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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Befund offizielle Stellen
aber stets verworfen haben. Merkwürdig ist auch, dass bis heute keine
unparteiischen Sachverständigen zur Klärung aller mit diesen Vorfällen im
Zusammenhang stehenden Fragen beauftragt wurden. Stattdessen gab es immer
wieder Beschwichtigungen der damaligen Landesregierung. Da sollte etwas unter
den Tisch gekehrt werden.«
    »Gibt es weitere Indikationen für die vermeintlichen
Vorfälle?«, fragte Lüder.
    »Vermeintlich?« Möller war kurzfristig verärgert. »Man
hat damals eine hohe Strahlenbelastung festgestellt. Von offizieller Seite
wurde behauptet, dass es sich um das Edelgas Radon handeln würde, das aus dem
Erdboden austreten kann. Das wäre eine natürliche Erklärung. Das Dumme ist nur: Diese Gegend gilt als ausgesprochen radonarm. Und wenn alles so brisant ist,
frage ich Sie, warum hat man nie – nie! – geologische Bodenuntersuchungen
beauftragt? Dann wäre etwas ans Tageslicht gekommen, das vertuscht werden
soll.«
    »Sie überraschen mich mit Ihrem Detailwissen.«
    Möller nahm eine Büroklammer in die Hand und bog sie
auf. Dann versuchte er, aus dem Draht einen Kreis zu bilden. »Mich haben ein
paar Dinge überrascht, als ich das Amt übernommen hatte. Finden Sie nicht auch,
dass ein paar Sachen nicht zueinanderpassen?«
    Lüder vermied es, zu antworten. Der Wehrführer mochte
in manchen Punkten recht haben. Lüder war es gewohnt, ausschließlich nach
Tatsachen zu urteilen, während vieles von dem, was Klaus Möller vorgebracht
hatte, auf Hörensagen beruhte. Andererseits gab es viele Merkwürdigkeiten.
Warum hatte man naheliegende Untersuchungen nicht vorgenommen?
    »Irgendwer muss den Brand, sofern es einer war,
gelöscht haben. Sie können kaum eine ganze Feuerwehr kollektiv zum Schweigen
verurteilen, abgesehen von den eigenen Mitarbeitern.«
    »Das macht mich auch stutzig«, gestand Möller ein.
»Ich habe immer nur gehört: Zeugen wollen etwas gesehen haben. Dort sollen nach
dem Vorfall Arbeiter in Schutzanzügen herumgelaufen sein. Wer waren diese
Zeugen? Die Arbeiter? Es ist kaum anzunehmen, dass die alle geschwiegen haben.«
    Das konnte Lüder auch nicht erklären. Man müsste
versuchen, einen Beteiligten ausfindig zu machen.
    »Ist es nicht auch ein merkwürdiger Zufall, dass
seitdem eine erhöhte Quote an Leukämieerkrankungen in dieser Gegend aufgetreten
ist? Warum hat man damals eine Messstation verlegt? Mir ist nicht bekannt, dass
deren Daten jemals veröffentlicht wurden. In diesem Zusammenhang muss es auch
Erdarbeiten gegeben haben. Fragen über Fragen.«
    »Das alles hat sich aber nicht im Atomkraftwerk
ereignet«, warf Lüder ein.
    »Nein«, erwiderte Möller. »Es soll auf dem Gelände des
Forschungszentrums passiert sein. Die grenzen ja fast aneinander.«
    »Zum Abschluss habe ich noch eine Frage. Hat sich bei
Ihnen ein Journalist gemeldet?«
    »Ja, gestern.«
    Lüder war überrascht. »Das muss früher gewesen sein.
Entweder ein Mann. Robert Havenstein. Oder seine Kollegin.«
    Möller schüttelte den Kopf. »Nein. Bestimmt nicht.
Gestern Nachmittag hat einer angerufen. Bibbert oder so ähnlich.«
    »Dittert?«, fragte Lüder nach.
    »Genau. Der wollte einen Termin und hat angedeutet,
dass es um eine dicke Sache ging. Er wollte sich heute Morgen wieder melden.«
Möller sah auf die Uhr. »Bisher hat er aber noch nicht angerufen.«
    Lüder unterließ es, den Wehrführer aufzuklären, dass
Leif Stefan Dittert seinen Rausch ausschlief.
    »Es wäre wichtig, wenn Sie dem Herrn keine Auskünfte
geben würden«, bat Lüder. »Es wäre nicht das erste Mal, dass gerade Herr
Dittert etwas missversteht und jemanden falsch zitiert.« Lüder sah sich um.
»Das könnte Ihrem untadeligen Ruf abträglich sein.«
    Möller wirkte erschrocken. »Gut, dass Sie das sagen.
Ich hätte dem sonst geholfen.« Dann räusperte er sich. »Wir hier, in Krümmel,
Tesperhude oder Geesthacht, aber auch drüben auf der anderen Elbseite … Wir
haben nichts gegen das Atomkraftwerk. Ich persönlich kann damit leben und
vertraue der Technik. Andererseits bin ich aber auch Vater und trage
Verantwortung für meine Kinder und deren Zukunft.«
    Wie auf Kommando schrie irgendwo im Haus eine
Kinderstimme und verwünschte jemanden als das dümmste Wesen, das auf dieser
Erde herumliefe.
    Da kenne ich aber Schlimmere, dachte Lüder für sich
und verabschiedete sich.
    Auf dem Weg zum Auto schaltete Lüder sein Handy wieder
ein. Kurz darauf meldete sich seine Mobilbox.
    »Hallo, hier ist Dov

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