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Sturmsommer

Sturmsommer

Titel: Sturmsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Tanja? Ich will Mama unbedingt versuchen zu überreden, dass sie jemand anderen sucht, der mir Nachhilfe gibt. Es muss doch noch andere geben. Das ist Plan A. Einen Plan B habe ich nicht.
    Jetzt geht es erst einmal in die Halle, Reitstunde. Und dann sehe ich weiter. Als ich »Tür frei« rufe, gibt es ein großes Hallo. Alle fragen mich, wie es mir geht und ob ich wieder okay bin. Ja, und wie. Meine Narbe sieht noch schlimm aus, aber sie tut nicht mehr weh und schwindlig ist mir auch nicht mehr. Markus schaut mich aufmerksam an, als ich mich auf Damos schwinge. »Noch kein Galopp heute. Anweisung vom Doc. Okay?«, sagt er streng. Das hätte ich mir ja denken können. Den Doc - so nennen hier alle meinen Papa. Obwohl er kaum mehr reitet, ist er seit Jahren der Vorsitzende des Vereins, und jeder kennt ihn. Und wie es aussieht, hat er mit Markus geredet und ihm gesagt, was ich darf und was nicht. Das passt mir gar nicht.
    Am Ende der Stunde versuche ich es dann doch mit dem Galopp. Ich kann einfach nicht anders.
    »Thomas!«, brüllt Markus und ich pariere Damos sofort durch. Verdammt. Ich war mir sicher, dass er mit dem Rücken zu mir gestanden hat. Der sieht echt alles. Furchtbar. »Was hab ich dir gesagt?«
    »Sorry, der ist einfach losgerannt«, flunkere ich. Aber Markus glaubt mir kein Wort. Das weiß ich, ohne ihn anzusehen. Damos schüttelt unwillig den Kopf. Das mag er überhaupt nicht, kurz angaloppieren und dann sofort wieder das Tempo rausnehmen. Aber uns bleibt nichts anderes übrig.
    Es ist trotzdem schön. Jetzt hab ich wieder das Gefühl, dass ich das alles irgendwie hinkriege. Plan A wird funktionieren. Ich brauche keinen Plan B.
    Erster Juni, 6.30 Uhr, aufstehen. Montag. Der Wecker klingelt. Und ich bin noch so müde. Der Tag heute gehört verboten. Es ist Nachhilfe-Tag. Bei Tanja. Der erste. Deshalb weiß ich auch sofort, welches Datum wir haben. Der Termin ist seit letzter Woche dick und fett in den Küchenkalender eingetragen. Seitdem schaue ich den Kalender nicht mehr gerne an. Und trotzdem muss ich dauernd hingucken, ob ich will oder nicht. Und hab dabei ein blödes Gefühl im Bauch.
    Ich hatte keine Chance mit Plan A.
    »Sie freut sich darauf.« Das war Mamas Argument. Na toll. Sie freut sich! Das ist ja schön. Und was ist mit mir?
    Ich haue auf den Wecker und wälze mich aus dem Bett, wobei ich beinahe meinen Nachttisch umstoße und versehentlich ein Foto von Damos von der Wand reiße. Schlaftrunken tapse ich ans Fenster und schaue raus. Das Wetter könnte auch besser sein. Regen. Alles grau.
    »Ihr werdet viel Spaß miteinander haben.« Ach Mama. Ich will keinen Spaß mit Tanja haben. Und überhaupt kann Mathe gar keinen Spaß machen. Das sagte ich ihr dann auch.
    »Dann ist es ja egal, wer dir Nachhilfe gibt.«
    Also versuchte ich ihr zu erklären, warum das mit Tanja und mir nicht klappen wird. Aber das gelang mir gar nicht. »Ach, die ist so eine Streberin«, rief ich irgendwann genervt.
    »Es würde auch nicht viel Sinn machen, wenn du dir von einem schlechten Schüler helfen lassen würdest, oder?«, fragte Mama spitzfindig. »Immerhin willst du an den Reiterferien teilnehmen.« Danach fiel mir nichts mehr ein. Es ist manchmal ganz schön schwer, Eltern etwas zu erklären.
    »Tom? Bist du aufgestanden?«
    »Jaahaa.« O Mama, ich komm schon noch rechtzeitig zur Schule. Unter der Dusche wache ich langsam auf. Ich könnte stundenlang duschen. Und immer heißer drehen. Ab und zu komme ich erst krebsrot wieder raus. Wahrscheinlich kann man dann in dem Duschwasser Nudeln kochen. Gerade im Winter, wenn ich lange im eisigen Stall war, tut das so gut.
    Okay, jetzt Zähne putzen. Damit könnte ich auch Stunden zubringen. Vor allem liegen morgens immer so viele interessante Sachen im Bad rum. Creme mit Q10, gegen Falten. Aha. Enthaarungspaste. Riecht nicht gut. Lissis Schminktäschchen. Einen ätzend braunen Lippenstift hat sie da drin. Ich mal damit einen Scheißhaufen auf den Spiegel und weiß im gleichen Moment: Das gibt Ärger.
    Aber es ist schon zu spät, um den Spiegel sauber zu putzen. An meinen Haaren ist wie immer nichts zu machen, die locken sich in alle Richtungen. Mit Gel wird’s nur schlimmer.
    »Tom, wann kommst du endlich zum Frühstück?«
    Jetzt klingt Mama eine Spur angespannt.
    Ich schau auf die Uhr. Was, fast halb acht? »Ich komme ja!«, brülle ich zurück.
    »Aber beeil dich! Und weck Lissi, die hat heute später Schule!«
    Au ja, Lissi wecken macht Spaß. Wie mache ich es

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