei schnelle Schritte, dann einen Ellenbogenschlag in die schwarze Visage und anschließend ein Trommelfeuer von Fausthieben … Was danach kam, war gleichgültig, denn seine Schwester hasste ihn, das hatte sie ihm deutlich zu verstehen gegeben. Alles andere war ohnehin egal. Eine merkwürdige Erkenntnis zu einem noch merkwürdigeren Zeitpunkt.
    Er nahm Omar aufs Korn, verlagerte sein Gewicht auf das Hinterbein, spannte die Muskeln an und biss die Zähne zusammen.
    »Jetzt!«, sagte er.

Kapitel 19
    Mit zwei Einkaufstüten unter den Armen, roten Wangen und klammen Fingern schloss Mara die Wohnungstür auf. In Gedanken war sie immer noch bei ihrem blöden Bruder, der sich trotz goldener Geschenke abscheulich benahm.
    Sie trat ein, stellte die Einkäufe in der Küche ab und schlüpfte in ihre Wohlfühlklamotten, da sie nicht vorhatte, an diesem Tag noch einmal das Haus zu verlassen. Das galt auch für den nächsten Tag und erst recht für den übernächsten. Und für den überübernächsten ebenfalls.
    Am besten , überlegte sie, werde ich nie wieder einen Fuß vor die Tür setzen.
    Bekleidet mit einem rosafarbenen Jogginganzug aus Nickiplüsch und extra kuscheligen Biene-Maja-Pantoffeln an den Füßen schlurfte sie ins Wohnzimmer, um sich mit dem neuen Handy zu beschäftigen, das sie soeben gekauft hatte. Allerdings verspürte sie dazu nicht die geringste Lust, weshalb sie sich mit dem Lesen der Kurzanleitung begnügte, doch selbst diese überflog sie nur. Dann galt es, die Nummern ihrer sämtlichen Bekannten zu speichern und anschließend allen eine Mitteilung zukommen zu lassen, sodass jeder ihre neue Erreichbarkeit hatte. Doch bereits nach der ersten Nummer, die ihrer Freundin Anne, die sie aus dem Büchlein auf der Telefonkommode in den Speicher des Handys übertrug, brach sie die Operation Ich bin für jeden zu sprechen ab.
    »Ich werde morgen eine E-Mail an alle schreiben«, murmelte sie im Selbstgespräch und ging in die Küche, um sich einen Türkischen Kaffee zu kochen. Oder einen Griechischen Kaffee oder Mokka, wie manche sagten. Sie wusste nicht genau, wie die richtige Bezeichnung lautete.
    Was sie hingegen sehr wohl wusste, war, dass es nichts Herrlicheres gab als echten Mokka, denn im Vergleich damit schmeckte die normale Filterbrühe wie Spülwasser.
    Apropos Spülwasser, zwischen all den Tellern und Tassen, die sie seit ihrer Rückkehr aus Afrika benutzt

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