Sturmwarnung
von Eiszeiten, die unsere Ära kennzeichnen, begann.
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Panik
Von: Bob Martin vom
US-amerikanischen National Severe Storms Laboratory
An: Alex Rich vom Hadley
Centre For Climate Prediction and Research
Alex,
es tut mir schrecklich Leid,
dass ich nicht eher antworten konnte. Hier war die Hölle los, wie du dir denken
kannst. Wie sieht es bei euch mit Vorkehrungen aus – ich meine, mit
persönlichen? Ich würde Portugal vorschlagen – Südportugal. Natürlich werden
alle Straßen verstopft sein. Na ja, ich habe Martie und die Kinder nach Texas
geschickt. Klar, es stinkt zum Himmel, wenn man sie rausbringt, bevor die
Öffentlichkeit was erfährt. Aber was bleibt uns denn anderes übrig? Man muss an
sein eigenes Fleisch und Blut denken. Wir haben hier so verdammt viele Meetings,
dass wir kaum noch zum Arbeiten kommen. Das Weiße Haus schreit nach uns, der Sicherheitsrat schreit
nach uns. Dazu noch FEMA – das Federal Emergency Management. Und keiner,
wirklich kein Schwein, hat einen blassen Schimmer.
Hast du
gesehen, was über Baffin Island abgegangen ist? Mein Gott, ich schätze, dass
die Todesrate dort oben hundert Prozent beträgt. Warte nur, bis die Presse
davon Wind bekommt. Das sind Gebiete, wo die Temperaturen innerhalb von Minuten
um vierzig Grad gesunken sind! Herrgott, wer hätte geahnt, dass das Wetter so
was anrichten kann?
Ich mache
mir Sorgen um dich, Mann! Und ich will schleunigst eine Antwort von dir haben!
England ist im Arsch! Du hast keine Chance! Wir sehen das ganze Ding auf
unseren Bildschirmen als einen einzigen Sturm. Die Strömung ist unglaublich!
Dieses Ding hat sich über die ganze Welt ausgebreitet.
Bei euch wird es schneien
wie wild. Und dazu der Wind. Mann! Innerhalb von zwei Wochen wird es sechs
Meter runterhauen! Und danach friert alles zu. Das kann man nicht überleben.
Meine
Güte, es geht nicht um Menschen, die du gar nicht kennst. Es geht um die, die
du liebst! Kauf Gold. Goldmünzen. Pass auf, die Preise ziehen jetzt schon an!
Und bald ist der Teufel los. Mach dich auf die Socken, Mann, und sieh zu, dass
du noch Gold kriegst!
Und dann
pack deine Familie in den Wagen und setz dich in den Süden ab. Seid aber
vorsichtig. Ich habe wirklich die Befürchtung, dass ihr Briten als Nächste
fällig seid. In Portugal dürfte es noch am sichersten sein. Aber wenn es damit
nicht klappt, dann versuch’s mit
Gibraltar. Nur schade, dass ihr keine Kolonien mehr habt. Jetzt könntet ihr sie
gut gebrauchen.
Du siehst
ja selbst, wie das Ding wächst. Auch wenn ihr bloß die Satellitendaten habt. Die Daten, die wir hier kriegen,
sind beschissen. Windgeschwindigkeit usw. Mit einem Flugzeug kommt man da nicht
durch. Würde sofort vereisen. Schiffe? Wir haben ein paar Männer verloren, als
sie versuchten, Bojen auszusetzen. Es war schrecklich. Sie haben per Handy um
Hilfe geschrien. Mein Gott!
Mensch,
warum schreibe ich das alles? Scheiß auf die Pflicht! Setz dich ab! So, ich hob
gesagt, was ich sagen muss. Aber ich weiß jetzt schon, dass du nicht abhaust.
Ich ja genauso wenig. Ich bleibe hier, bis mir das Scheißdach auf den Glatzkopf
fällt.
Gott segne
dich, Alex, und alle anderen von eurem Wetterdienst.
Bob
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Zeichen auf Sturm
Als vor drei Millionen Jahren
das geologische Zeitalter Pliozän zu Ende ging, gab die Erde ein anderes Bild
ab als heute. Aus der Vogelperspektive gesehen hatten die Kontinente schon
ungefähr die Form, die wir kennen, aber es gab keine Polkappen und – was für
uns von entscheidender Bedeutung ist – keine Landverbindung zwischen Nord- und
Südamerika. Aus diesem Grund herrschte damals auch ein ganz anderes Klima.
Vor dem
Entstehen Zentralamerikas waren die Landmassen im Norden und Süden so lange
voneinander getrennt gewesen, dass man wirklich von zwei verschiedenen
Kontinenten sprechen muss, auf denen sich unabhängig voneinander völlig
andersartige Tier- und Pflanzengattungen entwickelten.
Könnte sich
ein Zeitreisender in die Mitte des Pliozäns versetzen lassen, fände er eine
Welt vor, die nicht nur reich an den verschiedensten Lebensformen war, sondern
auch in einer Weise gesund, wie wir es uns heute kaum vorstellen können.
Menschen haben in einer
solchen Zeit nie gelebt, in der sich die Welt eines vollkommenen klimatischen
Gleichgewichts erfreute, was eigentlich auch ihr Normalzustand ist. Die kurze
Periode der relativen Stabilität, die wir im Laufe der von uns erfassten
geschichtlichen Zeit erfahren
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