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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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den Metzgern anvertrauen und um Schutz bitten sollte, denn das waren höchstwahrscheinlich ganz normale Menschen, die keine Ahnung hatten, was in den Hinterzimmern und in den Containern rund um ihren Arbeitsplatz vor sich ging. Doch was konnten die schon ausrichten gegen professionelle Verbrecher?
    Auf dem Gang waren plötzlich Schritte zu hören, die näher kamen. Das war er , redete sie sich ein.
    Von neu erwachter Furcht getrieben, eilte sie auf den Korridor und hastete in die entgegengesetzte Richtung, aus der sie die Schritte vernahm. Der Geruch von Fleisch und Blut war dort viel intensiver als im Aufenthaltsraum.
    Sie erreichte die große Schlachthalle, in die sie bereits am Vortag einen Blick geworfen hatte, als sie aus dem Kabuff mit dem Infusionsständer geflüchtet war und nicht gewusst hatte, wohin sie sich wenden sollte. Sie schauderte. War das wirklich erst gestern gewesen? Im Durchgang zwischen Flur und Halle blieb sie stehen. Kurz darauf zuckte sie zusammen, als es just in dieser Sekunde unter ihren Füßen bebte. Sofort musste sie an ein Erdbeben denken, doch das war natürlich absurd.
    Verwirrt schaute sie sich um, bis sie am Boden der Halle, etwa in deren Mitte, ein Quadrat entdeckte. Dieses wurde von einer auffälligen schwarz-gelben Markierung umrandet und erweckte den Anschein, als wäre es einige Zentimeter in den Fußboden eingelassen. Seine Kantenlänge betrug rund fünf Meter, und seine Oberfläche bestand aus Riffelblech. Inmitten des Quadrats befand sich ein weiteres, kleineres Quadrat aus glattem Blech. Über dem Ganzen, hoch oben unter der Decke, war eine Lampe angebracht, wie man sie von den Salzstreuwagen der Straßenmeisterei kennt. Die tauchte den gesamten Boden um das Quadrat in unnatürliches gelbes Licht. Gleichzeitig erklang ein Signalton, der so laut war, dass er bis an die Schmerzgrenze reichte und alle anderen Geräusche ringsum übertönte. Das Beben unter ihren Füßen ging ohne Frage von diesem merkwürdigen Konstrukt aus.
    Sie erschrak fast zu Tode, als ihr jemand von hinten eine Hand auf die Schulter legte.
    Es war eine rosige, aufgequollene, kalte Metzgerhand. Der Besitzer dieser abstoßend aussehenden Hand wirkte jedoch sympathisch und lächelte ihr aufmunternd zu. Sie glaubte, in ihm einen der Männer zu erkennen, die sich vorhin im Aufenthaltsraum um sie geschart hatten.
    Seine Frage bestätigte diesen Verdacht: »Na, wieder fit?«
    Irgendwie brachte sie ein Nicken zustande.
    »Was war denn los?«, erkundigte er sich besorgt. »Hast du tatsächlich in dem Container gelegen? Nicht wirklich, oder?«
    Sie ignorierte seine Wissbegier und stellte ihrerseits eine Frage, denn das Letzte, wonach ihr momentan der Sinn stand, war Mitleid. »Was ist das?« Sie zeigte mit dem Finger auf die Erdbebenmaschine.
    »Das? Eine Knochenmühle. Die verwandelt solche Gerippe« – er streckte die Arme zur vollen Spannweite aus – »in Knochenmehl. Das Zeug wird als Dünger verwendet, weißt du?«
    Just in diesem Moment schwebte eine an einem Stahlseil hängende Lore heran und hielt genau über dem inneren Quadrat. Der Boden der Lore öffnete sich, was automatisch vonstattenging, und ein ganzer Berg von Schlachtabfällen, vornehmlich Knochenstücke, aber auch blutiges, glibberiges Zeug, fiel heraus.
    »Hast du schon einmal eine Schrottpresse in Aktion gesehen?«, fragte der Metzger lächelnd. Er war offenbar bemüht, sie auf andere Gedanken zu bringen.
    Laura schüttelte den Kopf. Wenn sie sich nicht gefürchtet hätte, allein in den Aufenthaltsraum zurückzukehren, sie hätte es auf der Stelle getan, denn nach fremder Gesellschaft war ihr noch weniger zumute als nach Anteilnahme. Sie wollte nach Hause, das war alles.
    Der Mann lachte. »Das hier ist so ähnlich wie eine Schrottpresse. Oder sogar noch besser. Wie gesagt, das Ding zermalmt solche Gerippe in null Komma nix zu Mehl.« Wieder fuchtelte er mit den Armen herum, um die Größe der Knochen zu demonstrieren.
    Gleichzeitig tat sich ein Schlund innerhalb des großen Quadrats auf. Die Öffnung dieses Schlundes war das innere Quadrat, jenes aus glattem Blech, das plötzlich nach unten wegklappte wie eine Falltür, wobei die beiden Flügel dieser Falltür in einem Winkel von 45 Grad einrasteten, sodass sie zur schiefen Ebene wurden. Die Knochen und Schlachtabfälle gerieten ins Rutschen, und sofort wurde wieder das Erdbeben spürbar.
    »Das Loch ist fast zehn Meter tief«, rief der Metzger über den Warnton hinweg. »Eine Art Schacht,

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