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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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aus. An zwei Fingern steckten prachtvolle Ringe mit großen Edelsteinen.
    »Seid Ihr Frieda Bollerstrue?«, fragte Anneke und erntete einen verwunderten Blick.
    »Ja, die bin ich. Und jetzt verschwende nicht meine Zeit, Bursche!«
    Anneke unterdrückte ein Lächeln und reichte ihr den Brief. Als sie den Absender las, wurde die Frau blasser als der Puder auf ihrer Nase.
    »Von meinem Bruder?«
    Anneke nickte. »Ja, und er bittet, dass Ihr das, was darin steht, tun möget.«
    Schon jetzt merkte Anneke, dass die Frau das genaue Gegenteil ihres Bruders war. Nicht nur, dass zwischen den beiden Geschwistern keinerlei äußerliche Ähnlichkeit bestand, auch ihr Wesen war grundverschieden. Wo Roland Martens mild und freundlich war, wirkte seine Schwester hochmütig und missgünstig.
    Mit zusammengekniffenen Augen musterte sie Anneke von Kopf bis Fuß, dann brach sie das Siegel und faltete das Schreiben auseinander.
    Ihre Verwunderung nahm mit jedem Wort, das sie las, zu. Zwischendurch schüttelte sie den Kopf, drehte das Blatt herum, als erwartete sie, dass auf der Rückseite noch mehr erklärt würde.
    »Soso, du bist also seine Tochter«, sagte sie schließlich und in Annekes Ohren klang das so, als bezichtige sie der Lüge.
    »Die bin ich«, entgegnete sie und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass der kalte Empfang sie verunsicherte. Vielleicht lag es ja nur an ihrem Aufzug, dass die Frau sie für eine Betrügerin hielt.
    »Was ist mit Sönke und Hinrich?«, fragte Frieda Bollerstrue, nachdem sie sich noch einmal vergewissert hatte, nichts Falsches gelesen zu haben.
    »Die sind in Stralsund geblieben«, antwortete Anneke wahrheitsgemäß und überlegte, ob sie ihr von Hinrichs Flucht erzählen sollte. Aber dann entschied sie sich dagegen und sagte nur: »In der Stadt brauchen sie jetzt jeden Mann.«
    »Und du bist wirklich seine Tochter.«
    Es klang nicht wie eine Frage, eher wie eine Feststellung, die Frieda missfiel. Prüfend wanderte der Blick der Kaufmannsfrau an Anneke auf und ab. Dann schüttelte sie missbilligend den Kopf. »Viel von deinem vermeintlichen Vater sehe ich nicht. Da ist wohl mehr von dieser Metze.«
    Hatte ihr Vater in dem Brief etwa von ihrer Mutter berichtet? Er musste es wohl, sonst hätte Frieda diese bösartige Bemerkung nicht gemacht.
    Anneke konnte ertragen, wenn jemand sie nicht mochte. Dass Frieda ihre tote Mutter angriff, machte sie jedoch zornig. Hinrich hatte das nicht gedurft und diese feindselige Frau auch nicht.
    »Meine Mutter war ehrbar und keine Metze!«, fuhr sie ihre Tante an und ballte die Fäuste.
    Um den Mund der Kaufmannsfrau erschien ein missbilligender Zug. »Wie soll man das denn sonst nennen, wenn sie ein Kind mit einem Mann hat, mit dem sie nicht verheiratet war, hm?«
    Anneke lag auf der Zunge, dass er vorgehabt hatte zu heiraten, aber sie schwieg. Wahrscheinlich hätte dieser Einwand nichts geändert. Außerdem hätte sie ihn nicht beweisen können. Ihr Vater war fern und konnte sie nicht unterstützen.
    »Wenn du überhaupt sein Kind bist!«, fuhr Frieda fort und beobachtete sie dabei genau. Sie hoffte wohl, dass Anneke in Tränen ausbrechen würde, aber noch hatte diese sich unter Kontrolle. »Es wäre doch möglich, dass man meinem Bruder einen Kuckuck untergeschoben hat!«
    Anneke schnaufte. Der Zorn in ihrer Brust fühlte sich wie eine Welle an, die allmählich an Wucht gewann.
    »Ich habe nicht behauptet, seine Tochter zu sein«, entgegnete sie leise. »Und meine Mutter hat es auch nicht. Nach ihrem Tod kam Vater zu mir, um mich zu sich zu holen! Also musste er sich wohl sicher gewesen sein, dass ich seine Tochter bin!«
    Frieda war für einen Moment sprachlos, dann zischte sie. »So, du bist also rebellisch! Wahrscheinlich hast du dein loses Mundwerk von dieser Hure! Aber warte, das werde ich dir noch austreiben. Eine Martens wüsste sich zu benehmen, und wenn du eine sein willst, wirst du das lernen.«
    Damit wandte sie sich der Magd zu, die solange neben der Tür ausgeharrt hatte. »Greta! Führ die hier in die Kammer neben der Treppe, da kann sie bleiben. Und sorg dafür, dass sie anständige Kleider anzieht. Sie soll mich vor den Nachbarn nicht beschämen!«
    Anneke blieb nichts anderes übrig, als der Magd zu folgen.
    *
    Die Gesindekammer war ein enger und ungemütlicher Raum. Es gab nur ein kleines Fenster, unter dem das Bett stand. Dagegen mutete selbst die Kammer auf dem Dachboden ihrer Hütte noch wie ein Palast an.
    Anneke warf ihr Bündel auf

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