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Sturmsommer

Sturmsommer

Titel: Sturmsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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ich will.«
    »Aber ob meine Eltern das überhaupt erlauben …«, überlege ich laut. Papas neidischen Blick sehe ich schon vor mir, ich müsste aufpassen, dass er nicht heimlich selbst mitfährt. Aber Mama?
    »Ach Tom - das von vorhin hat Lissi bestimmt nicht erzählt, und wenn, dann haben es deine Eltern längst schon wieder verdaut.« Das von vorhin. Tanja. O Mann. Die hatte ich vor lauter Aufregung schon fast wieder vergessen. Ich merke, wie mein Lächeln starr wird. Und verschwindet. Ich kann nicht lächeln, wenn ich an Tanja denke.
    Freddie beißt sich auf die Zunge. »O Shit, ich wollte doch nichts zu dem Thema sagen. Sorry, Tom, ehrlich.«
    »Schon gut.«
    Ach Quatsch, nichts ist gut. Überhaupt nichts. Warum habe ich nichts gelernt? Ich hatte nur Damos im Kopf. Auf die Idee, dass mein Reitlehrer sich um ihn hätte kümmern können, bin ich natürlich nicht gekommen. Dabei zahlt Papa sogar dafür. Wenn ich mal nicht reiten kann, setzt sich Markus drauf. Aber ich will halt immer reiten. Das ist das Problem.
    Eine Schwester mit Essen schiebt sich durch die Tür. Nicht Berta. Zum Glück. Ich habe kaum Hunger. Das war einfach zu viel heute.
    Fil bekommt wieder Spezial-Essen, wegen seines Blinddarms. Und wenn Fils Mama nicht mit einem Korb voller italienischer Leckereien da war - und das war heute so -, dann gibt es ein mittelschweres Drama. Er hebt ein Käsestück vorsichtig hoch und betrachtet es skeptisch von allen Seiten, während er die Nase rümpft und leise vor sich hin murmelt. Dass ich wider Willen schmunzeln muss, passt ihm gar nicht. »Du lachst! Du hast ja auch gut lachen! Ich muss das hier essen!«
    Er beschmiert sein Brot hauchdünn mit Margarine und drapiert es mit winzigen Käsestückchen. Als würde man ihn hier vergiften wollen. »Italienischer Pecorino, das ist Käse. Aber nicht das.«
    »Mäkler«, knurrt Freddie aus seiner Ecke rüber.
    »Da sieht man es wieder!« Fil ist eingeschnappt. »Dauernd erzieht der an mir rum. Mit euch rede ich kein Wort mehr.«
    Freddie grinst mich vielsagend an. Er weiß wahrscheinlich genauso gut wie ich, dass Filippo spätestens in zehn Minuten wieder quasselt wie ein Wasserfall. Ich grinse zurück, aber es kommt mir vor wie eine Grimasse.

RAUS INS LEBEN
    Morgen komme ich nach Hause! Ich könnte einen Freudentanz aufführen, so froh bin ich. Vorhin habe ich noch mal mit Mama telefoniert, sie will Lasagne machen und einen guten Film ausleihen, und es muss wirklich viel passieren, damit Mama einen Film ausleiht. Ich hoffe, es ist nicht wieder »Zeit der Zärtlichkeit« oder so was, ich will keine Heulfilme, ach, ich brauche eigentlich überhaupt keine Filme - ich glaube, es reicht mir, einfach nur in meinem Zimmer zu sitzen und nicht mehr über meine Verdauung sprechen zu müssen.
    Und das mit Tanja - na ja, ich hatte solche Angst wegen Damos, dass ich Mama und Papa gegenüber so getan habe, als ob ich es nun verstehe und auch dafür bin. Dass ich es einsehe. Das war glatt gelogen. Aber was hätte ich denn tun sollen - vor Fil und Freddie eine Diskussion mit Mama anfangen? Und mit Papa darüber streiten - der Gedanke ist völlig unmöglich. Für ihn hat Mama in solchen Angelegenheiten sowieso die Haushoheit.
    Mama ist auch der Chef unseres Familienrates. Dann gibt’s immer Milchshakes und wir sitzen im Kreis auf dem Wohnzimmerteppich vor dem Kamin und jeder soll ganz sachlich sagen, was ihm an einer Sache passt oder nicht und warum. Was man ändern könnte. Und dann fällen wir eine Entscheidung. Ich mag Familienräte. In diesen Stunden gibt es nur uns und die Milchshakes.
    Wegen Damos tagte damals auch der Familienrat. Na ja, ob er nun wirklich gekauft werden soll oder nicht. Das war der Abend, bevor morgens sein Foto auf dem Frühstückstisch gelegen hatte.
    Ich war den ganzen Tag schon total kribbelig gewesen, weil ich ahnte, dass es um Damos und mich geht, als Mama sagte, wir würden uns abends mal zusammensetzen. Aber Papa und ich hatten leichtes Spiel. Drei in der Familie, die sich auf einem Pferd halten können, na, das sollte reichen, um sich um Damos zu kümmern. Es ist ja auch streng genommen Papas Pferd, obwohl das niemand so sieht. Mama gab irgendwann seufzend nach und malte an dem Abend noch drei Tücher. Dabei brummelte sie ständig vor sich hin, irgendwas von Stürzen und Zeit und Gestank, aber ich muss so glücklich ausgesehen haben, dass sie sich irgendwann beruhigte und mir widerstrebend sagte, dass Damos schon ein sehr hübsches Pferd sei.

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