Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
Offiziere gar!«
    »Doch, sind Sie«, erwiderte Roxane, aber dann schüttelte sie den Kopf. »Jedenfalls fast. Auf meiner ersten Fahrt haben wir Fähnriche, wie es üblich ist, Geld zusammengelegt und uns davon Proviant gekauft, darunter ein kleines Butterfässchen. Die Butter war nicht sehr gut, schon ein bisschen ranzig, und wir fanden immer wieder ein paar kurze Haare darin. Aber nichts, was man nicht ignorieren konnte, wenn der Hunger groß genug war.«
    »Haare?«
    »Haare. Kurze, graue Haare. Wir machten Witze über den alten Mann in den Lagerhallen, der in unserer Vorstellung mit jedem Fässchen Butter, das er ausgegeben hatte, immer kahler geworden sein musste. Aber es wurden mehr und mehr Haare, je tiefer wir in das Fässchen vordrangen. Inzwischen mussten wir die Haare mit den Fingern aus der Butter kratzen, aber noch immer machten wir Witze … bis wir den Boden des Fässchens erreichten.«
    Jetzt war es an Roxane, ihren Blick über die anderen Offiziere wandern zu lassen. Sie kostete ihre Aufmerksamkeit und ihre gespannten Mienen noch einen Moment aus, bevor sie fortfuhr: »Dort fanden wir eine nackte, tote Maus. Sehr haarlos und sehr tot.«
    »Bei der Einheit«, hauchte Hugham. »Ich habe schon Eimerreiter mitgegessen, aber Ratten und Mäuse? Sie haben die Butter danach weggeworfen, nicht wahr?«
    Entschuldigend hob Roxane die Hände und schüttelte langsam den Kopf. »Wir tauften die Maus Reodney und übergaben sie in einer feierlichen Zeremonie der See. Aber die Butter … nun ja, es war sehr teure Butter, und wir waren arme Fähnriche. Die Butter haben wir bis zum letzten Rest aus dem Fässchen gekratzt.«
    »Ich glaube, mir ist der Appetit vergangen«, erklärte Hugham und schob ihren Teller von sich. Im Gegensatz dazu lachte Frewelling laut auf.
    »Für Königin und Vaterland«, presste er zwischen zwei Lachanfällen hervor und stand auf. »Ich werde mich jetzt an die frische Luft begeben. Wird mich jemand begleiten?«
    Roxane nickte, Hugham und Sellisher schüttelten die Köpfe.
    »Nein, danke«, erklärte der Caserdote. »Ich werde mich zurückziehen und Corbans Schriften studieren. Auch wenn wir keine Erkenntnis über diesen Sturm gewinnen konnten, muss er eine Bedeutung haben.«
    Gemeinsam mit Frewelling betrat Roxane das Deck. Sie salutierten vor dem Kapitän, der neben dem Steuermann stand, und schritten hinab auf das Hauptdeck. Die Besatzung hatte bereits gegessen, und ein Teil der Freiwache hielt sich an Deck auf, genoss die Sonnenstrahlen und faulenzte, während ihre Kameraden von der Wache arbeiteten. Natürlich machten die Männer und Frauen ihnen unaufgefordert Platz, und Roxane nickte dem einen oder anderen aus ihrer Wache zu.
    »Mathel, geht es deinem Zeh besser?«, fragte sie, als sie den erfahren Toppsgasten erkannte, der sich vor einigen Tagen den Fuß gequetscht hatte, als sich eine Befestigung im Laderaum gelöst hatte.
    »Aye, Thay«, erwiderte der Mann und salutierte hastig. »Is’ nur noch blau wie’n Matrose auf Landgang!«
    »Sehr gut, Mathel, achte weiterhin darauf. Es tut nicht Not, unvorsichtig zu sein, nicht wahr?«
    »Nein, Thay! Die Bastarde werd’n schon früh genug versuch’n, ihn mir abzuschneid’n!«
    Mit einem Nicken wandte Roxane sich um, ohne zu fragen, welche Bastarde genau gemeint waren. Ob es nun um die Feinde Thaynrics ging oder um die Schiffsärzte der Marine, war einerlei; für die einfachen Seeleute waren beide Parteien Grund genug zur Furcht. Sie gesellte sich zu Frewelling an die Reling, der mit nachdenklicher Miene die sonnenbeschienene See betrachtete. Als er sie sah, lächelte er, und ihr fielen die Grübchen auf, die sich dabei in seinem Gesicht bildeten. Unwillkürlich musste sie ebenfalls lächeln, ehe sie schnell zum Horizont sah.
    »Ein wunderbarer Tag. Wie von der Einheit für dieses Schiff geschaffen«, erklärte der Leutnant. »Eine guter Wind und dabei eine relativ glatte See. Nichts und niemand könnte die Mantikor heute einholen!«
    Sein Enthusiasmus wirkte ansteckend, da fiel Roxanes Blick auf einen dunklen Schemen, der sich vielleicht einen zwanzig Faden von ihnen entfernt unter der Wasseroberfläche abzeichnete. Für einen Moment kniff sie die Augen zusammen, dann grinste sie breit.
    »Tatsächlich? Nichts und niemand? Dort ist aber jemand anderer Meinung.«
    Genau in diesem Augenblick, als hätte sie Roxanes Worte gehört, hob die mächtige Meeresschildkröte ihren Kopf aus dem Wasser. Einige Seeleute fuhren auf, und schon bald

Weitere Kostenlose Bücher