Sturms Flug
zunichtemachte.
Kapitel 23
Just in dem Moment, in dem Mara den Flughafen erreichte, begann es zu regnen. Es war kein starker Niederschlag, eher ein feiner Nieselregen, doch da die Temperatur nur knapp über null lag und der Nachtfrost noch im Boden steckte, bestand die Gefahr einer halsbrecherischen Rutschpartie. Augenblicklich drosselte sie das Tempo bis zur Schrittgeschwindigkeit.
Während der Wanderfalke gemächlich auf das Ankunftsterminal zurollte, sah sie schon von Weitem überall Polizei. Uniformierte Kollegen waren in einer ganzen Phalanx von Mannschaftswagen vorgefahren und sprangen ins Freie. Das Geräusch von Schiebetüren klang zu ihr herüber und das Geschrei von hektischen Gruppenführern, die meinten, wenn sie nur laut genug brüllten, wäre jeder schneller auf seinem Posten.
Sie lenkte den Wanderfalken an den Fahrbahnrand, stoppte und nahm den Helm ab, dessen Visier außen mit Wassertropfen bedeckt war, während es innen anfing zu beschlagen. Interessiert beobachtete sie, wie keine fünf Meter entfernt die Zufahrt zum Terminal dichtgemacht wurde. Ein Polizei-Lkw hielt, die Plane über der Ladefläche wurde beiseitegeschlagen, fünf oder sechs Männer in Arbeitsoveralls kamen herbeigelaufen und bauten auf der Zufahrt zwei Absperrgitter auf. Das waren die gleichen Gitter, die auch bei Demonstrationen oder ähnlichen Großveranstaltungen zum Einsatz kamen, doch anders als dort wurden sie zusätzlich mit gelben Warnblinklichtern versehen sowie dem Verkehrsschild, das Durchfahrt verboten signalisierte.
Der Arbeitstrupp verschwand im Eiltempo. An seine Stelle traten zwei Beamte in der Uniform der Bereitschaftspolizei, deren Aufgabe offensichtlich darin bestand, die Absperrung zu bewachen und aufzupassen, dass sich niemand daran vorbeimogelte.
Wie sinnvoll das war, zeigte sich keine halbe Minute später, als eine schicke Limousine genau vor der Barriere anhielt, anstatt die deutlich sichtbare Sperrung zu akzeptieren und die unmittelbar davor befindliche Abfahrt zu benutzen.
Das Fenster auf der Fahrerseite senkte sich, ein gleichermaßen faltiges wie arrogant wirkendes Männergesicht kam zum Vorschein, die Nase wurde missbilligend gerümpft. »Ist hier gesperrt?«, kam es überflüssigerweise aus dem Mund unter dieser Nase.
Die Bereitschaftspolizisten nickten einträchtig.
»Und warum, wenn ich fragen darf?« Der Tonfall war ruppig, grenzte an Unverschämtheit. »Ich bin in Eile, habe einen wichtigen Termin in der Lufthansa Lounge. Wenn ich wegen Ihnen zu spät komme …«
»Ihr Termin wird leider nicht stattfinden«, fiel ihm einer der Beamten ins Wort. »Der Flughafen ist gesperrt und wird in den nächsten Minuten geräumt. Der Betrieb wurde komplett eingestellt, sämtliche Abflüge sind gestrichen, Ankünfte werden auf andere Flughäfen umgeleitet.«
»Das ist ja wohl die Höhe!«, kam es aus dem Auto. »Gesperrt? Warum denn das?«
»Aus Sicherheitsgründen«, gab der Beamte ausweichend Antwort.
»Und was, bitte schön, soll das heißen?«
»Das heißt, dass eine Flugzeugentführung im Gange ist.«
Mara spitzte die Ohren.
»Entführung?«, blaffte der Fahrer.
»Genau. Die betroffene Maschine steht derzeit auf dem Rollfeld.« Der Polizist deutete mit dem Daumen über die Schulter, in Richtung Terminal, hinter dem sich die Start- und Landebahnen anschlossen.
»Na fein, dann können Sie mich ja durchlassen. Ich beabsichtige nicht, mich in die Nähe des Rollfeldes zu begeben. Wie gesagt, ich habe einen Termin in der Lufthansa Lounge.«
Mara überlegte. Da die Information von der Entführung so freimütig preisgegeben wurde, war die Sache also offiziell, und es gab keinen Zweifel mehr daran, dass sich Flug SWX 714 tatsächlich in der Hand von Geiselnehmern befand. Folglich würden sich in Kürze die Pressesprecher von Flughafen und Polizei an die Medien wenden, und dann würde es im Radio und im Fernsehen kein anderes Thema mehr geben. Nicht mehr lange, dachte sie, bis es hier vor Fernsehkameras nur so wimmelt.
Der Mann in der Limousine schimpfte unterdessen munter weiter. »Also was ist jetzt? Kann ich durch?«
»Nein, tut mir leid. Wie ich schon sagte …«
»Ich habe gehört, was Sie gesagt haben. Weil ein einziges Flugzeug entführt wurde, muss der gesamte Flughafen lahmgelegt werden, wie?«
»Reine Vorsichtsmaßnahme.« Die Geduld der beiden Beamten war verblüffend, wenngleich ihre Mienen zunehmend verdrießlicher wurden. »Glauben Sie mir, die Sperrung ist nötig. Immerhin ist es
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